Wolfsburg. Start-Ups, Laboratorien und IT-Spezialisten verändern die Arbeitskultur und das Miteinander bei Volkswagen grundlegend.

Die Zukunft von Volkswagen wird immer stärker dezen-
tral erdacht und auch in praxistaugliche Modelle umgesetzt. Allein das ist bereits ein deutliches Signal für den Kulturwandel beim traditionell hierarchisch strukturierten Global Player aus Wolfsburg.

Die sogenannten Laboratorien, in denen meistens kleine Teams an Umsetzungsformen für die Zukunftsthemen Digitalisierung, Elektromobilität, Autonomes Fahren und Künstlicher Intelligenz arbeiten, sind über Deutschland, Europa, ja die ganze Welt verstreut. Sie umkreisen, teilweise in gehöriger Entfernung, wie Satelliten den Heimatplaneten Wolfsburg. Zugleich aber verändern diese semi-autarken Teams die Arbeitskultur und die Jobprofile bei Volkswagen nachhaltig.

Am dichtesten dran an der Industriewirklichkeit des Jahres 2018 sind die Einrichtungen in Wolfsburg – beispielsweise das „Smart-Production-Lab“ in der Kästorfer IT-City. Die gut 40 Mitarbeiter beackern fünf Kernhandlungsfelder. Sie gehören zu jenen gesuchten Spezialisten, die intellektuell in einer Metaebene unterwegs sind, die noch anspruchsvoller ist als die auch nicht gerade anspruchslosen Führungstätigkeiten im herkömmlichen Automobilbau.

Die meisten der Labs sind miteinander vernetzt. So greifen die Wolfsburger Teams um Wolfgang Hackenberg und Jan Wirps unter anderem auf die Erkenntnisse der Kollegen vom Münchener Data-Lab von Volkswagen zurück. Die beschäftigen sich vorrangig mit künstlicher Intelligenz und maschinellem Lernen im Zusammenhang mit Unternehmensprozessen und Produktionsverfahren. Diese Arbeitsweise greift der erhofften künftigen Planungs- und Produktionsweise des Autobauers vor.

Von der Entwicklung bis zum Verkauf der Fahrzeuge soll alles digitalisiert werden. Daran lässt der Weltkonzern auf seiner Homepage keinen Zweifel: „Volkswagen ist dabei, sich von einem reinen Automobilkonzern in einen Anbieter intelligenter Mobilitätslösungen zu verwandeln. Dafür will das Unternehmen seine IT-Kompetenz weiter ausbauen und sich mit zusätzlichen IT-Experten verstärken. Volkswagen ist ein digitales Unternehmen, das moderne Informationstechnologie vorantreibt. Viele Prozesse in der Produktion, im Vertrieb, in der Verwaltung, in Forschung und Entwicklung laufen inzwischen digital oder mindestens mit digitaler Unterstützung ab. So hilft der Einsatz von Virtual Reality dabei, neue Fahrzeugmodelle schneller, effizienter und günstiger zu entwickeln. An den Produktionslinien arbeiten Roboter inzwischen Hand in Hand mit den menschlichen Kollegen. Software und Daten wandern in die digitale Cloud, künstliche Intelligenz unterstützt uns bei der Bereitstellung moderner mobiler Dienstleistungen.“

Folgerichtig entstehen bei diesen Prozessen ganz neue Berufsbilder, an die bei Volkswagen vor fünf Jahren noch niemand ernsthaft gedacht hat. Da gibt es Cloud Architects, VW-Developer, UX-Designer, Data-Scientists, Robotik-Experten und viele weitere Spezialisten für exotisch anmutende Felder wie Natural Language Processing. Dahinter stehen Personen wie Maria Niessen. Sie bringt im Münchener Data Lab Maschinen bei, menschliche Sprache zu verarbeiten. Zum Einsatz kommen ihre Ergebnisse etwa bei Assistenzsystemen in den Autos.

Doch zurück zur IT-City in Kästorf und dem dortigen Smart-Production-Lab. Dort arbeiten 40 IT-Spezialisten, darunter Programmierer, Software-Entwickler ebenso wie Ingenieure und Betriebswirtschaftler. Das Team wird weiter aufgestockt, denn der ganzheitliche Ansatz erfordert nicht nur immense Datenvolumen für die neuronalen Netzwerke, sondern auch personelle Ressourcen.

Und die sind nicht so leicht zu finden. „Angewandte künstliche Intelligenz, intelligente Robotik und das Internet der Dinge in der Produktion werden immer bedeutender. Deshalb gibt es das Smart Producition Lab. Hier verbinden wir IT-Know-how mit Ingenieurskompetenz. Und wir arbeiten eng mit den Fachbereichen und externen Technologiepartner zusammen“, erläutert Wolfsburg Hackenberg.

Der Kampf um die klugen Köpfe ist hart, denn sehr viele Unternehmen müssen die Transformation vorantreiben. Entsprechend aufwändig ist die Rekrutierung. Volkswagen nutzte die diesjährige Cebit, um sich als einer der Pioniere eines neuen Mobilitätsgedankens zu profilieren. Die Spezialisten von Volkswagen für Personalmarketing und Startup-Kooperationen sprachen dort gezielt IT-Nachwuchskräfte und Startups an.