Wolfsburg. Neben anzüglichen Bemerkungen fasste der Wolfsburger Friseur seiner Kundin auch noch ins T-Shirt. Nun musste er sich vor Gericht verantworten.

Dass ein Friseur beim Haareschneiden mal versehentlich die Arme oder den Nacken einer Kundin berührt, gehört nun mal zum ganz normalen Randgeschehen des Handwerks beim Haareschneiden oder Haarefärben. Aber wenn ein Friseur zu einer 14-jährigen Kundin mehrfach sagt: „Du hast so geile Lippen“ oder „du magst es doch hart“ und mit seinen Fingern unter das T-Shirt der Kundin geht, geht dies eindeutig zu weit. Deshalb verurteilte das Amtsgericht Wolfsburg am Montag einen Friseur (34) aus der Wolfsburger Innenstadt wegen sexueller Belästigung zu einer empfindlichen Geldstrafe.

Am 27. Juni 2022 begab sich eine 14-jährige Wolfsburgerin in einen Friseursalon in der Wolfsburger Innenstadt. Im Rahmen der rund anderthalbstündigen Behandlung soll es nach späterer Aussage des minderjährigen Mädchens bei der Polizei zu mehrfachen unangemessenen Berührungen des Nackens, der Lippen und des Brustansatzes gekommen sein sowie zu anzüglichen Bemerkungen wie „Du hast so geile Lippen“ und „Du magst es doch hart und ich mache das mit Gefühl“. Erst als der Friseur begann, mit seinen Fingern unter ihr T-Shirt zu gehen, traute sich das Mädchen, seine Hände wegzuschieben. Aufgrund der Strafanzeige erließ die Staatsanwaltschaft Braunschweig einen Strafbefehl mit einer Geldstrafe in Höhe von 100 Tagessätzen à 65 Euro, in Summe also 6.500 Euro Geldstrafe. Hiergegen legte der Beschuldigte am 19. Mai 2023 Einspruch ein, der nun am Montag vor dem Amtsgericht Wolfsburg verhandelt wurde.

Geschädigter blieb eine Aussage vor Gericht erspart

Um dem geschädigten minderjährigen Mädchen (jetzt 15) eine Aussage vor Gericht zu ersparen, hatte die Vorsitzende Richterin dem Angeklagten, dessen Verteidiger und der Staatsanwaltschaft gleich zu Beginn des Prozesses ein Gespräch angeboten, wovon der Angeklagte auch Gebrauch machte. Der Verteidiger des Angeklagten beschränkte den Einspruch gegen den Strafbefehl anschließend auf die Anzahl der Tagessätze – was einem indirekten Schuldeingeständnis gleichkam.

Zu dem Prozess waren ursprünglich insgesamt elf Zeugen geladen, teilweise mit ihren gesetzlichen Vertretern aufgrund der Minderjährigkeit. Das nun erfolgte indirekte Schuldeingeständnis des Angeklagten ersparte all diesen geladenen Zeugen ihre Aussagen vor Gericht, sodass der Prozess erheblich verkürzt werden konnte. Die Vorsitzende Richterin bestätigte: „Ich habe draußen auf dem Flur mit der minderjährigen Geschädigten gesprochen. Sie war sehr aufgeregt und hatte Angst davor, Ihnen hier gegenübertreten zu müssen. Sie ist nun sehr erleichtert, dass ihr die Aussage hier vor Gericht erspart bleibt.“ Dementsprechend strafmildernd wurde das Geständnis des Angeklagten gewertet ebenso wie die Tatsache, dass der Angeklagte bisher keinerlei Vorstrafen hat.

Empfindliche Geldstrafe wegen Belästigung

Am Rande des Prozesses erläuterte die Vorsitzende Richterin noch die Hintergrundinformation, dass die Kundin sich dem Friseur zuvor als 16-Jährige ausgegeben hatte, da sie sich ansonsten gar nicht hätte die Haare färben lassen dürfen. Während die Staatsanwaltschaft in ihrem Plädoyer schließlich 80 Tagessätze à 75 Euro (6000 Euro in Summe) forderte, sprach sich die Verteidigung für 60 Tagessätze à 65 Euro aus (3900 Euro). Die Strafrichterin verurteilte den Angeklagten schließlich zu einer Geldstrafe von 60 Tagessätzen à 70 Euro (4200 Euro) plus den Kosten des Verfahrens. Mahnend stellte sie abschließend klar: „Das waren Beleidigungen auf sexueller Basis in Kombination mit Berührungen, so ein Verhalten ist inakzeptabel und muss bestraft werden. Ihre Kundin war sehr jung, auch wenn sie sich als älter ausgegeben hat. Ich gehe davon aus, dass Sie jetzt Ihre Grenzen kennen und dass Sie zukünftig Abstand wahren. Deshalb ist es auch gut, dass die Kundin den Mut hatte, Ihr Fehlverhalten zur Anzeige zu bringen im Hinblick auf Ihre zukünftige Tätigkeit als Friseur. Ich hoffe, dass Sie so etwas nie wieder machen.“