Wolfenbüttel. Bei den Wolfenbütteler Gesprächen befragt im Lessingtheater Paul-Josef Raue den ehemaligen Vizekanzler.

Der Mann scheint in sich selbst zu ruhen. Sigmar Gabriel. Abgestürzt aus den höchsten politischen Ämtern ist ihm lediglich das Bundestagsmandat für den Wahlkreis Salzgitter-Wolfenbüttel geblieben. Jetzt stellte er sich den Fragen von Paul-Josef Raue beim Wolfenbütteler Dialogs. Seine Anziehungskraft ist ungebrochen. Das Lessingtheater platzte aus allen Nähten. Fehlt ihm die Macht, fragt Raue. „Nein, eher das Gestalten.“ Kommunalarbeit sei immer das Schönste für ihn gewesen. Arbeit mit und für die Menschen. Die direkte Erfolgskontrolle durch den Bürger. Wie damals, als er in Goslar Obdachlosen eine Perspektive gegeben habe. Den kleinen Leuten fühlte er sich immer verpflichtet. Auch er komme aus dem Milieu. Eltern geschieden. Auf Umwegen zum Abitur. Durchgebissen habe er sich.

Sein Traumjob? Bürgermeister von Goslar. Man zweifelt. Ist das der ehrgeizige Bundespolitiker? Oder nur Fassade? Polarisierend war er. Raubauzig bis zur Selbstbeschädigung. Und jetzt ein selbstzufriedener Ruheständler? „Niederlagen“, sagt er wiederum eine Spur zu distanziert, „machen gelassener.“ Das Leben gehe weiter. Und dann doch Einblicke: „Oben wird die Luft dünner.“ Er sei kein guter Netzwerker gewesen. Keine Basis bei den Jungsozialisten. Machtspielchen? Ja, die gebe es. Aber immer nur von den eigenen Leuten. Und nur in den obersten Etagen. Wie ein Hochseilakt. Oben werde man gestupst, unten die Matte eingerollt. Deshalb seine Abscheu vor politischen Tricks. Ehrlich kommt er rüber. Von Bitterkeit keine Spur. Und jetzt authentisch und nachvollziehbar: Ein Kreis guter Leute um einen herum sei für ihn unverzichtbar. Vertraute habe er. Wenige, aber Wichtige. Mit dem Mut zum Widerspruch. Mit anderer Mentalität als die eigene. Erdung ist ein Schlüsselwort. Zu Hause. Im Wahlkreis. Bei Freunden.