Wolfsburg. Sveta Kundish singt bei der 1. Jüdischen Kulturwoche ausdrucksvoll die Geschichte einer Familie im Auf und Ab der Politik.

Ihr Sopran klingt hell und klar. Sie wechselt wirkungsvoll zwischen nachdenklich-traurigen und heiter-schwungvollen Melodien. Ihre Stimme zu hören, ist allein ein Genuss, die Sprachen werden unwichtig: Jiddisch, Russisch, Ukrainisch, Hebräisch, Italienisch und Deutsch. Patrick Farrell begleitet Sveta Kundish auf dem Akkordeon, geht intuitiv auf ihre Lieder ein und verstärkt so die musikalische Erzählung am Dienstagabend in der Liberalen Jüdischen Gemeinde, Seilerstraße 4. Dort eröffnet das Duo die erste Jüdische Kulturwoche.

Kundish und Farrell ziehen das Publikum rasch in ihren Bann, mit ihrer Musikalität, ihrem Gesang und Spiel, aber auch mit der Geschichte, die die junge Sopranistin erzählt, mit der sie jedem Lied eine geschichtliche Bedeutung gibt. In der Ukraine, damals Teil des zaristischen Russland, beginnt es. Ihr Urgroßvater ist Kantor in der Synagoge von Owrutsch – sie trägt ein gefühlvolles, von ihm geschriebenes Lied vor. 1917, infolge der Oktoberrevolution erhalten die Juden volle Bürgerrechte, dürfen aber ihre Religion nicht mehr ausüben. „In Gesellschaften haben wir unsere Feiertage begangen“, erläutert sie in Wort und Lied. Oft in Tonaufnahmen, ergänzt durch alte, aussagekräftige Fotografien. Beides fand ihre 1995, nach dem Zerfall der Sowjetunion, nach Israel ausgewanderte Familie. Kundish spielt sie ab, nimmt mitunter den Gesang auf, Farrell die Melodien. So erzählen sie musizierend vom Krieg gegen Nazi-Deutschland, dem „Wiederbeginn des jüdischen Lebens mit neu eröffneten Synagogen“ in der postsowjetischen Ukraine. Sie spiegeln Alltagsleben, Nachbarschaft, Familienleben wider, immer wieder diese Liebe zur Musik, des Urgroßvaters, ihres Großvaters, ihrer Mutter. Und ihre Ausbildung in Tel Aviv, Wien und Potsdam, wo sie 2017 auch Kantorin wurde.