Wolfsburg. Die internationale Zuliefererbörse im Allerpark lockt Unternehmen aus der ganzen Welt an den Konzernsitz von Volkswagen.

Gab es eigentlich mal Zeiten ohne die Internationale Zuliefererbörse (IZB)? Man kann es sich kaum noch vorstellen. Aber ja, es gab mal Zeiten ohne diese Leitmesse im Allerpark, die alle zwei Jahre stattfindet. Erst 2001 begann die Erfolgsgeschichte, die von der Wolfsburg AG initiiert wurde und sich ziemlich flott zu einem ganz wichtigen Faktor für Volkswagen, Stadt und Region und natürlich auch für die immens wichtige Zuliefererbranche der Automobilhersteller entwickelte. Denn die IZB zeigt mit ihren Schwerpunktthemen Trends auf, stellt Länder und Märkte vor und ermuntert die Aussteller, mit ihren Weltneuheiten nach Wolfsburg zu kommen.

Thomas Krause, Vorstand des IZB-Veranstalters Wolfsburg AG, dachte nach der 10. Auflage der Messe keine Sekunde ans Durchschnaufen. Der Manager hat schon sehr präzise Vorstellungen, wie Wolfsburg AG, Volkswagen und die Stadt den Mehrwert dieser Leitmesse in bewegten Zeiten noch erhöhen könnten. „Ich erwarte, dass die digitale Mobilität 2020 sichtbar und erlebbar sein wird in der Kernstadt“, blickt Krause erwartungsvoll in die Zukunft. Schließlich sei es an der Zeit, dass im „Reallabor“ Wolfsburg all das zumindest ansatzweise erkennbar wird, was die Mobilität der Zukunft ausmachen soll. Ein bisschen klingt durch, dass das anspruchsvolle Schwerpunktthema der diesjährigen Messe (“Think Digital“) angesichts der Rasanz der Entwicklung in zwei Jahren schon überholt sein könnte. Die totale Vernetzung von Auto, Mensch und Infrastruktur im weitesten Sinne könnte dann Krause und Co. umtreiben. Zudem schickt Volkswagen 2020 seine vollelektrische Fahrzeugfamilie „I.D.“ auf die Straßen. Und die müssen dann irgendwann auch mal kompatibel sein mit den Plänen der Autobauer. „Die Mobilität ändert sich permanent. Wir brauchen deshalb digitale Straßen, Ampeln und Fußgängerwege“, scheint Krause leicht genervt zu sein vom Schneckentempo des Wandels in Deutschland. Dabei kann die Wolfsburg AG sich auch nach dem Ende der IZB 2018 erneut zufrieden zu Hände reiben. Die 10. Neuauflage hat den Status der Zulieferer-Leitmesse im Allerpark eindrucksvoll bestätigt. Stefan Schiller, Projektleiter Messen und Kongresse bei der Wolfsburg AG, bilanzierte gut 50 000 Besucher, 838 Aussteller aus 34 Nationen und 38 Weltpremieren. „Die Nachfrage der Aussteller war auch diesmal enorm. Wir haben 300 neue Aussteller hinzugewonnen. Das Konzept passt, und die Zufriedenheit der Aussteller ist wieder sehr hoch gewesen“, betont Schiller. Quantitativ gehe es kaum noch höher hinaus, wohl aber baulich.

Ausdehnen könne man sich im Allerpark nämlich nur noch in die Höhe, sagt Schiller. Und darüber denke man auch nach. Größenwachstum ist aber nicht das primäre Ziel der IZB-Macher. „Wir werden uns auch weiterhin ganz auf die Inhalte konzentrieren. Das ist unsere DNA, und das ist auch das Geheimnis unseres Erfolges“, betont Krause. Und deshalb hat man bei der Wolfsburg AG auch keine Angst vor Themen wie künstliche Intelligenz oder vollautonomes Fahren.

Bei aller Internationalität behaupten sich auch die Firmen aus der Automobilregion Wolfsburg-Braunschweig auf der IZB. Sie haben die Herausforderungen der neuen Zeit in Fahrzeugtechnik, Logistik und Produktion angenommen. So ist beispielsweise ein ortsansässiges Traditionsunternehmen wie die Schnellecke-Gruppe, das längst weltweit als Logistiker und Zulieferer tätig ist, selbst inzwischen dabei, autonom agierende Transportsysteme nicht nur zu erproben, sondern auch Steuerungssoftware zu entwickeln.

Ganz neue Geschäftsfelder entstehen auch entlang einer neu gedachten Mobilität. Fahrzeuggenerationen der Zukunft befinden sich auf der Straße im ständigen Austausch mit ihrer Umwelt. Das sagt Sascha Hummel, Geschäftsführer des in Braunschweig ansässigen Systementwicklers Nordsys. Hummel muss es wissen, denn mit seinem Unternehmen ist er nach eigenen Angaben führender Anbieter von V2X-Systemlösungen. Auf der Internationalen Zuliefererbörse präsentierte Nordsys sich und seine Entwicklungen rund um V2X in Halle 4. V steht für Vehicle, das X für irgendeinen Punkt in der Umwelt, mit dem das Fahrzeug kommuniziert. V2X wird die Kommunikation eines Autos mit anderen Fahrzeugen und dem Umfeld per Funk verändern.

Auf dem Weg zum vollvernetzten Straßenverkehr kommunizieren Fahrzeuge miteinander und tauschen Daten aus. Diese direkte Kommunikation liefert zusätzliche Informationen, was beispielsweise auf der Fahrbahn hinter einer Bergkuppe, in nicht einsehbaren Kreuzungen oder auf der Autobahn neben und hinter dem eigenen Auto passiert. Ein Beispiel: „Fährt ein Auto auf der Straße in einen Bereich mit Glatteis, sendet es Warnsignale an andere, hinter ihm fahrende Autos“, erzählte Hummel. Diese Technologie werde nach Auffassung des Geschäftsführers das autonome Fahren möglich machen. „V2X ist wie ein zusätzliches drittes Auge“, sagt der Nordsys-Chef. Der Verkehr fließe insgesamt gefahrenfreier, flüssiger und effizienter, weil Fahrzeuge vorausschauend und komfortabel mitschwimmen. Sein Unternehmen liefere die entsprechende Software für die Hardware. Mit der Software-Lösung könne der Entwicklungs- oder Versuchsingenieur mit wenigen Mausklicks komplexe infrastrukturbasierte V2X-Testsituationen definieren.

„Eine Besonderheit des Systems liegt darin, dass die frei definierbaren Szenarien an jedem Ort der Erde reproduzierbar und konform zu den regionsspezifischen Kommunikationsstandards ausgeführt werden können“, sagt Hummel. Mit seinem Unternehmen wolle er mittelfristig deutlich wachsen, sagte Hummel, nämlich von derzeit 40 auf 80 bis 90 Mitarbeiter. Auf dem amerikanischen und asiatischen Markt sei Nordsys bereits vertreten, konkret in Südkorea, China, Japan und in den Vereinigten Staaten. „Wir arbeiten von Braunschweig heraus in die ganze Welt“, betont Hummel.