Wolfsburg. Ein gemeinsamer Arbeitgeber bringt Vor- und Nachteile für Paare: Hier erzählen drei von ihnen, wie sie sich den Herausforderungen stellen.

Der Liebe sei die Arbeit bei Volkswagen nicht immer zuträglich – das sagte eine Paarberaterin der Pro-Familia-Beratungsstelle in Wolfsburg in unserem Artikel über die Gründe für das Scheitern der Wolfsburger Ehen. Gründe dafür seien das Schichtsystem, das die gemeinsame Zeit schmälere, aber auch Leistungsdruck und Karrierefokus. Die Resonanz fiel heftig aus: Zahlreiche Menschen meldeten sich, die das Für und Wider dieser Aussagen diskutierten.

Aber es gibt ja immer zwei Seiten. Und so gibt es Erfolgsgeschichten beim größten Arbeitgeber unserer Stadt auch in Liebesdingen zu berichten. So wie die von Claudia und Horst Schulz. „Seit Februar 1992 sind mein Mann Horst und ich ein ,VW-Paar’“, schreibt Claudia. „Wir haben uns in der Produktion in Halle 42 kennengelernt. Gleich in meiner zweiten Arbeitswoche stellte mir unserer damaliger Meister einen Arbeitskollegen an die Seite, der meine krankgemeldete Freundin und Arbeitskollegin ersetzten sollte.“

Nach der Frühstückspause machte sie den ersten Schritt

Paare, die sich bei VW kennen und lieben gelernt haben, erzählen ihre Geschichte. Claudia und Horst sind seit 30 Jahren ein Paar.
Paare, die sich bei VW kennen und lieben gelernt haben, erzählen ihre Geschichte. Claudia und Horst sind seit 30 Jahren ein Paar. © Privat

„Es war in der Montagsfrühschicht – nicht der beste Zeitpunkt, um große Gespräche zu führen. So arbeiteten wir erstmal ziemlich sprachlos nebeneinander her und ich überlegte, wie ich die Frühschicht überstehen sollte – vor allem, weil Horst ziemlich zurückhaltend wirkte. Ich kannte ihn bereits vom Sehen, da wir beide in Vorsfelde wohnten und die gleiche Schule besucht hatten. So sprach ich ihn nach der Frühstückspause an – was ihn sichtlich erfreute. Wir hatten uns dann doch so einiges zu erzählen, was für die nächsten Tagen – bis meine Freundin wieder einsatzfähig war – für beide erfreulich war.“

„In den nächsten Wochen trafen wir uns gerne in den Pausen und schon ein paar Wochen später privat zum Kaffeetrinken und weiteren Dates. Ein erster längerer Urlaub in meinem Heimatland Italien und die nächste Zeit zeigte, dass wir uns eine gemeinsame Zukunft vorstellen konnten. Wir heirateten und sind inzwischen mit unseren zwei Söhnen (22 und 15) eine glückliche Familie. Mein Mann arbeitet heute noch bei VW. Ich entschied mich für eine zweite Ausbildung zur Fotografin – an die Zeit bei Volkswagen denke ich gerne zurück!“

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Rückblickend sei die Zeit mit dem gemeinsamen Arbeitgeber kein Problem gewesen, auch die Schichtarbeit habe das Paar nicht vor Herausforderungen gestellt.

Bei Sandra war es Liebe auf den ersten Blick

Um Sandra Fronecke ist eine richtige Patchwork-Familie entstanden.
Um Sandra Fronecke ist eine richtige Patchwork-Familie entstanden. © priva

Eine kleine Patchwork-Familie entstand durch den Austausch verliebter Blicke bei der Arbeit im Jahr 2019 – Sandra Fronecke erzählt: „Es geschah ganz unverhofft. Ich ging zur Arbeit, war alleinerziehend mit meinem Sohn. Habe wie jeden Morgen alle begrüßt und dann sah ich Ihn! Ich dachte erst, das er nur leihweise für einen Tag bei uns wäre, aber er hatte bei uns seine Dauer-Frühschicht.“

„Am zweiten Tag haben wir uns sehr gut unterhalten und am dritten Tag Nummern getauscht. Vor dem Werksurlaub haben wir uns das erste Mal privat getroffen und es war um uns geschehen. Er hat meinen Sohn kennengelernt und ich seine große Tochter und seinen kleinen Sohn. Es hat nicht lange gedauert, da war ich schwanger! Unser kleiner Engel kam im Mai 2021 zur Welt. Nun wohnen wir alle zusammen. Wir sind eine große glückliche Patchwork-Familie und nun zu Sechst!“

Verschiedene Schichten – wenig Zeit zusammen

Einen holprigeren Start hatten Nils und Jenny Sewerin. Sie arbeiteten zunächst in unterschiedlichen Schichten. Erst Jahre nach ihrem ersten Treffen funkte es – in diesem Jahr sind beide sieben Jahre zusammen. „Erst war es schwierig, wegen der getrennten Schichten“, schreibt Jenny, „Anfang 2016 hat er die Schicht gewechselt und wir haben ab da an jeden Tag zusammen gearbeitet und es hat funktioniert.“ Zuvor sei es schwer gewesen, genug Zeit füreinander zu finden. „Da haben wir uns bei Schichtwechsel gesehen und dann erst am Wochenende.“

Daneben sieht Jenny noch einen Nachteil darin, den Arbeitgeber zu teilen: „Man kann auf dem Weg nach Hause nicht abschalten, spricht viel darüber und jeder von beiden weiß, wie es intern abläuft.“ Aber es gebe auch Vorteile, die das Paar jetzt genießen kann, da es Wohnung und Schicht miteinander teilen kann. Das sei neben der Fahrgemeinschaft: Die gewonnene Zeit zusammen, ob während der Arbeit oder in der gemeinsamen Freizeit.

Wir danken allen Paaren fürs Mitmachen!