Der Namensänderungsbeschluss scheiterte am Veto des welfischen Gesamthauses Braunschweig-Lüneburg.

Im jüngsten Aviso hatten wir berichtet, dass die SPD 1928 im Landtag des Freistaates Braunschweig einen Antrag auf Umbenennung der Wolfenbütteler in Lessingbibliothek gestellt hatte. Dagegen wandte sich Gerhardt Marquordt von der Deutschen Volkspartei. Eine Ehrung für Lessing sei selbstverständlich ein ungemein sympathischer Gedanke. Wenn man sich aber frage, was der zu Ehrende selbst dazu sagen würde, so werde man zu dem Ergebnis kommen, dass er keinen besonderen Wert darauf legen würde, dass sein Name mit der Bibliothek in Wolfenbüttel verbunden werde, denn er würde sich dessen bewusst sein, dass seine Verdienste um diese Bibliothek keine überragenden gewesen seien.

Dann sprach Heinz Mollenhauer (Deutschnationale Volkspartei): „Ich muß mich nur gegen ein Wort des Herrn Antragstellers wenden, der meinte, mit dem Aufhören der Lessingfeier wäre das Andenken an den Dichter erloschen. Das halte ich für ausgeschlossen. Denn wir lesen Lessing nicht nur zum Zwecke dieser Feier, sondern wir lesen Lessing, weil er eben ein großer Dichter ist. Meine Damen und Herren, die eigentliche Bedeutung Lessings liegt zweifellos nicht in seiner Tätigkeit als Bibliothekar, sondern in seiner Bedeutung als Dichter, und weil er ein großer Dichter ist, bedarf es im Grunde einer äußerlichen Ehrung überhaupt nicht mehr.“ Er glaube auch, so Mollenhauer, dass selbst ein Sozialdemokrat nichts dagegen haben könne, wenn man das Verdienst eines Herzogs würdige, der wirklich ein ausgesprochener Intellektueller gewesen sei.