Walkenried. Eine Frau findet den unterernährten Fischadler bei Walkenried - seine Heimat liegt 980 Kilometer gen Norden. Wie es dazu kam.

Eigentlich wäre sie nur auf der Suche nach Pilzen gewesen und fand stattdessen einen Fischadler aus Stockholm - Da staunte unser Redakteur nicht schlecht, als er am Montagmorgen einen Anruf mit dieser Nachricht bekam. Wir haben mit der Finderin Nadine Presse und dem neuen „Ziehvater“, Falkner Rochus Brotzer, über den neuen Schweden aus Walkenried gesprochen.

Zusammen mit ihren Hunden war Nadine Presse am Samstagabend am mittleren Hollteich unterwegs. Einer ihrer Vierbeiner wurde plötzlich auf etwas aufmerksam. „Ich habe es erst gar nicht registriert. Dann raschelte es zwischen den Büschen. Dort saß ein junger Fischadler auf einem Holzstamm.“ Sie merkte schnell, dass etwas mit dem Tier nicht stimmen musste, denn selbst auf etwa 1,50 Meter Entfernung machte der Vogel keine Anstalten wegzufliegen. „Ich denke, der hätte die Nacht nicht überlebt.“

Der Vogel war sehr geschwächt und hatte wahrscheinlich schon mehrere Wochen nichts mehr gefressen. 
Der Vogel war sehr geschwächt und hatte wahrscheinlich schon mehrere Wochen nichts mehr gefressen.  © privat | Nadine Presse

980 Kilometer von der Heimat entfernt: schwedischer Adler im Harz

Nadine Presse rief den Harzfalkenhof in Bad Sachsa an. Falkner und Inhaber Rochus Brotzer kam. Er fing den Vogel ein und nahm ihn unter seine Fittiche. Ein Blick auf den Ring an seinem Fuß lieferte erstaunliche Informationen über die Herkunft des Tieres: Stockholm, Schweden. Das bedeutet eine Luftlinie von etwa 1.000 Kilometern, die der Fischadler mindestens geflogen sein muss. Wie kann das sein?

Die eindeutige Kennzeichnung an den Füßen zeigt: Der Adler kommt ursprünglich aus Schweden. Beringt wurde er als Jungtier von der Vogelwarte in Stockholm. 
Die eindeutige Kennzeichnung an den Füßen zeigt: Der Adler kommt ursprünglich aus Schweden. Beringt wurde er als Jungtier von der Vogelwarte in Stockholm.  © privat | Nadine Presse

Zunächst die guten Nachrichten: Der Fischadler lebt. „Die erste Nacht war noch kritisch, aber mittlerweile geht es ihm schon wieder besser. Und ab und an kann er schon wieder selbstständig fressen. Den kriege ich durch“, sagt Brotzer. Er war stark unterernährt. Ob der Adler vielleicht krank ist, wird nun mithilfe einer Kotprobe im Labor geprüft.

Warum verirrt sich ein Fischadler aus Schweden nach Walkenried in den Harz?

Zunächst sei es möglich, dass solche Tiere gerne mal mehrere tausend Kilometer fliegen. „Wenn Wind und Temperatur stimmen und er hoch genug geflogen ist, schafft der das in ein paar Stunden.“ Nun, wollte der Adler einfach mal den Harzer Fisch probieren oder was hat ihn zu uns geführt? „Der Adler ist in Schweden geboren. Aber wenn die Jungvögel selbstständig werden, müssen sie das Revier der Eltern verlassen und ein eigenes finden.“ Wenn sie bei ihrer Suche nach einem neuen Revier ständig auf andere Fischadler treffen, die sie wieder und wieder vertreiben, dann könne das Jungtier einige Kilometer zurücklegen bis es ein eigenes Territorium gefunden hat.

Wie es für das Tier jetzt weitergeht - Muskelaufbau und zurück in die Natur

Wann der Flattermann wieder zurück in die Natur kann, sei schwierig zu sagen. Erstmal müsse er trainieren, um die Muskulatur zum Fliegen aufzubauen. Wenn es dann so weit ist, wird er wieder im Harz ausgesetzt.

Rochus Brotzer betont noch einmal: „Das ist wirklich ganz ganz selten, dass ein Fischadler von so weit weg im Harz bei uns landet.“ Da hatte der junge Fischadler wirklich Glück, dass er genau an die Richtigen geraten ist, die ihm wahrscheinlich das Leben gerettet haben.

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