Wolfsburg. Der Regen kommt Wolfsburger Landwirten, der Stadtforst und Stadtverwaltung gerade recht – denn den Pflanzen mangelt es extrem an Wasser.

Gleichmäßiger Landregen fiel am Donnerstag auf Wolfsburg, und Regen ist auch für das Wochenende angekündigt. Was für Sonnenanbeter eine Zumutung darstellt, ist für die Natur eine Wohltat. Die Karten des Helmholtz-Zentrums für Umweltforschung zeigen seit Wochen eine außergewöhnliche Dürre im östlichen Niedersachsen an, Pflanzen bekommen kein Wasser mehr und welken.

Was den Parks, Grünstreifen und Wäldern anzusehen ist, macht den Landwirten richtig zu schaffen. „Wir haben schon eine enorme Wasserknappheit“, sagt der Landvolk-Ortsvereinsvorsitzende Harald Hoppe. „Die Zuckerrüben und der Mais leiden extrem.“ Den Stress, unter dem die Pflanzen stehen, können auch Laien erkennen: Die Maisblätter rollen sich, die Rübenblätter liegen platt am Boden.

Hoppe betreibt in Nordsteimke Ackerbau. Auf seinen Feldern kultiviert er neben Mais und Rüben Weizen, Roggen, Gerste und Raps. Außerdem haben seine Frau und er eine Pferdepension. Die Weidesaison läuft, doch das Gras wächst nicht, weshalb die Pferde seit Wochen mit Heu zugefüttert werden. „Es ist schon Wahnsinn“, sagt der Landwirt.

Seit 2017 gab es für Wolfsburgs Landwirte nur trockene Jahre

Die Gerste, die normalerweise erst Anfang oder Mitte Juli gedroschen wird, war in diesem Jahr schon Ende Juni reif. Am 27. Juni hat Hoppe sie vom Feld geholt. Die Ernte erwies sich als gut, wider Erwarten. Die Pflanzen seien gut gewachsen, bevor die Trockenheit kam, erklärt der Wolfsburger.

Im Augenblick geht der Landwirt davon aus, dass er auch das restliche Getreide mehrere Wochen früher ernten kann als üblich. Bei den Rüben befürchtet er, im September kleinere Früchte einzuholen als sonst – wenn sie nicht noch einmal zulegen. „Wir hoffen, dass wir bis dahin ergiebige Regenfälle haben.“ Auch für den Mais müsse Wasser kommen.

Mais und Rüben leiden unter Dürre

Dürre ist für die Wolfsburger Landwirte zum Dauerzustand geworden. Seit 2017 habe es nur trockene Jahre gegeben, bilanziert Harald Hoppe. An das geänderte Klima versuchen sich einige Bauern anzupassen, indem sie Sorten anbauen, die mehr Trockenheit tolerieren – zum Beispiel Triticale, eine Kreuzung aus Roggen und Weizen, die sich als Tierfutter eignet.

Außerdem bemüht sich Hoppe, möglichst viel Feuchtigkeit im Boden zu halten, indem die Böden nach der Ernte schnell verfestigt werden. In Nordsteimke und Umgebung gebe es keine Bewässerungsmöglichkeiten, sagt er. Für neue Brunnen würde er auch keine Genehmigung bekommen.

Grünflächen in Wolfsburger Innenstadt vertrocknen

Die Rasenfläche am Wolfsburger ZOB ist komplett verbrannt.
Die Rasenfläche am Wolfsburger ZOB ist komplett verbrannt. © regios24 | LARS LANDMANN

In der jüngsten Ortsratssitzung in Mitte-West kam die Frage auf, wo eigentlich die Blühstreifen sind, die von der Stadtverwaltung angekündigt wurden. Zu sehen sei davon nichts. Logisch, wenn Grünstreifen nach Wochen ohne Regen aussehen wie Steppen kurz vor der Wüstenbildung.

„Die Grünanlagen und Bäume leiden unter der aktuellen Trockenheit“, erklärt ein Stadt-Sprecher. „Im Vergleich zu den Vorjahren ist ein höherer Wasserbedarf gegeben.“ Von den Bäumen würden derzeit nur noch diejenigen gewässert, die in den vergangenen vier Jahren gepflanzt wurden. Eine Ausnahme stellen die Platanen in der Porschestraße dar, die schon älter sind und trotzdem regelmäßig Wasser bekämen.

Dürre macht Bäume im Stadtwald anfällig für Schädlinge

Die Bäume leiden nicht nur in den Grünanlagen, sondern auch in den Wolfsburger Wäldern. Der Niederschlag regne ab, bevor er das östliche Niedersachsen erreiche, sagt Ronald von Münster von der Stadtforst. Und so schwächt der Wassermangel die Widerstandskraft der Bäume gegen schädliche Insekten ein weiteres Mal.

An den Fichten laben sich erneut die „Buchdrucker“, im Volksmund besser als Borkenkäfer bekannt. Die Stadtforst hat befallene Bäume geschlagen und mit dem Harvester aus den Wäldern geholt, um der zweiten Käfergeneration keinen Gabentisch zu überlassen. Doch Fichten stehen nicht nur in ihrem Zuständigkeitsbereich, und die Käfer können fliegen.

Früh gefällte Bäume sind dauerhafter Verlust für Stadtforst

An den Eichen waren vor dem Johannistrieb viele Fraßschäden zu sehen. Die Stadtforst hat in diesem Frühjahr anhand angeknabberter Blätter und anderer Indikatoren erfasst, in welchem Ausmaß die als Eichenfraßgesellschaft bezeichneten blattfressenden Schmetterlingsarten den Wolfsburger Eichen zusetzen. „Das war sehr extrem“, so von Münster.

Der Schaden, der durch die Dürren im Wald entsteht, betrifft nicht nur Flora, Fauna und erholungsuchende Wolfsburger. Er macht sich auf lange Sicht auch als finanzieller Verlust bemerkbar. Zwar sind die Holzpreise gerade hoch. Doch Bäume, die heute geschlagen werden müssen, obwohl sie noch jung und dünn sind, können nicht mehr gefällt werden, wenn sie in einigen Jahrzehnten ihr eigentliches Umtriebsalter hätten – und viel mehr Holz liefern würden.

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