Wolfsburg. Die Hilfs- und Unterstützungsvorbereitungen für Flüchtende aus der Ukraine laufen in Wolfsburg auf Hochtouren.

Im Minutentakt fahren die Autos auf dem Parkplatz vor der Lagerhalle in der Borsigstraße 7 vor. Im Kofferraum: Tüten mit Handtüchern, Säcke voll mit Kuscheltieren, Kartons mit Kleidung und Decken, Schlafsäcke und Schuhe. „Wir wollen einfach nur helfen. Deshalb haben meine Frau Astrid Strauß und ich gestern unseren halben Keller leergeräumt und den Hausstand nach weiteren, brauchbaren Sachen durchsucht“, berichtet Edgar Strauch aus der Nordstadt.

Wolfsburger Kirchengemeinde und DRK sammeln für Ukraine

Teja Schönberger stellt seine Halle als Annahmestelle für Sachspenden für die Ukraine-Hilfe zur Verfügung.
Teja Schönberger stellt seine Halle als Annahmestelle für Sachspenden für die Ukraine-Hilfe zur Verfügung. © Regios24 | Anja Weber

Unter der Leitung des DRK Wolfsburg ist gestern die Hilfsaktion in der ehemaligen Lübnitz-Halle, die Immobilieninvestor Teja Schönberger bereitstellt, angelaufen. Hier können Sachspenden montags bis freitags von 9 bis 18 Uhr, am Wochenende von 10 bis 16 Uhr abgegeben werden. „Ich habe nicht großartig nachgedacht und einfach auf Facebook gepostet“, erzählt Schönberger. Die Stadt sei dann auf ihn zugekommen und hätte den Kontakt zum DRK hergestellt.

Die Helfer sortierten die Spenden nach Gruppen: Jeans, Handtücher, Decken, Kleidung

Seit Dienstagvormittag hat Thorsten Rückert, Vorstand des DRK-Kreisverbandes Wolfsburg, den Schlüssel in der Tasche – noch bis in die Nacht haben er und seine Mitstreiter telefoniert und schon einmal zwölf Sitzbänke und sechs Tische aufgebaut, auf denen später die Spenden sortiert werden sollen. „Wir sind sehr erfreut und überrascht über den regen Zulauf“, beteuern Tanja Weiler vom DRK-Ortsverein Wolfsburg-Mitte und Dieter Kalm vom Ortsverein Heiligendorf-Hattorf. Gut 30 Helfer stehen bereit, um sich in Schichten einteilen zu lassen. Die „Frühschicht“ am Mittwochmorgen hatten Uwe Schpotan aus Sülfeld, Astrid Bittner und Angelique Csepke inne – sie sortierten die Spenden nach Gruppen: Jeans, Handtücher, Decken, Kleidung für Jungs, Kleidung für Mädchen und so weiter. Rückert: „Die Spenden sind als Erstausstattung für Ankommende gedacht. Wir planen derzeit keinen Transport in die Ukraine.“ Es werden aber keine Möbel, keine Lebensmittel (auch keine Konserven) und keine technischen Geräte benötigt. Erfreut war das DRK über die Spende des Hagebaumarktes über 100 Umzugskartons. „Kartons aller Art – auch Bananenkartons – benötigen wir dringend“, so Rückert.

Oberbürgermeister: „Das Maß des Mitgefühls und der Tatendrang in Wolfsburg sind außerordentlich groß“

„Die Bilder im Fernsehen sind ja schrecklich. Ich habe den Aufruf gelesen und sofort was zusammengesammelt“, erzählt Ilona Riek vom Steimker Berg, die Tüten voll mit Hygiene-Artikeln, Handtüchern und Decken unterm Arm hat. Seit 7 Uhr in der Früh waren Frieder Hommel, Pascal Lo Bianco und Katja Schröder damit beschäftigt, Restposten ihrer Textilveredelungsfirma „Mr. Tex“ zusammenzustellen – etwa 30 Kartons voll mit Hoodies, Babybodys, Handtüchern und T-Shirts haben sie vom alten Vorsfelder Bahnhof in die Borsigstraße transportiert.

Krieg in der Ukraine erzwingt Produktionsstopp bei VW

Auch in anderen Teilen der Stadt laufen die Hilfs- und Unterstützungsvorbereitungen für Flüchtende aus der Ukraine auf Hochtouren: Die Stadt koordiniert und prüft zurzeit Möglichkeiten und Kapazitäten zur Unterbringung von Geflüchteten und weitere Angebote. „Mein großer Dank gilt besonders den Wolfsburgerinnen und Wolfsburgern. Die große Hilfsbereitschaft und die vielen Unterstützungsangebote haben mich sehr beeindruckt. Seien es die Spendenbereitschaft, das Angebot der Unterbringung in Hotels oder privaten Wohnungen oder generell die Bereitschaft, den Menschen in der Ukraine beizustehen – das Maß des Mitgefühls und der Tatendrang in Wolfsburg sind außerordentlich groß“, erklärt Oberbürgermeister Dennis Weilmann.

Familie nimmt in ihrem Haus im Kerksiek Bekannte aus der Ukraine auf

Eine dieser Privatinitiativen haben Erna und Alexander Wert ins Leben gerufen. Seit zwei Tagen leben sie mit zehn Personen in ihrem Haus im Kerksiek, weil sie Bekannte aufgenommen haben. „Zwei weitere Familien sind auf dem Weg zu uns, einmal mit fünf und einmal mit drei Personen. Sie kommen mit dem Auto und müssen, wenn sie die Grenze zwischen der Ukraine und Polen überquert haben, noch einmal etwa 1000 Kilometer zurücklegen“, erzählt Erna Wert. Aus ihrem Umfeld hören sie, dass vor allem Lebensmittel in dem Kriegsgebiet nicht mehr zu bekommen sind: „Wir benötigen daher unbedingt haltbare Lebensmittel, Hygieneartikel und Kleidung, um die Familien, die vor unserer Tür stehen, mit dem Nötigsten zu versorgen.“ Am Freitag wird sich Alexander Wert auf den Weg an die deutsch-polnische Grenze machen, wo ein Vertreter einer Kirchengemeinde aus Nowowolynsk im Nordwesten der Ukraine wartet: Hier sollen die Spenden übergeben und umgeladen werden.

Familie Wert bittet um Sach- und Geldspenden (vor allem für die Benzinkosten). Diese können in der Garage in der Küsterwiese 36 in Mörse abgegeben werden. „Die Hilfe kommt zu 100 Prozent bei den Menschen vor Ort an“, versichert das Ehepaar. Benötigt werden haltbare Lebensmittel wie Reis, Nudeln, Konserven oder Knäckebrot, Babynahrung, Hygieneartikel, Verbandsmaterial und Taschenlampen.