Wolfenbüttel. Georg Ruppelt erzählt jede Woche Geschichte und Geschichten aus Stadt und Kreis. Diesmal blickt er zurück ins frühe 20. Jahrhundert.

Die Welt
Anfang des Jahres bricht ein Krieg zwischen Russland und Japan aus. Die Japaner greifen erfolgreich den russischen Kriegshafen Port Arthur mit Schnellbooten an. – Frankreich und Großbritannien schließen die „Entente cordiale“. – In den Kolonien des Deutschen Reiches in Afrika erheben sich Herero und Hottentotten gegen die Kolonialherren. – Der Bau des Panamakanals beginnt. Ein Jahr zuvor hatte sich Panama als selbständiger Staat von Kolumbien losgelöst und den USA den für den Kanal benötigten Landstreifen verpachtet. – Die USA leiden an einer Wirtschaftskrise. – Sun Yat-sen gründet in China eine Nationalpartei, die Kuo-min-tang, und fordert soziale Reformen und eine demokratische Verfassung. – Die Transsibirische Eisenbahn wird fertiggestellt. – Der russische Pathologe Iwan Petrowitsch Pawlow schafft mit seinen Versuchen an Hunden die Grundlagen der Theorie der bedingten Reflexe. – Die Flüssigkristalle werden entdeckt. – In Paris wird die Fifa (Fédération Internationale de Football Association) gegründet. – In London wird der Weltbund für Frauenstimmrecht gegründet. – Durch die Erfindung des Offsetverfahrens wird die Massendrucktechnik revolutioniert. – Kaiser Wilhelm II. bespricht eine „Edison-Walze“ mit seinen Ansichten zum vorbildlichen Verhalten eines Deutschen und schafft das erste bis heute erhaltene politische Tondokument der Welt (seit 1992 Unesco-Weltdokumentenerbe).

Aviso-Autor Georg Ruppelt.
Aviso-Autor Georg Ruppelt. © Privat

Wolfenbüttel
Heinrich Büssing, der ein Jahr zuvor eine Fabrik für Lastwagen und Omnibusse in Braunschweig gegründet hat, richtet zwischen Braunschweig und Wendeburg die erste fahrplanmäßige Omnibuslinie der Welt ein. – In Helmstedt wird die Überlandzentrale für die Verstromung von Braunkohle gegründet.

Als Ersatz für den Stadtrat Max Ehrhardt, der Wolfenbüttel verlässt, wird von Magistrat und Stadtverordneten-Versammlung der Verleger Julius Zwißler gewählt. – In die Stadtverordneten-Versammlung werden gewählt: Kaufmann Otto Dreyer, Notar Georg Steigerthal, Dr. Franz Meyer, Kaufmann Carl Schünemann, Rechtsanwalt Paul Eyferth und Wilhelm Gerloff. – Da Theateraufführungen im baufälligen Schlosstheater untersagt worden sind, spenden Wolfenbütteler 45.000 Mark für einen Theaterneubau, nachdem die Landesversammlung 75.000 Mark Zuschuss zugesagt hat. – Mädchen und Frauen dürfen kostenlos die städtische Badeanstalt nutzen, und zwar dienstags und freitags von 16 bis 19 Uhr. – Das 1894 eröffnete Heimatmuseum zieht mit über 1000 Ausstellungsstücken vom Lessinghaus zum Schloss um und wird 1905 städtisches Eigentum. – Am 14. September wird das von Bildhauer Georg Meyer aus Steglitz geschaffene Herzog-August-Denkmal auf dem Stadtmarkt enthüllt. Der Apotheker Ferdinand Gerhard hatte mit einer Spende von 1500 Mark die Basis für die Finanzierung gelegt. Sammlungen des Verschönerungsvereins erbringen in der sechsjährigen Folgezeit 12.000 Mark. – Der Oberbibliothekar der Herzoglichen Bibliothek, Otto von Heinemann (geb. 1824), stirbt. Sein Nachfolger wird Gustav Milchsack (1850-1919).

Georg Ruppelt war stellvertretender Direktor der Herzog-August-Bibliothek und Direktor der Gottfried-Wilhelm-Leibniz-Bibliothek.