Wolfsburg. Die Wolfsburger Christdemokraten haben den neuen Radweg in der Schillerstraße in Frage gestellt. Nun stehen die Kritiker in der Kritik.

Widerspruch schlägt der CDU in Sachen Pop-up-Radweg und vermeintlicher Benachteiligung von Autofahrern in der Innenstadt von Wolfsburg entgegen. Der Grünen-Fraktionsvorsitzende Frank Richter wirft den Christdemokraten „eine Vortäuschung falscher Tatsachen“ vor.

Der Ortsbürgermeister der Stadtmitte, Erich Schubert, bezeichnet die kritische CDU-Ratsanfrage zum Radstreifen in der Schillerstraße als „unterirdisch“. „Die haben nicht begriffen, in welchem Jahr wir leben“, sagt der Sozialdemokrat.

Wolfsburg debattiert über Fahrradstreifen auf Schillerstraße

Die Stadt Wolfsburg hat auf der Schillerstraße testweise eine Fahrbahn für die Autos weggenommen, um Platz für einen stadtauswärts führenden Fahrradstreifen zu schaffen. Die CDU forderte für die Zukunft eine bessere Abstimmung zwischen den Verkehrsmitteln. Keine Mobilitätsform dürfe benachteiligt werden. „Wir stehen auch weiterhin hinter dem Automobil in der Innenstadt“, so der Fraktionsvorsitzende Christoph-Michael Molnar.

Frank Richter findet das ziemlich verdreht: Er erinnert daran, dass in der Schillerstraße vor dem Umbau der meiste Platz den Autos zur Verfügung gestanden habe. Fahrräder seien auf einen vom Fußweg abgeknapsten Radweg verbannt gewesen. „Das ist ein Okkupieren für ausschließlich ein Verkehrsmittel: das Auto“, sagt der Wolfsburger. Er wirft der CDU vor, reine Lobbyarbeit für den Autoverkehr zu betreiben.

Richter nutzt den neuen Radstreifen gerne. Er fordert, bei Straßenbau-Vorhaben in Zukunft immer einen ausreichend breiten, vom Fußweg getrennten Radweg mitzuplanen.

Grüne werfen CDU „reine Lobbyarbeit“ für Autoverkehr vor

Ebenfalls bei der Redaktion gemeldet hat sich eine passionierte Radfahrerin (Name ist der Redaktion bekannt). Sie ist der Meinung, dass der Pop-up-Radweg gut gemeint sei, dass es aber bessere Lösungen gäbe: einen Fahrradstreifen in der Porschestraße zum Beispiel. Oder aus der Schillerstraße eine Einbahnstraße zu machen, um mehr Platz für Radler zu schaffen.

Auch als Fahrradstraße könnte sich die Wolfsburgerin die Schillerstraße vorstellen. „So wie im Moment ist sie für keinen Verkehrsteilnehmer richtig gut. Es bräuchte mehr Mut, beispielsweise für einen echten Fahrrad-Innenstadtring“, findet sie.

„Endlich Sicherheit“: Ortsbürgermeister freut sich über Pop-up-Radweg

Erich Schubert plädiert dafür, den einjährigen Test in der Schillerstraße in Ruhe durchzuziehen. „Als Radfahrer hat man endlich mal Sicherheit“, sagt der Ortsbürgermeister der Stadtmitte. Der Sozialdemokrat kann sich allerdings nicht mehr vorstellen, 2024 wieder zum alten Zustand zurückzukehren. Er denkt bereits darüber nach, auch den Fahrradweg stadteinwärts zu verbessern.

Das in der von Peter Kassel (CDU) in einer Ratsanfrage aufgeworfene Risiko, Rettungswagen könnten auf der umgebauten Schillerstraße durch Rückstaus blockiert werden, teilt weder Schubert noch Richter. „Der Rettungswagen würde sich wahrscheinlich seinen Weg bahnen“, meint der Grünen-Fraktionsvorsitzende. Der Radstreifen sei in solchen Situationen überfahrbar. Auch Schubert sagt: „Der Rettungswagen kann auf dem Radweg überholen.“

Verkehrsclub findet Radweg sehr komfortabel

Elke Braun vom Verkehrsclub Deutschland ist da ganz bei ihnen. „Es gibt sicher noch Verbesserungen, aber dass kein Rettungswagen durch die Schillerstraße fahren kann, halten wir für abwegig“, schreibt sie. Nach Auskunft der Stadtverwaltung sind bisher keine Rettungswagen steckengeblieben. Dies sei auch nicht zu erwarten gewesen, da mit einem externen Sicherheitsauditor zusammengearbeitet wurde, heißt es aus dem Rathaus. „Während der Einsatzfahrten können sowohl die Haltestellenbereiche, die Mittelborde als auch die Absperrungen überfahren werden.“

Der VCD ist mit dem Modellversuch in der Schillerstraße zufrieden: Für Radfahrer und Radfahrerinnen sei es sehr komfortabel – und auch zumutbar, an der Bushaltestelle kurz hinter einem Bus anzuhalten, urteilt Elke Braun.

Wie Ortsbürgermeister Erich Schubert wünscht sie sich indes, dass die Polizei die Kreuzung an der Schiller-Galerie in den Blick nimmt. Dort wurde im Zuge des Radwegbaus das Linksabbiegen von der Schillerstraße auf die Pestalozziallee verboten. Am Montag, erzählt Schubert, habe er beobachtet, wie innerhalb einer Ampelphase vier Autofahrer trotz Verbots links abgebogen seien. „Das verursacht Staus“, ärgert er sich. Braun versteht nicht, warum die Polizei und das Ordnungsamt diese Verkehrsverstöße hinnehmen.