Soziale Projekte sind der Kitt unserer Gesellschaft. Daher gilt es, gerade junge Menschen für das Ehrenamt zu gewinnen.

Etwa 31 Millionen Menschen in Deutschland engagieren sich ehrenamtlich. Das ist das Ergebnis des vierten Freiwilligensurveys, der 2014 erhoben wurde. Der Freiwilligensurvey ist die größte aktuelle Untersuchung zur Zivilgesellschaft und zum freiwilligen Engagement in Deutschland. Er wird vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend in Auftrag gegeben und seit 1999 alle fünf Jahre zur Verfügung gestellt. Die Auswertung ergab zudem, dass die meisten freiwilligen Aufgaben Bürger zwischen 14 und 49 Jahren übernehmen – insgesamt rund 47 Prozent.

Ob Rettungssanitäter, Jugendfußballtrainer, Begleiter von Menschen mit Behinderung oder Freiwillige Feuerwehrleute – in der Region Braunschweig-Wolfsburg hat das Ehrenamt viele Facetten. Die Beweggründe der Ehrenamtlichen sind ebenso vielschichtig. Viele wollen mit ihrem persönlichen Engagement Verantwortung für andere Menschen übernehmen. Sie wollen die Umwelt schützen, Zukunft gestalten, oder eine bessere, lebenswertere Gesellschaft verwirklichen.

Über das Ehrenamt etwas an die Gesellschaft zurückgeben

Wie dieses ehrenamtliche Engagement wachsen kann, zeigt die pensionierte Lehrerin Maria Lotze. Sie bietet bei der Caritas in Peine eine Deutschförderung und Hausaufgabenhilfe für Kinder- und Jugendliche an. Die Caritas, den Wohlfahrtsverband der katholischen Kirche, kennt sie schon aus ihrer Kindheit. „Ich habe mehrere Geschwister und bin in einer großen Familie aufgewachsen. Die Caritas hat unsere Schulferien bunter gemacht – es war toll, dass es dieses Angebot gab und meine Geschwister und ich es nutzen konnten.“

Die Verbindung zur Caritas pflegte Maria Lotze über viele Jahre. Sie wurde Sportlehrerin, blieb in der Region und hat sich schon früh mit der Frage befasst: Was kommt nach dem Arbeitsleben? „Ich habe meine Verbindungen zur Caritas nie vergessen und wusste, wenn ich in Rente gehe, dann kann ich dort etwas zurückgeben.“ Diese Aufgabe erfüllt die pensionierte Lehrerin seit 2008 nicht nur mit Freude, sondern fordert sie auch richtig. „Eines der ersten Mädchen mit Migrationshintergrund, die zu mir zur Deutschförderung kam, durfte ich von der ersten Klasse bis zum Abitur begleiten.“ Teilweise sind die Aufgaben, die dort auf Maria Lotze zukommen, sehr anspruchsvoll. Sie muss ihr Schulwissen reaktivieren und sich selbst in Themen wie die Französische Revolution einarbeiten, um ihren Schülern helfen zu können.

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„Bei der Arbeit stelle ich immer wieder fest, dass ehrenamtliches Engagement ein Geben und Nehmen ist“, berichtet sie aus ihrer langjährigen Erfahrung. „Ich lerne viel von den Mädchen und Jungen, werde richtig gefordert und freue mich sehr darüber, ihre Erfolge miterleben zu dürfen.“

Dass Ehrenamt aber auch etwas mit prägenden Ereignissen zu tun haben kann, zeigt Kevin Knopke. Er ist für die Freiwillige Feuerwehr Helmstedt im Einsatz und hat einen ganz besonderen Antrieb: „Mich begeistert nicht nur die Technik, sondern auch die Kameradschaft, die man so nur bei uns, bei der Feuerwehr finden kann.“ Besonders prägende Ereignisse wie Hausbrände oder Unfälle mit Verletzten oder gar Todesopfern können im Ehrenamt auch eine große Rolle spielen und werden laut Knopke gerade bei der Freiwilligen Feuerwehr in der Gemeinschaft verarbeitet.

Besondere Helfer sollten besonders gewürdigt werden

Egal, ob bei der Feuerwehr, der Lebenshilfe, der DLRG oder dem DRK – alle Ehrenamtlichen in der Region Braunschweig-Wolfsburg haben eines gemeinsam: Sie bereichern unsere Gesellschaft. Auf ehrenamtliche Arbeit kann unser Gemeinwesen nicht mehr verzichten. Die freiwilligen Helfer sind besondere Vorbilder, die in der Region besonders gewürdigt werden.

Ein Beispiel für diese Würdigung des Ehrenamts ist der Sozialtransferpreis der Industrie- und Handelskammer (IHK) Braunschweig. Denn in der Wirtschaft gibt es ebenfalls vielseitiges soziales Engagement, gerade auch in kleinen und mittelständischen Unternehmen. Mit der Verleihung des Sozialtransferpreises würden Kooperationsprojekte von Unternehmen und sozialen Einrichtungen ausgezeichnet und Unternehmer dazu angeregt, Gutes zu tun und darüber zu reden, teilt die IHK Braunschweig mit.

Der Sozialtransferpreis wurde in der Amtszeit des ehemaligen IHK-Präsidenten Wolf-Michael Schmid und des damaligen Vizepräsidenten Harald Tenzer ins Leben gerufen. In diesem Jahr wurde das zehnjährige Bestehen des Preises gefeiert. Zum zehnten Mal hat die neunköpfige Jury unter dem Vorsitz des Ideengebers Tenzer den Preis bereits vergeben.

Neben dem ehrenamtlichen Engagement der Jury-Mitglieder ist es auch das Engagement zahlreicher Sponsoren, welche die Verleihung dieser Auszeichnung erst möglich machen, heißt es auf Nachfrage. „Soziales Engagement ist gerade in der heutigen Zeit wichtig für unsere Gesellschaft. Die Zahl an Bewerbungen für diese Auszeichnung unterstreicht das zunehmende Engagement der Unternehmen für die soziale Sache in unserer Region. Ich freue mich sehr, dass damit aus der vor über zehn Jahren entstandenen Idee ein angesehener und bedeutender Preis hervorgegangen ist, der mittlerweile auch anderenorts Umsetzung findet“, sagt Florian Löbermann, Hauptgeschäftsführer der IHK Braunschweig.

Ein Preis von Bürgern für Bürger in der Region Braunschweig-Wolfsburg

Neben dem Sozialtransferpreis ist ein weiterer Preis fester Bestandteil der Würdigung des ehrenamtlichen Engagements in der Region Braunschweig-Wolfsburg: der Gemeinsam-Preis der Braunschweiger Zeitung und des Braunschweiger Doms. Dieser Preis ist aus der Mitte der Redaktion entstanden: Nach dem Gewinn eines Journalistenpreises für eine Serie über ehrenamtliche Arbeit stiftete die Redaktion das Preisgeld – und gab damit den Anstoß für den Gemeinsam-Preis. Seit nunmehr 16 Jahren ermöglicht es die Zeitung auf diesem Wege ihren Leserinnen und Lesern, besondere Initiativen zu unterstützen. Ausgezeichnet werden dabei die Plätze eins bis drei, die von den Lesern gewählt werden sowie der Unternehmer-Preis „Rückenwind“, der Sonderpreis der Jury und der Jugendpreis des Braunschweiger Doms.

Den Jugendpreis gewann 2019 Leon Bischoff. Er ist nicht nur Vorsitzender des Stadtjugendrings Wolfenbüttel, sondern auch ein Motor und Multiplikator. Sein Ziel: Er will Jugendliche dafür gewinnen, sich ehrenamtlich und gesellschaftlich einzubringen. „Ich habe in den letzten Jahren oft den Satz ,Das Ehrenamt ist der Kitt der Gesellschaft’ gehört.“ Genau dieser Satz sei für viele Menschen auch tatsächlich der Beweggrund, sich ehrenamtlich zu engagieren. So könne man Menschen zusammenbringen, erklärt Bischoff weiter.

In Zeiten, in denen unsere Gesellschaft über die Auswirkungen von Einsamkeit und Vereinsamung diskutiere, könne das Ehrenamt einen wichtigen Beitrag leisten, dass Menschen mehr aufeinander zugehen. Zudem seien Ehrenamtliche möglicherweise für die Lösung mancher gesellschaftlicher Themen unentbehrlich. „Deshalb ist es nicht nur wichtig, auf das Engagement der Ehrenamtlichen aufmerksam zumachen, sondern dieses auch entsprechend zu würdigen“, betont Bischoff.

Begeisterung für das Ehrenamt bei jungen Menschen wecken

Und nicht nur der junge Preisträger aus Wolfenbüttel verfolgt das Ziel, das Ehrenamt weiter auszubauen. Damit auch die junge Generation erkennt, was Ehrenamt leisten kann, führt das BZV Medienhaus Auszubildende unter dem Motto „Seid ein Geschenk für die Region“ an ehrenamtliche Arbeit heran. Die jungen Leute sind Teilnehmer des medienpädagogischen Projektes „Zukunft Bilden“, das sich an Auszubildende richtet. Unterstützt wird dieses Projekt dabei maßgeblich durch die Braunschweiger Bürgerstiftung – aber auch durch viele Betriebe aus der gesamten Region, die ihre Azubis für diese Projekte freistellen.

Wie viel dies bewirken kann, hat sich in den vergangenen Jahren bereits gezeigt. Sophie Neumann, Auszubildende bei MAN in Salzgitter, berichtete etwa: „Es war bei unserer Naturschutzaktion im Landesbildungszentrum für Hörgeschädigte einfach so toll zu sehen, wie sich Menschen über diese kleine Unterstützung freuen, dass ich mich auf jeden Fall weiterhin engagieren möchte.“