Wolfenbüttel. Hubschrauber der Luftrettung eilen in Notfällen an die entlegensten Orte. Bei aller Routine muss die Besatzung dabei oft improvisieren.

Einen ersten Flug haben die Retter an diesem Morgen schon hinter sich – mehr als den Tod eines Patienten festzustellen, blieb ihnen dabei aber nicht übrig. Für die Besatzung von „Christoph 30“ in der ADAC-Luftrettungsstation Wolfenbüttel gehören solche Einsätze zum Alltag. „Wir sind meist zügiger vor Ort und können nahezu überall landen“, beschreibt Stationsleiter Christian Schälicke die zentralen Vorteile der Luftrettung.

Nach der Landung neben dem Klinikum in Wolfenbüttel macht sich das dreiköpfige Team bestehend aus einem Piloten, einem Notarzt und einem Sanitäter schnell wieder bereit. Jederzeit kann die Leitstelle sie wieder zum Einsatz rufen. In Niedersachsen war das im Jahr 2019 insgesamt etwa 8100 Mal der Fall, wie das Innenministerium auf Anfrage mitteilt. Im Jahr davor waren es mit rund 8300 Einsätzen etwas mehr. Die Kosten der Luftrettung betrugen laut Ministerium für 2019 etwa 23,1 Millionen Euro und wurden durch die Krankenkassen getragen.

Helikopter kommen für 2019 auf fast 300.000 Flugminuten

Aktuell sind im Land fünf Rettungshubschrauber an Standorten in Hannover, Göttingen, Uelzen, Sande und Wolfenbüttel stationiert. Im Auftrag des Landes werden diese vom ADAC, der Deutschen Rettungsflugwacht und von der Johanniter-Unfall-Hilfe in Zusammenarbeit mit der Bundespolizei betrieben. Am Flughafen Hannover-Langenhagen steht dazu ein Intensivtransporthubschrauber (ITH) bereit, mit dem schonende und schnelle Verlegungen von Patienten zwischen zwei Einrichtungen möglich sind. Zusammen kommen die Helikopter laut der Bilanz für 2019 auf fast 300 000 Flugminuten.

Notfallsanitäter Martin Losse (l) und Notarzt Tobias Jüttner beim Transport eines Patienten im Rettungshelikopter Christoph 30 der ADAC Luftrettung.
Notfallsanitäter Martin Losse (l) und Notarzt Tobias Jüttner beim Transport eines Patienten im Rettungshelikopter Christoph 30 der ADAC Luftrettung. © dpa | Lucas Bäuml

Eine Verbrennung nennt Notarzt Tobias Jüttner als einen klassischen Fall für die Luftretter. Die Patienten müssten dabei oft schnell zu Spezialisten geflogen werden. So benötige „Christoph 30“ für einen Flug zur Medizinischen Hochschule (MHH) in Hannover weniger als eine Viertelstunde. Göttingen erreicht der Helikopter in etwa 20 Minuten, nach Hamburg dauert es ungefähr 40 Minuten, wie Jüttner sagt. Vergleichsweise häufig ist das Team ihm zufolge im Harz und in der Grenzregion zu Sachsen-Anhalt im Einsatz. „Das liegt aber nicht daran, dass es dort weniger Notärzte gibt“, erklärt Jüttner. Der Flug sei oft einfach schneller, als eine Anfahrt im Rettungswagen durchs Mittelgebirge.

Viele Einsätze in der Motorradsaison

Mit Einsätzen im Harz rechnet die Besatzung auch in den kommenden Monaten wieder verstärkt. „In der Motorradsaison müssen wir leider regelmäßig dorthin“, begründet Pilot Schälicke die Häufung. Bei schönem Wetter an einem Wochenendtag müsste die Crew fast sicher mit einem Einsatz dort oben rechnen.

Da die Hubschrauber fast ausschließlich bei Tageslicht im Sichtflug fliegen, häufen sich die Flüge im Sommer im Vergleich zu den Wintermonaten. Die Einsatzbereitschaft der Station in Wolfenbüttel beginnt daher auch bei Sonnenaufgang oder frühestens um 7 Uhr und endet zum Untergang der Sonne wieder.

Piloten, Ärzte und Sanitäter besonders geschult

Wenn nötig, sind die Maschinen laut ADAC innerhalb von zwei Minuten startklar. Der Einsatzradius beträgt in der Regel 50 bis 70 Kilometer. Oft eilen die Retter in die entlegensten Orte – auf Inseln, in Bergtäler oder zu blockierten Autobahnen – und sorgen dort für Aufsehen.

Aus ihrer Sicht sind für den Job aber vor allem Erfahrung und Routine nötig. Alle Piloten, Ärzte und Sanitäter seien besonders geschult und würden ständig fortgebildet. „Für jeden Schritt brauchen wir einen kühlen Kopf, um eine gute Teamentscheidung zu treffen“, sagt Stationsleiter Schälicke.

Am Landeplatz vom Harzklinikum Werningerode bringt die Besatzung von dem Rettungshelikopter Christoph 30 einen Patienten in den Hubschrauber.
Am Landeplatz vom Harzklinikum Werningerode bringt die Besatzung von dem Rettungshelikopter Christoph 30 einen Patienten in den Hubschrauber. © dpa | Lucas Bäuml

„Wir wissen nie genau was kommt und müssen auch oft improvisieren“, erzählt Notarzt Jüttner. So hängen die Einsatzmöglichkeiten oft einfach auch vom Wetter ab.

Hubschrauber „Christoph“ benannt nach Schutzpatron der Reisenden

Für die Besatzungen von „Christoph 30“ gilt das seit dem Jahr 1983, in dem der Hubschrauber in den Dienst gestellt wurde. Die Luftrettung des ADAC feiert in diesem Jahr 50-jähriges Bestehen, im November 1970 nahm in München „Christoph 1“ den Dienst auf. Bundesweit gibt es aktuell mehr als 80 Luftrettungsstandorte, an denen die Hubschrauber alle den Namen „Christoph“ tragen, laut ADAC benannt nach dem Schutzpatron der Reisenden. dpa