Herzberg. Bauern protestieren gegen die Sparpläne der Regierung, am Freitagmittag auch in Herzberg. Dabei legen sie teilweise den Verkehr lahm.

  • „Wir haben die Schnauze voll“ - so ist der Protest der Landwirte auch im Südharz überschrieben
  • Mehr als 50 Landwirte beteiligen sich am Protest auf der Straße in Herzberg
  • Die Bauern legen damit teilweise den Verkehr lahm, vor allem an der Kreuzung Englischer Hof
  • Die Polizei sichert den Protest ab, zu Unfällen oder Zwischenfällen kommt es nicht

Es reicht ihnen, sie haben es satt. Frei nach dem Motto „Wir haben die Schnauze voll“ schließen sich Landwirte aus dem Altkreis Osterode dem landesweiten Protest der Landwirte gegen die Sparpläne der Bundesregierung an. Protestiert wird in Herzberg, zur besten Mittagszeit. „Wir wollen den Verkehr schon richtig stören“, erklärt Landwirt Gerrit Heiseke aus Osterode im Vorfeld am Telefon. Wie viele Landwirte sich wirklich anschließen werden, kann er im Vorfeld nicht sagen.

Wir wollen den Verkehr schon richtig stören.
Gerrit Heiseke, Landwirt aus Osterode

Aber dass es zu Verkehrsbehinderungen kommen wird, das kann er schon versprechen.

Keine Bauern, kein Essen, keine Zukunft - so lautet eines der Schilder, die an den Traktoren hängen.
Keine Bauern, kein Essen, keine Zukunft - so lautet eines der Schilder, die an den Traktoren hängen. © Kirsten Buchwald | Kirsten Buchwald

Am Ende waren es in Herzberg mehr als 50 Landwirte, die aus dem gesamten Gebiet des Altkreises sowie teilweise auch aus Nordhausen, die sich am frühen Mittag auf dem Herzberger Schützenplatz trafen. Hier begrüßte Organisator Gerrit Heiseke die vielen Protestfahrer und kündigte an: „Wir halten nicht an roten Ampeln, wir halten nur für Krankenwagen.“

Die Route: Die Landwirte fahren im Konvoi vom Schützenplatz auf die B27 weiter in Richtung Herzberg. An der T-Kreuzung B27/B243 geht es direkt weiter auf der B243 einmal durch die Herzberger Winterbaustelle. Die Traktoren rollen durch die Stadt bis zur Abfahrt Krankenhaus am Ortsausgang in Richtung Osterode. Von hier aus geht es über die Dr.-Frössel-Allee, Am Heuer, Lonauer Straße, Hüttuferstraße und Juesholzstraße wieder auf die B27 und von dort aus wieder zum Schützenplatz.

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Aufgeheizt ist die Stimmung, als auch Klaus Hartmann vom Kreisverband des Landvolks Northeim-Osterode das Wort ergreift: „Ich danke allen, die heute hier sind.“ Weiter ruft er in die Umstehenden: „Das Maß ist voll, wir werden ignoriert, wir verlieren Geld durch zu viele Auflagen. Wir wollen das nicht tolerieren, was genug ist, ist genug.“ Applaus und Beifallrufe von den umstehenden Landwirten.

„Wir haben die Schnauze voll“

„Wir haben die Schnauze voll. Wir werden von der Politik belogen und nur kontrolliert“, machte auch Gerrit Heiseke seinem Ärger schon am Vormittag am Telefon Luft. „Ich habe seit zwei Jahren Bio-Dinkel im Lager liegen, die ich nicht verkaufen kann und auch Bio-Weizen, den ich nicht loswerde.“ Das liegt einfach daran, dass Dinkel oder Weizen zum Beispiel aus der Ukraine auf den deutschen Markt eingeführt werden und teilweise günstiger sind als die Produkte von hier.

Ich habe seit zwei Jahren Bio-Dinkel im Lager liegen, die ich nicht verkaufen kann und auch Bio-Weizen, den ich nicht loswerde.
Gerrit Heiseke, Landwirt aus Osterode

Bauern sind wütend auf die Bundesregierung

Der Unmut der Landwirte richtet sich gegen die Bundesregierung. Denn die plant die Streichung von Steuervergünstigungen für Landwirte. Es geht hier etwa um das Aus des Agrardiesels oder das Ende der KfZ-Steuerbefreiung für Land- und Forstwirtschaft. Bundesfinanzminister Christian Linder hatte sich zwar verständnisvoll gegenüber den Landwirten gezeigt, aber auch nach Alternativen gefragt, die er selbst aktuell nicht sieht. Landwirtschaftsminister Cem Özdemir hatte noch im Vorfeld davor gewarnt, die Agrardiesel-Beihilfe zu streichen, aber das war am Ende vergebens. In Folge des Urteils des Bundesverfassungsgerichts zum deutschen Haushalt müssen aber Kürzungen her, hatte wiederum Robert Habeck erläutert. Man müsse mit weniger Geld auskommen und sich einschränken. Die Pläne der Bundesregierung bedeuten laut CDU 4000 Euro mehr Steuern im Jahr für Landwirte.

Das macht Landwirte wie Gerrit Heiseke aus Osterode wütend. „Es ist doch so: Ich baue das Getreide an, ich pflege es, ich ernte es, ich bringen es ein. Ich investierte viel Arbeit und Zeit. Und dann werde ich es nicht los,“ beschreibt Heiseke das Problem im Vorfeld der Demo. Er und seine Kollegen fühlen sich hintergangen.

Eine lange Liste an Problemen

Auch hier heißt es: „Ohne Bauern keine Zukunft“. Die Landwirte wollen auf sich aufmerksam machen.
Auch hier heißt es: „Ohne Bauern keine Zukunft“. Die Landwirte wollen auf sich aufmerksam machen. © Kirsten Buchwald | Kirsten Buchwald

Gerrit Heiseke hat noch viele Punkte auf seiner Liste. So ärgert er sich ebenso wie seine Kollegen darüber, dass Investitionsförderungen für Landwirte gestrichen werden sollen oder dass die Bauern angehalten sind, vier Prozent ihrer Grundstücke unbewirtschaftet zu lassen, um Blüh- oder Ausgleichsflächen zu schaffen. Neben weiteren Kürzungen und Verschärfungen ist auch der Wolf ein Problem, mit dem die Landwirte sich alleingelassen fühlen. „Manche Landwirte werden sogar angezeigt, weil ihre Zäune nicht so sind, dass sie die Tiere vor dem Wolf schützen können“, erzählt Heiseke.

Die Bauern sind zornig und bereit für Proteste

„Die Bauern brennen für den Protest“, konstatiert der Osteroder Landwirt. „Wir haben alle keinen Nerv mehr, wir fühlen uns nicht mehr wohl. Wir wollen doch aber eigentlich nur unseren Job machen. Von der Politik würde ich mir das auch wünschen.“ Die Politik, so sein Wunsch, solle die Märkte so gestalten, dass auch die hiesigen Landwirte ihre Produkte fair verkaufen können.

Wir haben alle keinen Nerv mehr, wir fühlen uns nicht mehr wohl. Wir wollen doch aber eigentlich nur unseren Job machen. Von der Politik würde ich mir das auch wünschen.
Gerrit Heiseke, Landwirt aus Osterode

Heiseke sieht die Protestfahrt in Herzberg als Probefahrt für weitere Protestvorhaben. Dennoch wollen die Landwirte vor allem Aufmerksamkeit erregen. „Ich komme aus Osterode, andere Landwirte kommen heute aus dem gesamten Altkreis. Herzberg ist zur Mittagszeit ein Nadelöhr, das wollen wir ausnutzen. Wir wollen die Leute stören und zum Nachdenken anregen und dazu animieren, mal nachzufragen: Wo kommt das Produkt im Supermarkt eigentlich her?“, erklärt Gerrit Heiseke den Hintergrund der Demo.

Kampfansage an die Politik: „Wir wollen die Politik wachrütteln.“

Die Kampfansage der Landwirte richtet sich vor allem gegen die Politik, nicht gegen die Bürger und Kunden, wie der Osteroder Landwirt erklärt. „Der Normalbürger versteht uns eigentlich. Das Problem ist eher folgendes: Es wird Milch aus dem Ausland exportiert und mein Kollege Landwirt kann dafür dann seine Milch in den Ausguss schütten. Wir wollen die Politik wach rütteln.“

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