Braunschweig. Es ist das erste Urteil in einem Kündigungsschutzverfahren im Zusammenhang mit dem Abgas-Skandal.

Das Arbeitsgericht Braunschweig hat einer ehemaligen Führungskraft von Volkswagen, die gegen ihre fristlose sowie fristgerechte Kündigung im Zusammenhang mit dem Abgas-Skandal klagte, Recht gegeben. Die Widerklage des Autobauers auf Schadenersatz in Höhe von 33 Milliarden Euro wies die Kammer ab. Das ging aus einer Urteilsverkündung am Donnerstag hervor – es ist der erste Richterspruch, der in den insgesamt sechs Kündigungsschutzklagen ehemaliger VW-Manager gesprochen wurde, die in der achten Kammer anhängig sind. J., die in mehr als 20 Jahren bei VW eine Bilderbuch-Karriere hinlegte, darf damit ab sofort wieder an ihren Arbeitsplatz zurückkehren.

Volkswagen kündigte der promovierten Verfahrenstechnikerin im August 2018 – drei Jahre nach Bekanntwerden des Abgasskandals. Der Autobauer begründete das damit, Akteneinsicht bei der Staatsanwaltschaft Braunschweig erhalten und daraus neue Erkenntnisse gewonnen zu haben. Die Staatsanwaltschaft ermittelt gegen J. wie gegen 38 weitere Beschuldigte wegen des Diesel-Betrugs strafrechtlich.

VW warf der Motoren-Expertin vor, ihre Kenntnisse über die Manipulations-Software in Dieselautos nicht der Revision gemeldet zu haben, die Software sogar weiterentwickelt und kritische Daten vernichtet zu haben. J. sieht sich als Bauernopfer, ihr Anwalt argumentierte im Verfahren, Manager mit deutlich mehr Verantwortung seien immer noch im Unternehmen.

Der Vorsitzende Richter erklärte beide Kündigungen für unwirksam. Die Klägerin habe an der Aufklärung des Betrugs mitgewirkt und sei 2017 sogar noch zur leitenden Angestellten befördert worden. Die Widerklage durch Volkswagen wies die Kammer als unbegründet ab, da die Schuld des Autobauers bei weitem die der Ex-Managerin überwiege. VW müsse sich eine grob fahrlässige Unkenntnis des Ex-Vorstandsvorsitzenden Martin Winterkorn anrechnen lassen.

Volkswagen ist verpflichtet, J. 9,5 entgangene Monatsgehälter á 15.366 Euro brutto auszahlen. VW kündigte an, zu prüfen, ob es gegen das Urteil Berufung einlegt.