Wolfsburg. Historiker leisten im Warschauer Ghetto Widerstand mit ihrer Sammlung von Belegen.

Die Mauer, 18 Meter lang und drei Meter hoch, war nicht unüberwindbar. Es gelang den dort zusammengepferchten Juden immer wieder, sie zumindest etwas zu durchlöchern. Mit dem Wall sollten die polnischen und arischen Bewohner Warschaus geschützt werden. Der Zynismus der Nationalsozialisten drehte die Lage einfach um: 350.000 Juden lebten deshalb im Seuchensperrgebiet. Ihre Propaganda-Bilder zeigten, gelinde ausgedrückt, verwahrloste Juden. „Wir müssen unsere Geschichte schreiben“, erkannte der im Ghetto lebende Historiker Emanuel Ringelblum. Und tat es, indem er Dokumente jeder Art sammelte.

Ringelblum, promovierter Historiker, gehörte zu den ersten jüdischen Akademikern Polens, erläuterte Romina Wiegemann. Die Berliner Bildungsreferentin stellte am Dienstagabend im Haus der Liberalen Jüdischen Gemeinde den Widerstand „Oneg Shabbat“ vor. Das war eine Tarnbezeichnung, heißt „Freude am Sabbat“ und bedeutet: Widerstand. „Es ging der Gruppe auch um die Deutungshoheit der jüdischen Geschichte in der Nazi-Zeit“, erklärte Wiegemann. Etwa
60 Leute, auch Kinder halfen, trugen alles zusammen, was das Leben im Ghetto dokumentierte: amtliche Bekanntmachungen des von den Nazis kontrollierten Judenrates, Schulaufsätze, Tagebücher, Theaterkarten, Untergrund-Zeitungen, persönliche Briefe, Lebensmittelkarten, Bonbonpapiere, einfach alles. Sie machten fundierte Umfragen, Analysen und Berichte für die polnische Exilregierung in London und den polnischen Untergrund.