Der Gesang ist verklungen, die Erinnerung bleibt. Aber das kann es nicht gewesen sein. Wir brauchen mehr.

Nun ist es also 30 Jahre her, dass in Berlin die Mauer fiel und auch im Landkreis Wolfenbüttel sich die ehemalige innerdeutsche Grenze öffnete. Redakteure unserer Redaktion waren bei der Grenzöffnung zwischen Hessen und Mattierzoll dabei und sie dokumentierten auch die Ereignisse zwischen den beiden seit 400 Jahren miteinander verbundenen Schwesterstädten Osterwieck und Hornburg. Über Unterrichtsstunden zum Thema „Mauerfall“ in Schulen und über zahlreiche Gedenkfeiern anlässlich der Grenzöffnung hat unsere Redaktion in den vergangenen Wochen berichtet. Im Diakonie-Kolleg widmete sich eine Klasse mit ihrer Lehrerin Katharina Gudladt ausführlich dem Thema „DDR und Mauerfall“. Der Landkreis Wolfenbüttel hatte zu einer großen und großartigen Feierstunde in das Lessingtheater eingeladen. Bei Mattierzoll fand eine Gedenkfeier mit Zeitzeugen statt. Der ehemalige Bundesaußenminister Sigmar Gabriel sprach davon, dass wir alle mehr Respekt vor der Lebensleistung der Menschen haben sollten, die damals jenseits des eisernen Vorhangs gewohnt und die friedliche Revolution in Gang gesetzt hätten.

Der Pfarrer Stephan Werther schlug in seiner Predigt, die Wolfenbüttels damaliger Landrat Ernst-Henning Jahn als „prächtig und wirklichkeitsnah“ bezeichnete, kritische Töne an: In den vergangenen 30 Jahren habe man sich viel zu viel um Strukturen und Infrastrukturen und zu wenig um die Menschen gekümmert. Stimmt! Wenige Tage später lud Landtagsvizepräsident Frank Oesterhelweg um Punkt 6 Uhr zu einem Gedenken bei Willeckes Lust ein. Er erinnerte an all die Menschen, die ihr Leben aufs Spiel gesetzt hatten, um in die Freiheit zu gelangen – und viele verloren es dabei sogar. Wir alle sind in diesen Tagen noch einmal in den Freudentaumel von damals eingetaucht. Ich selbst habe immer noch den Gesang in der Weinschänke in Hessen in den Ohren, als sich die Menschen aus Ost und West in den Armen lagen und ihr Glück kaum fassen konnten: „So ein Tag, so wunderschön wie heute...“. Der Gesang ist verklungen, die Erinnerung bleibt.