Wolfenbüttel. Sigrid Schaper blickt auf eine bewegende Geschichte der Stadtbücherei zurück und gibt einige Lese-Tipps.

Seit 1979 hat Sigrid Schaper die Stadtbücherei geleitet. Am Montag ist der letzte Arbeitstag für die Bibliothekarin, die im Gespräch mit unserer Zeitung auf die enorme Entwicklung der Stadtbücherei einging und zudem auch einige Lese-Tipps gab.

Wenn man sich als Leiterin der Stadtbücherei Wolfenbüttel mehr als 40 Jahre lang jeden Tag mit Büchern beschäftigt hat, hat man dann noch Lust, abends oder am Wochenende zu lesen?

Ja natürlich. Ich setze mich in meinen Lesesessel mit Blick in den Garten und genieße die Ruhe nach dem Sturm. Das Wochenende gehört dann der Familie.

Welche Bedeutung hat für Sie das Lesen?

Gemäß den Slogans der Stadtbücherei: Lesen beflügelt; Lesen fesselt; Lesen verwundert; Lesen verzaubert; Lesen verführt; Lesen berührt und außerdem: Lesen bildet.

Verraten Sie uns Ihr Lieblingsbuch!

Zu einem meiner Lieblingsbücher gehört „Mein 24. Dezember: eine seltsame Geschichte“ von Achim Bröger, dass aus Sicht des Hundes Flocki die Weihnachtsvorbereitungen seiner Familie beschreibt.

Lesen Sie auch E-Books?

Ja. Aus der Auswahl der Onleihe habe ich mir zum Beispiel den historischen Berliner Kriminalroman von Horst Bosetzky heruntergeladen.

Sie waren auch immer für die Auswahl der neuen Medien in der Bücherei zuständig. War das ihre liebste Tätigkeit als Büchereileiterin? Und war der Anschaffungsetat, den die Stadt zur Verfügung gestellt hat, aus Ihrer Sicht stets ausreichend?

Die Bestellungen von neuen Medien ist eine der interessantesten und schönstenAufgaben für unser ganzes Team und macht natürlich Freude. Mit dem jährlich zur Verfügung stehenden Etat konnte der Bestand kontinuierlich erweitert und erneuert werden.

Sigrid Schaper vor ihrer Wirkungsstätte: der Stadtbücherei im Kulturbahnhof.
Sigrid Schaper vor ihrer Wirkungsstätte: der Stadtbücherei im Kulturbahnhof. © Karl-Ernst Hueske

Lassen Sie uns auf die Anfangszeit ihrer Tätigkeit in Wolfenbüttel zurückblicken. Wie präsentierte sich 1979 die Stadtbücherei?

Es begann sehr bescheiden: Drei Mitarbeiterinnen arbeiteten analog mit dem Zettelkatalog in beengten Räumlichkeiten eines ehemaligen Bankgebäudes. Es war spartanisch, aber der Kontakt mit den Lesern war eng und persönlich. Man kannte jeden mit Namen.

Im Laufe der Jahrzehnte hat es bei der Stadtbücherei einige Veränderungen gegeben. Welche waren die prägendsten?

Die prägendsten Veränderungen der Stadtbücherei waren der Anbau an die Kommißstraße in Richtung Stadtmarkt, der Neubau im Bahnhof Wolfenbüttel, die Schaffung eines Corporate Designs in der Farbe Magentad, ein neues Konzept als Grundlage für die Fortentwicklung der Stadtbücherei, die Aufstellung einer Medienrückgabebox vor der Bücherei.

Der Umzug von der Kommisse in den Kulturbahnhof war sicherlich ein besonderer Schritt.

Der Kulturbahnhof mit seinem großzügigen Platzangebot, neuen Mobiliar und einer guten technischen Ausrüstung war ein Quantensprung, der durch seine zentrale Lage die Nutzerfrequenz erhöht hat.

Das Leseverhalten hat sich im Laufe der Jahre geändert. Wie hat die Stadtbücherei darauf reagiert?

Durch die Einführung neuer Medien, zum Beispiel DVDs oder Tonies-Hörfiguren, aber auch durch neue Angebote wie zum Beispiel Onleihe, freies WLAN, Lesecafé, Dschungelkinderecke, Bilderbuchkino, Kamishibai, Eltern-Kind-Treff, Entwicklung zum kulturellen Treffpunkt durch Ausstellungen, Vorträge und Lesungen.

Und wie hat die Bücherei auf den enormen digitalen Fortschritt reagiert?

Mit dem neuen Konzept sind die Weichen in das digitale Zeitalter endgültiggestellt. Das betrifft insbesondere die Onleihe, die eine Nutzung rundum die Uhr von Zuhause aus gewährleistet. Außerdem ist neuerdings die Selbstverbuchung durch den Nutzer eingeführt, was Personal entlastet für neue Aktivitäten.

Die Stadtbücherei war auch stets ein Ort für Veranstaltungen. Welche sind Ihnen besonders in Erinnerung geblieben? Welche Autoren haben Sie bei ihren Lesungen besonders beeindruckt?

Besonders in Erinnerung geblieben sind mir die Autoren: Martin Walker, Helmut Karasek, Klaus-Peter Wolf und Ulf Dorn. Bereichernd und anregend waren alle Autorinnen und Autoren, die durch Musik, Zeichnungen und schauspielerische Einlagen ihre Vorträge aufgelockert haben und dadurch einen unvergesslichen Eindruck hinterlassen haben.

Seit 25 Jahren unterstützt die Stadtbücherei auch ein Freundeskreis. Welche Bedeutung hat der Freundeskreis für die Stadtbücherei?

Was wären wir ohne den Freundeskreis, der uns seit seinem Bestehen immer wieder durch namhafte Zuwendungen und wiederkehrendes Engagementgefördert und zu Seite gestanden hat. Insbesondere die Buchflohmärkte, Leseclubs, Veranstaltungen und die Kinder- und Jugendbuchwoche sowie die allgemeine Leseförderung der Kinder sind besondere Verdienste des Freundeskreises der Stadtbücherei, für die wir außerordentlich dankbar sind.

Zum Schluss: Geben Sie unseren Lesern noch drei Lesetipps für diese Corona- und Vorweihnachtszeit.

Gerne, meine Lesetipps sind: Hanns Josef Ortheil: Die Berlinreise; Susanne Goga-Klinkenberg: Leo Berlin; Gisa Klönne: Das Lied der Stare nach dem Frost.