Osterode am Harz. Die Ortsfeuerwehr Osterode zieht Bilanz für 2023 und hat Kritik an Politik und Verwaltung. Doch ein Politiker vor Ort nimmt spontan Stellung.

Sie sind die ersten vor Ort, wenn es brennt – wortwörtlich. In Osterode am Harz oder anderswo: Die Aufgaben der freiwilligen Feuerwehr sind von großer Bedeutung für die Gemeinschaft als Ganzes. Für die Kameradinnen und Kameraden ist es genau deshalb wichtig, ihre Prozesse immer wieder zu analysieren und zu verbessern. Und natürlich auch die Diskussion zu suchen, mit den Entscheiderinnen und Entscheidern in der Politik und der Verwaltung. In Osterode geschieht dies jüngst im spontanen Austausch. Auf der jährlichen Mitgliederversammlung der Feuerwehr nimmt der Landtagsabgeordnete Alexander Saade (SPD) Stellung zur Kritik und den Wünschen der Feuerwehr – auch wenn er ursprünglich ein ganz anderes Grußwort sprechen wollte.

Es ist ein Termin, der oft nur am Rande zur Kenntnis genommen wird. Die Jahreshauptversammlung der Feuerwehren zu Beginn des Jahres ist eigentlich der Moment für das Zeremoniell: Ehrungen, Jubiläen und natürlich Rechenschaftsberichte. Das ist auch an diesem Abend im Feuerwehrhaus an der Bleichestelle in Osterode so. Doch unter die Berichte der Feuerwehrführung mischt sich auch immer wieder Kritik. Ortsbrandmeister Thomas Riedel berichtet von Einsätzen, die den Kameradinnen und Kameraden 2023 im Gedächtnis geblieben sind – manche davon nicht sonderlich erfreulich.

Feuerwehr in Osterode am Harz klagt über Bürokratie und Pöbeleien

Mehr als 260 Einsätze, darunter 36 Brände und 39 Unwettereinsätze hat die Ortsfeuerwehr Osterode im vergangenen Jahr bewältigt, manche davon dramatisch und aufwühlend, wie beispielsweise die Suche nach einem vermissten 5-Jährigen. Dass nicht immer alles reibungslos verlaufen ist, liegt bisweilen in der Natur der Einsätze. Dennoch ärgert es Riedel stellvertretend für alle Anwesenden, wenn sich immer wieder Bürgerinnen und Bürger während der Einsätze daneben benehmen. Wenn Menschen im Weg herumstehen, Einsätze filmen oder sogar, die Männer und Frauen im Einsatz beleidigen oder den Einsatz stören - wie die Feuerwehr auch 2023 wieder einige Male erleben musste.

Dafür hat niemand Verständnis – trotzdem bleibt es ein Phänomen, das immer häufiger beobachtet wird, auch in Osterode am Harz. Doch an den Nerven der Feuerwehrleute zerren nicht nur ungehobelte Mitbürger. Oft ist es einfach die Bürokratie, mit der sich die Helferinnen und Helfer herumschlagen müssen: „Es ist schwer nachzuvollziehen, dass wir manchmal bis zu zwei Stunden nach einem Einsatz noch an der Unfallstelle bleiben müssen, bis Mitarbeiter der Straßenbehörde offiziell feststellen, dass tatsächlich Betriebsstoffe ausgelaufen sind und eine Fachfirma vor Ort eintrifft. Geht das in Zeiten der Digitalisierung nicht einfacher?“, führt Riedel ein Beispiel an.

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Langwierige Prozesse in der Politik bremsen die Feuerwehr in Osterode

Überhaupt erschweren die Prozesse und Vorgaben anderer Stellen die Arbeit der Feuerwehr. Riedel kritisiert an diesem Abend auch die Politik in Hannover. Langwierig seien viele Prozesse – die Vorgaben für die neue Dienstbekleidung oder eine Ausbildungsordnung hätten schon Anfang 2024 vorliegen sollen, nach seinem Wissen: „Momentan befinden wir uns in einem luftleeren Raum, da bestehende Regelungen teilweise nicht mehr umgesetzt werden, und die neuen noch nicht final feststehen.“ Dass an der Basis wenig Informationen ankommen, so Riedel, sei kein guter Zustand: „Wir sind letztendlich diejenigen, die alles umsetzen müssen.“

Diese Vorwürfe kann der örtliche Landtagsabgeordnete Alexander Saade (SPD) nicht unkommentiert auf sich und seinem Berufsstand sitzen lassen. Maßgeblich auch deshalb, weil er sich selbst auch zur Blaulichtfamilie rechnet: Saade war lange Jahre als Polizist im Einsatz, kennt die Probleme, mit denen die Feuerwehr ringt, zumindest aus der unmittelbaren Nähe. Während Riedels Ausführungen hat er bereits Notizen gemacht, eilige Nachrichten auf dem Handy getippt: Informationen von einem Kollegen aus dem Landtag, wie er später erläutert.

Der Landtagsabgeordnete aus Osterode am Harz nimmt Stellung

Eigentlich wollte Saade nur ein kurzes Grußwort für den Stadtrat sprechen; erst am Vormittag war er von den Genossen gebeten worden, den Termin im Feuerwehrhaus wahrzunehmen. Als Mitglied des Innenausschusses ist er in der Tat heute genau der richtige Ansprechpartner. Und er versucht zu erklären, worauf die Abgeordneten – also die Legislative – eigentlich Einfluss haben, und was die Landesregierung per Erlass selbst entscheidet. Dass es bei der Regelung zur neuen Uniform zu Verzögerungen kommt, liegt laut Saade explizit an den Wünschen des Landesfeuerwehrverbandes. Dessen Vorgaben wolle die Politik natürlich nachkommen, aber es sei die Herausforderung, alle Interessen unter einen Hut zu bekommen. Im Falle des neuen Brandschutzgesetzes sei das eben der Landesfeuerwehrverband, aber auch der Städte- und Gemeindebund, die anderen Fachausschüsse im Landtag, das Innenministerium selbst und weitere.

Saade berichtet, dass im erst jüngst verabschiedeten Haushalt des Landes über 13 Millionen Euro für das neue Brandschutzgesetz eingestellt sind. Auch die Kinder- und Jugendfeuerwehren sollen gestärkt werden: „Indem wir den ehrenamtlichen Betreuerinnen und Betreuern die Möglichkeit geben, sich bei dem Arbeitgeber für Freizeiten freistellen zulassen, sodass sie nicht mehr ihren Jahresurlaub opfern müssen.“ Das wissen die Osteroder Kameradinnen und Kameraden zu schätzen – auch wenn die Diskussion über die Organisation der Feuerwehr damit sicherlich noch nicht beendet sein dürfte.

Diese Entwicklungen waren positiv bei der Feuerwehr in Osterode am Harz

Bei aller Kritik wollte Riedel aber auch Erfreuliches zu berichten: Wie der Feuerwehrchef anführt, konnte das Personal ausgebaut werden. 2023 sind nunmehr neun neue Einsatzkräfte, darunter vier Frauen, Teil der Einsatzabteilung. Somit stehen aktuell 69 Kräfte zur Verfügung. Erfreulich sei auch die Unterbringung eines vom Landkreis Göttingen beschafften Wechselladerfahrzeugs mit mehreren Abrollbehältern für Löschwassertransport, technische Hilfeleistung und Gefahrgut- und Strahlenschutzeinsätze. Das bedeute zwar Mehrarbeit, allein in der Ausbildung, aber auch die Stadt Osterode am Harz erfährt damit einen Mehrwert, so Riedel. Diese Sonderausrüstung stehe aber in erster Linie überregional zur Verfügung.

Vorausblickend auf 2024 kündigt der Ortsbrandmeister zwei große Veranstaltungen an. Zum einen den „Tag der Retter“ am 8. Juni der Bleichestelle, an dem sich zahlreiche Organisationen der Öffentlichkeit präsentieren wollen. Zeitgleich können Besucherinnen und Besucher dann in den Hallen des Feuerwehrhauses zahlreiche Modelle aller Maßstäbe begutachten. Der Erlös der Veranstaltung kommt einer gemeinnützigen Einrichtung in Osterode zugute. Am 5. Oktober soll schließlich die Wiederauflage des beliebten Oktoberfestes folgen.

Gruppenfoto der Geehrten und Beförderten der Ortsfeuerwehr Osterode am Harz. Mit im Bild: Brandabschnittsleiter Christian Wille und Bürgermeister Jens Augat.
Gruppenfoto der Geehrten und Beförderten der Ortsfeuerwehr Osterode am Harz. Mit im Bild: Brandabschnittsleiter Christian Wille und Bürgermeister Jens Augat. © Feuerwehr Osterode | Thomas Riedel

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