Heidelberg (ots) - Wissenschaftler*innen des Helmholtz-Zentrums für Infektionsforschung (HZI) nutzen eine digitale Applikation, um das Infektionsgeschehen in der Bevölkerung zu beobachten und zu erforschen. Das eResearch System "PIA (Prospektive Monitoring und Management - App[1])" - explizit für diesen Zweck vom HZI entwickelt - ermöglicht Nutzer*innen ihren Gesundheitszustand inklusive ihrer Symptome über einen längeren Zeitraum in Echtzeit (real-time) zu berichten. Dies ist nur möglich, weil die Nutzer*innen aktiv einbezogen werden, ihre Symptome proaktiv melden können und - im Fall von Schnupfen z.B. - sich selbstständig einen Nasenabstrich entnehmen.

"Die Proben gehen dann an das Institut für Virologie der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH) und werden auf viele typische respiratorische Erreger analysiert", so Jana-Kristin Heise, stellvertretende Studienzentrumsleiterin am NAKO Standort Hannover. Anschließend erhalten die jeweiligen Nutzer*innen das resultierende Laborergebnis über PIA.

Zum ersten Mal kam PIA im Rahmen des NAKO Zusatzprojekts "ZIFCO", auch Level-3-Projekt[2] genannt, am NAKO Studienzentrum in Hannover zum Einsatz. Über 1.000 NAKO Teil-nehmende nehmen an dieser Studie teil, können wöchentlich - mittels PIA - über ihren Gesundheitszustand berichten und versenden im Fall von Krankheitssymptomen dafür vorgesehene Nasenabstrichsets.

Das Ziel der ZIFCO-Studie ist unter anderem Risikofaktoren für akute Infektionskrankheiten wie Atemwegs-, Magen-Darm- oder Harnwegsinfektionen zu untersuchen und so herauszufinden, warum manche Menschen häufiger krank werden als andere oder was Menschen auszeichnet, die seltener an diesen Infekten erkranken.

Aktuell liegen erste Studienergebnisse vor, die sich mit der Eignung des Systems PIA für die epidemiologische Forschung beschäftigen. Das Wissenschaftsteam um Dr. Stefanie Castell, berichtet von einer guten Nutzerakzeptanz der App, die abhängig von der allgemeinen Technikaffinität der Teilnehmenden ist. "Wir haben beobachtet, dass Teilnehmende, die grundsätzlich eine höhere Bereitschaft haben technische Systeme zu nutzen, die App besser bewerteten als Teilnehmende, die weniger technikaffin sind", merkt Jana-Kristin Heise, eine der Erstautorinnen der Publikation, an. Während dieses Ergebnis den Erwartungen des Wissenschaftsteams entspricht, konnte die Annahme, dass ältere Personen die App weniger nutzen würden als Jüngere, hingegen nicht bestätigt werden. Im Gegenteil: "Wir waren von dem Ergebnis überrascht, dass Frauen und junge Menschen das System PIA weniger zuverlässig nutzen als Männer und ältere Personen".

Die Wissenschaftlerin betont, dass eine verlässliche Infektionssurveillance auch in Studien (Beobachtung des Infektionsgeschehens) nicht ohne digitale Systeme möglich ist. "Es steht nicht zur Debatte, ob digitale Systeme in Zukunft mehr und mehr in der epidemiologischen Forschung Anwendung finden, sondern viel mehr, wie diese verbessert werden können, um Nutzer*innen dazu zu motivieren ein System regelmäßig und über einen längeren Zeitraum zu nutzen."

Das HZI ist Mitgliedsinstitution der NAKO Gesundheitsstudie (NAKO).

https://doi.org/10.1371/journal.pone.0279969

*joined first authors

Link: https://journals.plos.org/plosone/article?id=10.1371/journal.pone.0279969

NAKO Studienzentrum Hannover

Mit deutschlandweit 200.000 Teilnehmenden und 18 Studienzentren ist die NAKO die bislang größte epidemiologische Gesundheitsstudie in Deutschland. Im Studienzentrum Hannover wurden im Zeitraum 2014 bis 2018 10.000 Teilnehmer*innen aus dem Großraum Hannover in die Langzeitstudie eingeschlossen. Seit Dezember 2018 werden diese zur zweiten Untersuchung ins Studienzentrum eingeladen.

Die Räumlichkeiten des Studienzentrums Hannover befinden sich im Clinical Research Center (CRC) in der Feodor-Lynen-Straße 15 in Hannover. Drei Partner - das Helmholtz Zentrum für Infektionsforschung (HZI), das Fraunhofer-Institut für Toxikologie und Experimentelle Medizin und die Medizinische Hochschule Hannover - haben sich zusammengetan und das CRC Hannover gegründet.

Neben den normalen Untersuchungsschwerpunkten der NAKO liegt eine weitere Priorität des Studienzentrums Hannover auf der Erforschung von Infektionskrankheiten und Einflüsse des Immunsystems. Koordiniert wird der Studienstandort Hannover von der Abteilung Epidemiologie des HZI unter der wissenschaftlichen Leitung von Dr. Castell. Medizinisches Fachpersonal führt dort unter der Leitung von Dr. Yvonne Kemmling und Jana-Kristin Heise die Untersuchung und Befragung der Studienteilnehmenden durch.

Publikationstitel: Ortmann J*, Heise J-K*, Janzen I, Jenniches F, Kemmling Y, Frömke C & Castell S (2023). "Suitability and user acceptance of the eResearch system "Prospective Monitoring and Management App (PIA)" - The example of an epidemiological study on infectious diseases. PLoS ONE 18(1): e0279969.

[1] Heise J-K, Dey R, Emmerich M, Kemmling Y, Sistig S, Krause G, Castell S (2022). Putting digital epidemiology into practice: PIA- Prospective Monitoring and Management Application. Informatics in Medicine Unlocked (30): 100931. https://doi.org/10.1016/j.imu.2022.100931.

[2] ZIFCO ist ein Level-3-Projekt der NAKO Gesundheitsstudie. Level 3-Projekte stellen inhaltliche Erweiterungen des bestehenden Programms dar, die durch eines oder mehrere Mitglieder des NAKO e. V. in Zusammenarbeit mit externen Kooperationspartnern (nationale oder internationale Forschergruppen) initiiert, finanziert und durchgeführt werden. Im Rahmen der NAKO werden häufig in der Bevölkerung auftretende Erkrankungen wie z.B. Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Krebserkrankungen oder Diabetes mellitus sowie deren Risikofaktoren intensiv untersucht. Trotz des umfassenden Krankheitsspektrums, das durch diese bevölkerungsbasierte Gesundheitsstudie abgedeckt wird, können nicht alle Erkrankungen detailliert und in die Tiefe gehend untersucht werden.

Pressekontakt:

NAKO Gesundheitsstudie Glorianna Bisognin-Nechwatal +49 6221 - 426 2061 presse@nako.denako.de

Ansprechpartnerinnen für wissenschaftliche Fragen: Jana-Kristin Heise Tel.: 0511-5350 8502; E-Mail: jana.heise@helmholtz-hzi.de Dr. Stefanie Castell Tel.: 0531-6181 3104: E-Mail: stefanie.castell@helmholtz-hzi.de

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