Wolfsburg. Die Stadt Wolfsburg berichtet von einer steigenden Schwimmfähigkeit der Grundschüler. Doch die Datengrundlage wurde in der Pandemie geändert.

Gute Nachrichten zur Badesicherheit in Wolfsburg? Die Zahl der Grundschüler mit Schwimmabzeichen ist nach Darstellung der Kommune in der Corona-Pandemie entgegen negativer Erwartungen gestiegen statt gesunken. Die Daten geben das allerdings nicht wirklich her.

Laut einem aktuellen Bericht der kommunalen Schul- und Sportverwaltung hatten 80 Prozent der Viertklässler und Viertklässlerinnen am Ende des Schuljahres 2020/21 mindestens das Seepferdchen und 58 Prozent Bronze, Silber oder Gold. Die Deutsche Lebensrettungsgesellschaft (DLRG) stuft Kinder ab dem Bronze-Abzeichen als sichere Schwimmer ein.

Am Ende des Schuljahres 2021/22 konnten sich 85 Prozent der Viertklässler mindestens mit dem Seepferdchen und 70 Prozent mit einem höheren Schwimmabzeichen schmücken. Die Stadt Wolfsburg hatte angesichts der Befürchtungen zum Ende des Schuljahres 2021/22 eine außerturnusmäßige Abfrage an die Grundschulen gerichtet. In normalen Zeiten findet die Befragung nur alle zwei Jahre statt.

Einer von drei Viertklässlern kann in Wolfsburg nicht schwimmen

Laut einer Verwaltungskenntnisgabe aus dem Jahr 2019 erlangten im Schuljahr 2016/17 in Wolfsburg 81 Prozent der Grundschüler und im Schuljahr 2018/19 gut 73 Prozent der Grundschüler mindestens das Seepferdchen-Abzeichen. Der Anteil der Schüler und Schülerinnen mit Bronze, Silber oder Gold lag 2016/17 bei 58 Prozent und 2018/19 bei 57 Prozent. Die anscheinend so vorteilhaften Pandemie-Zahlen sind mit diesen Daten überhaupt nicht vergleichbar, denn erst seit 2021 wird nach dem Stand am Ende der vierten Klasse gefragt – was in dem Bericht auch Erwähnung findet. Vorher bezogen sich die Anteile auf alle Grundschüler.

2021 wie 2022 hat die Stadt alle 23 Wolfsburger Grundschulen angeschrieben, 19 gaben Rückmeldung. Mit einer Ausnahme stand an all diesen Schulen Schwimmen auf dem Lehrplan. Zumindest theoretisch. In der Realität boten im Schuljahr 2020/21 acht der befragten Schulen wegen der Pandemie keinen Schwimmunterricht an. Im Schuljahr 2021/22 fiel der Schwimmunterricht nur noch an einer Schule flach – weil sie keine passenden Bahnzeiten in den Wolfsburger Bädern erhalten hatte.

Im Schuljahr 2021/22 holen Grundschüler beim Schwimmen auf

Die Stadt Wolfsburg hat während der Corona-Pandemie neue Angebote geschaffen, um trotz schwieriger Bedingungen Schwimmunterricht zu ermöglichen. Die DLRG bot 2021 zusätzliche Rettungsschwimmkurse für Lehrkräfte an. Das Badeland startete nach monatelangem Lockdown eine Offensive für das Schwimmenlernen: So fanden im Juni 2021 an sieben Tagen pro Woche Seepferdchen-Kurse statt.

Nach den Sommerferien brachte die Kommune dann ein Großprojekt für die Schulen auf den Weg: Diese konnten zusätzliche Schwimmzeiten in den Bädern buchen, vor allem für die ersten bis sechsten Klassen.

Kritik der Schulen: Zu wenig Platz im Wasser, zu wenig Umkleiden

In den jüngsten Befragungen hatten die Schulen auch die Möglichkeit, Kritik zu äußern und Verbesserungsvorschläge zu machen. Im Schuljahr 2020/21 kritisierten sechs Schulen die Bahnenbelegung als unzureichend: Vier bemängelten, dass das Nichtschwimmerbecken überbucht sei, und eine, dass eine halbe Bahn nicht ausreiche, um Ausdauerschwimmen zu lernen. Die Kinder träten sich mehr, als dass sie schwämmen.

Im darauffolgenden Schuljahr bemängelte sogar jede zweite Schule die Enge im Wasser sowie Fremd-Belegungen des Nichtschwimmerbeckens. Unzufrieden äußerten sich Schulen auch mit langen Wartezeiten am Badeland-Drehkreuz und einem Mangel an Sammelumkleiden.

Im Schuljahr 2020/21 fiel in Wolfsburg viel Schwimmunterricht aus

Wissen wollte die Sportverwaltung zudem, warum manche Kinder trotz Schwimmunterricht kein Abzeichen erreichten. Im Schuljahr 2020/21 nannten die Grundschulen zu wenig Zeit im Schwimmbecken und Unterrichtsausfall als zentrale Gründe. „Coronabedingt fiel im letzten Schuljahr das Schwimmen für drei der vier Klassen aus“, „Coronabedingt konnte in drei Klassen nur jeweils zwei bis vier Stunden Schwimmunterricht durchgeführt werden“, „Coronabedingt sind wir nur sechs Wochen zum Schwimmen gefahren“ hieß es dort. Und: Viele Schüler und Schülerinnen seien komplette Nichtschwimmer gewesen.

Zu wenig Zeit für den Schwimmunterricht wurde auch im Schuljahr 2021/22 als wichtigster Grund dafür angeführt, dass Grundschüler nicht sicher schwimmen können. Kritisiert wurden zudem mangelnde individuelle Fördermöglichkeiten. Sechs Schulen attestierten betroffenen Kindern in jeder der beiden Befragungen erhebliche motorische Defizite.

An den meisten Wolfsburger Grundschulen findet in der dritten Klasse Schwimmunterricht statt. Seltener steht für Viertklässler Schwimmen auf dem Stundenplan. Sehr vereinzelt haben auch zweite Klassen Schwimmunterricht, und nur an einer Schule lernen schon die Erstklässler schwimmen.