Wolfsburg. Ein Wolfsburger Schüler starb im Waldpädagogikzentrum Hahnhorst. Der Leiter der Einrichtung muss endgültig nicht vor Gericht, nur eine Mitarbeiterin.

Der Wolfsburger Schüler Vincent starb 2019 auf Klassenfahrt im Waldpädagogikzentrum (WPZ) Hahnhorst. Der 10-Jährige war beim Spielen von einer 400 Kilo schweren und ungesicherten Lore erdrückt worden. Jahrelang stritten Anwälte, Ankläger und Richter. Vor allem ging es um die Frage, ob der Ex-Leiter des Forstamts Nienburg strafrechtliche Verantwortung tragen könnte. Die Staatsanwaltschaft Verden hatte ihn wegen fahrlässiger Tötung angeklagt und kämpfte darum, ihn vor Gericht zu stellen. Diese letzte strittige Rechtsfrage wurde nun vor Beginn des Prozesses geklärt.

Tödliche Lore - eine Mitarbeiterin wird auf der Anlagebank sitzen

Es besteht kein hinreichender Tatverdacht, dass der Leiter eine Schuld am Tod von Vincent trägt. So sah es das Landgericht Verden, dass die Anklage gegen ihn nicht zur Hauptverhandlung eröffnete. Die Entscheidung erging im August. Die Staatsanwaltschaft Verden hatte mit Unterstützung der Generalstaatsanwaltschaft dagegen Beschwerde eingelegt. Dem Oberlandesgericht Celle oblag die rechtliche Prüfung des Nichteröffnungsbeschlusses. Relativ schnell fand sich dort der 2. Strafsenat zusammen. Die Richter stellten fest: alles rechtmäßig. Im Prozess wird sich nur eine mitangeklagte leitende Angestellte des WPZ verantworten müssen.

Das Foto stammt vom Todesort. Die Eltern von Vincent legten dort ein Foto von ihm, seine Lieblingsblumen, sein Stofftier und eine Karte nieder.
Das Foto stammt vom Todesort. Die Eltern von Vincent legten dort ein Foto von ihm, seine Lieblingsblumen, sein Stofftier und eine Karte nieder. © Privat | Privat

Der Anwalt des Forstamtsleiters, Professor Michael Nagel, wollte die Entscheidung aktuell nicht kommentieren. Zu einem früheren Zeitpunkt hatte er gegenüber unserer Zeitung erklärt: „Ein Unglück ist kein Unrecht, die Vorwürfe gegen meinen Mandanten waren zu keiner Zeit begründet, die jahrelangen Ermittlungen sind unzumutbar.“

Die Lore ist ein Relikt aus der Zeit, als die heutige Naturerlebnis-Einrichtung noch Bergwerksgelände war. Sie wurde als Spielgerät umgebaut, als solches aber niemals geprüft oder gesichert.

Richter stellten fest: Wo Kinder spielen, muss für Sicherheit Sorge getragen werden

Der Celler Senat stellte fest, der Eigentümer eines Grundstücks besitzt eine Verkehrssicherungspflicht, wenn vom Eigentum erkennbare Gefahren ausgehen. Insbesondere dort, wo Kinder spielen, sind gesteigerte Sicherungsmaßnahmen notwendig. Diese Pflichten wurden nach dem Ergebnis der Ermittlungen aber wirksam der Hausleitung des WPZ übertragen, heißt es in einer Pressemitteilung des OLG.

Und weiter: Die Hausleitung musste zwar sorgfältig ausgewählt, angeleitet und kontrolliert werden. Verstöße gegen diese verbleibenden Pflichten des übergeordneten Leiters des Forstamtes Nienburg hätten sich nach den bisherigen Ermittlungen aber nicht ergeben, so das Gericht. „Insbesondere beinhalte eine Kontrollpflicht gerade nicht die Pflicht, die übertragene Aufgabe selbst vorzunehmen.“ Er musste die Gefahr auch nicht selbst erkennen und beseitigen, solange er keine Hinweise auf eine mangelhafte Aufgabenerfüllung durch die leitende Angestellte des WPZ oder auf die konkret von der Lore ausgehende Gefahr hatte, teilt das OLG weiter mit.

Das Waldpädagogikzentrum ist Teil der Niedersächsischen Landesforsten. Die öffentliche Anstalt hat ihren Hauptsitz in Braunschweig. Nach dem Unglück machte der ehemalige Forstamtsleiter Karriere im Niedersächsischen Ministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz. Der Prozess gegen die Angeklagte ist noch nicht terminiert.