Tettenborn/Göttingen. Frust im Südharz: Das Land Niedersachsen widerruft Zuschuss, die Landeskirche klagt. So urteilt das Verwaltungsgericht in Göttingen.

  • Land Niedersachsen sagt Gelder für Kirchensanierung zu, doch die Arbeiten dauern zu lang
  • Kirchengemeinde verpasst daraufhin eine wichtige Frist für den Erhalt der Fördergelder
  • Das Versäumnis kommt die Landeskirche teuer zu stehen
  • Der Rechtsstreit im Südharz kann aber noch ein Nachspiel haben

Fristen sind dazu da, eingehalten zu werden, anderenfalls gehen rechtliche Ansprüche verloren. Das hat jetzt das Verwaltungsgericht Göttingen in einem Rechtsstreit zwischen der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Braunschweig und dem Land Niedersachsen entschieden. Die Kirche hatte dagegen geklagt, dass das Land Niedersachsen einen Förderbescheid für die Sanierung der St. Andreas-Kirche in Tettenborn im Südharz widerrufen hatte. Das Land hatte den bereits bewilligten Zuschuss widerrufen, weil das Bauvorhaben nicht innerhalb des festgesetzten Bewilligungszeitraums fertiggestellt worden war. Außerdem hatte es die Kirche versäumt, rechtzeitig eine Fristverlängerung zu beantragen. Dieses Versäumnis kommt der Kirche teuer zu stehen: Der Widerruf sei rechtmäßig, befand das Gericht. Damit gehen der Kirche fast 200.000 Euro verloren (Aktenzeichen 1 A 355/20).

Bei der Kirchensanierung in Tettenborn wird eine wichtigte Deadline verpasst

Die Kirche hatte im Februar 2017 für die geplante Sanierung des Daches vom Kirchenschiff sowie vom Kirchturm eine Förderung nach der sogenannten ZILE-Richtlinie (Zuwendungen zur Förderung der integrierten ländlichen Entwicklung) beantragt. Das Land Niedersachsen bewilligte hierfür einen Zuschuss in Höhe von 193.486 Euro. In dem Förderbescheid war festgelegt, dass der Zuwendungszweck innerhalb des Bewilligungszeitraums erreicht werden müsse. Konkret hieß dies, dass das Bauvorhaben bis zum 1. April 2019 fertiggestellt sein musste.

Weil sich die Sanierungsarbeiten an dem Gotteshaus in Tettenborn verzögerten, beantragte die Kirche eine Fristverlängerung. Das Land gab dem Antrag statt und verlängerte die Frist bis zum 20. Januar 2020. In dem Bescheid wurde erneut darauf verwiesen, dass der Zuwendungszweck innerhalb des Bewilligungszeitraums erreicht werden müsse. Als sich herausstellte, dass die Sanierung auch zu diesem Zeitpunkt noch nicht abgeschlossen war, widerrief das Land den Förderbescheid.

Auf Schatzsuche: Im Rahmen der Sanierung der Tettenborner Kirche wurde auch die Turmkrone und darin befindliche Dokumentenkapsel abgenommen und geöffnet.
Auf Schatzsuche: Im Rahmen der Sanierung der Tettenborner Kirche wurde auch die Turmkrone und darin befindliche Dokumentenkapsel abgenommen und geöffnet. © HK | Wolfgang Buckmann

Daraufhin zog die Kirche vor Gericht. Sie begründete ihre Klage damit, dass der Widerruf rechtswidrig sei, weil sie damit in eine finanzielle Notlage gebracht werde. Außerdem machte die Klägerin geltend, dass die zuständige Sachbearbeiterin erkrankt gewesen sei. Dass keine weitere Fristverlängerung beantragt worden sei, sei also ein unverschuldetes Versäumnis.

So begründet das Verwaltungsgericht Göttingen die Ablehnung der Klage aus dem Südharz

Dies sah das Gericht anders. Die gewollte Verknüpfung von Zuwendungszweck und Bewilligungszeitraum sei objektiv erkennbar gewesen, befand die Kammer. Zwar könnten Fristen grundsätzlich auch rückwirkend verlängert werden. Dies sei aber in diesem Fall aus Gleichbehandlungsgründen nicht möglich gewesen. Nach ständiger Praxis werde Verlängerungsanträgen allenfalls dann entsprochen, wenn diese vor Ablauf des Bewilligungszeitraums gestellt wurden. Es liege kein atypischer Fall vor, der es erlauben würde, hiervon abzuweichen. Für die Erkrankung einer Sachbearbeiterin hätte die Klägerin Vorsorge treffen müssen, insbesondere auch deshalb, weil die Bauverzögerungen bereits lange vor Ablauf der Frist bekannt geworden seien. Es bestehe auch keine existenzielle Notlage, da die Klägerin in Vorleistung getreten sei und somit keine Rückzahlung leisten müsse.

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig, Die Kirche kann innerhalb eines Monats beim Niedersächsischen Oberverwaltungsgericht in Lüneburg einen Antrag auf Zulassung der Berufung stellen.

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