Wolfsburg. Wegen Corona entschloss man sich, das Flaggschiff der Weißen Flotte Stralsund zum Überwintern an den Sund zu holen.

Elf Jahre ist es bereits her, dass NDR-Moderatorin Sybille Rothe am Abend des 15. Mai 2009 die traditionelle Sektflasche gegen den Rumpf des 1,5 Millionen Euro teuren Neubaus schleuderte. Das
37 Meter lange Aqua-Cabrio – ausgelegt für 160 Passagiere, voll klimatisiert, behindertengerecht und angetrieben von zwei 360-PS-Dieseln – wurde auf der Bolle-Werft im sächsisch-anhaltinischen Neu-Derben nahe der Elbe gebaut.

Das Flaggschiff der Weißen Flotte Stralsund wurde damit auf den Namen „Hanseblick“ getauft. Das Besondere daran ist das Oberdeck, dessen Glasdach bei schönem Wetter aufgeschoben werden kann. Ein Oben-ohne-Cabrio-Schiff also. Bundesweit das erste, das auch in den manchmal recht ruppigen küstennahen Boddengewässern zugelassen ist.

Den Besuchern der Autostadt wurden Rundfahrten auf dem Mittellandkanal angeboten

Nach fünf Jahren Sund- und Bodden-Einsatz hatte sich die Anziehungskraft des innovativen Wassergefährts leicht abgeschwächt, sodass man nach neuen Möglichkeiten suchte. Die ergaben sich in Wolfsburg. Dort hatte eine brandenburgische Reederei mit ihrem Rundfahrtschiff „Havelberg“ ein Bein in der Tür bei Volkswagen. Den Besuchern der Autostadt wurden neben einer Besichtigung auch Rundfahrten auf dem Mittellandkanal angeboten. Doch der „Havelberg“-Reeder witterte in der Bundesgartenschau ein größeres Geschäft.

Die Weiße Flotte bewarb sich und bekam den Zuschlag. Zunächst für die „Altefähr“ und „Bültenkieker“, nach deren Abzug die „Hanseblick“ eingechartert wurde.

Wegen Corona entschloss man sich, das Schiff zum Überwintern an den Sund zu holen

Bis zu sechs Mal täglich pendelte MS „Hanseblick“ fortan zwischen der Autostadt bis zur Mittellandkanal-Schleuse Sülfeld im Westen sowie Rühen und Fallersleben im Osten. Fahrradmitnahme für die individuelle Rückfahrt war möglich. Bis zum 31. Oktober wurden diese Touren angeboten. Die führten auch immer vorbei an den Produktionshallen des Volkswagen-Werks und der Volkswagen-Arena des Bundesligisten VfL Wolfsburg.

Bis Corona kam und der Auslastung des Schiffes einen Strich durch die Rechnung machte. Wegen der Abstandsregeln konnten nur sehr viel weniger Gäste mitfahren. Daher entschloss man sich, das Schiff zum Überwintern an den Sund zu holen. Reparatur- und Überholungsarbeiten können so von dem Stralsunder Technik-Mitarbeitern effizienter und preiswerter ausgeführt werden.

MS „Hanseblick“ wird winterfest gemacht für die nächste Saison – voraussichtlich ab Ostern 2021

Vergangene Woche warfen daher die beiden Kapitäne Rober und sein Bruder Mirko Sauer in Wolfsburg die Leinen los zur langen Überführungsreise via Mittellandkanal, Elbe-Havel-, Oder-Havel-Kanal mit Schiffshebewerk Niederfinow, Westoder, Oder-Haff, Peenestrom, Greifswalder Bodden und Strelasund zur Steinernen Fischbrücke im Stralsunder Nordhafen. Schließlich wird MS „Hanseblick“ winterfest gemacht für die nächste Saison – voraussichtlich ab Ostern 2021.

MS „Hanseblick“: Typ: Cabrio-Fahrgastschiff; Bauwerft: Bolle, Neu-Derben; Baujahr: 2009; Länge: 37,50 m; Breite: 6,50 m; Tiefgang: 1,20 m; Antrieb: 2 x IVECO-Diesel à 360 PS; 2 Festpropeller; Geschwindigkeit (max.): 12 kn; Passagiere: 160 (max.); Reederei: Weiße Flotte GmbH, Stralsund, Tochter der Flensburger Förde Reederei Seetouristik (FRS); Flagge: Deutschland; Heimathafen Stralsund.