Wolfenbüttel. Das Gastspiel des Nordharzer Städtebundtheaters macht fröhlich, gibt den Besuchern aber auch eine Lindgrensche Lektion in Lebensklugheit.

„Ach, von diesen Räubern brauchte es ein paar mehr in Deutschland“, so mag mancher kleine und große Zuschauer beim Gastspiel des Nordharzer Städtebundtheaters aufgeseufzt haben. Beim Kultursommer im Schlossinnenhof waren die Abenteuer von „Ronja Räubertochter“ aus der Feder von Astrid Lindgren zu bestaunen. Ein farbenprächtiges Spektakel mit zwei Räuberfamilien und jeder Menge skurriler Charaktere.

In einer Gewitternacht geboren

Im Mittelpunkt die in einer Gewitternacht geborene Ronja, Liebling ihrer Mutter Lovis und ihres Mannes, dem schrecklichen Räuberchef Mattis. Der aber ist unter seiner rauen Räuberhaut eigentlich ein Guter, auch wenn er sich anfangs mit seinem Gepoltere selbst im Wege steht.

Ruhender Pol ist die lebenskluge Mutter Lovis, die alles kann. Gemüter beruhigen. Schlaflieder singen. Den ehelichen Wüterich auf Normalmaß zurechtstutzen.

Graugnomen, Grausedruden und putzige Rumpelwichte

Und dann gibt es neben den liebenswert komischen Bandenmitgliedern die mutige und furchtlose Ronja. Im geheimnisvollen Mattiswald lernt sie die hinterhältigen Graugnomen, Grausedruden und putzigen Rumpelwichte kennen. Vor allem aber den jungen Birk von der feindlich gesinnten Räuberkonkurrenz der Borkasippe. Durch gemeinsam bestandene Abenteuer, so einer eisigen Winternacht, in der wahrhaftig die Schneeflocken über die Köpfe des entzückten Publikums hinwirbelten, werden sie Freunde, ja, sogar zu Bruder und Schwester. Das nun wieder eröffnet den nächsten Konflikt zwischen den verfeindeten Familien. Starrsinn gegen Kompromissfähigkeit. Vorurteile gegen Vernunft.

Mit viel Liebe zum Detail

Ein hochaktuelles Konfliktfeld. Hier wird der literarische Rang Astrid Lindgrens deutlich, die über ein märchenhaft und kindgerecht abgehandeltes Thema hinaus ihren Lesern eine Lektion in Lebensklugheit in Herzen und Hirne pflanzt. Denn die dramatische, mit viel Liebe zum Detail ausgeschmückte Bühnenhandlung hat Parallelen zum wirklichen Leben. Die Freundschaft der Kinder heizt die Wut der verfeindeten Väter an und richtet sich tragischerweise am Ende gegen die geliebten Kinder. Ein pädagogisch erhobener Zeigefinger wird niemals spürbar. Und doch werden die jungen Fans, Eltern, Omas und Opas, unmerklich für die wahren Werte einer humanen Gesellschaft sensibilisiert. Das geht nur mit inspirierten Theatermenschen, denen man die Lust am Spiel abnimmt und mit einer Inszenierung, die unterhält und nicht belehrt.

Langer Beifall des vergnügten Publikums

Zum guten Schluss das ersehnte glückliche Ende. Nicht das Gegeneinander gewinnt, sondern das kluge, von Einsicht und Menschenliebe geleitete Kalkül. Gemeinsam ist man stark, kann dem bösen Landrat Paroli bieten. Eine bunte, lebendige Inszenierung mit vielen schönen Einfällen und einer zu Herzen gehenden Botschaft. Langer Beifall des vergnügten Publikums für ein schönes Theatererlebnis.