Berlin. Die Bahn steht mächtig unter Druck, jetzt einen Kompromiss mit den Lokführern zu erzielen – denn die Zeit läuft gegen den Vorstand.

Bahnkunden können offensichtlich aufatmen. Die Streikgefahr ist erst einmal gebannt, wahrscheinlich für lange Zeit. Denn nach dem sechsten Streik der Lokführer hat es hinter den Kulissen offenkundig so viel Bewegung gegeben, dass beide Seiten wieder verhandeln und mit einer baldigen Einigung rechnen. Für eine endgültige Entwarnung ist es aller Erfahrung nach zwar noch zu früh. Doch Optimismus ist erlaubt.

Zur plötzlichen Kompromissbereitschaft trägt sicher auch der Zeitplan des Bahnvorstands bei. Am kommenden Donnerstag präsentiert Vorstandschef Richard Lutz die Jahresbilanz des Konzerns Deutsche Bahn. Ein anhaltender Arbeitskampf würde da beträchtlich stören.

Wolfgang Mulke ist Wirtschaftskorrespondent
Wolfgang Mulke ist Wirtschaftskorrespondent © privat | Privat

Wahrscheinlicher ist aber, dass der Druck auf die Verhandlungsführer Claus Weselsky von der Lokführergewerkschaft GDL und Personalvorstand Martin Seiler in den vergangenen Tagen noch einmal erheblich zugenommen hat. Das Ergebnis wird mit Spannung erwartet. Schafft die GDL den Einstieg in die 35-Stunden-Woche und die Ausweitung ihrer Tarifverträge auf weitere Berufsgruppen? Das waren bisher die größten Knackpunkte.

Befürworter eines eingeschränkten Streikrechts haben Oberwasser

ParteiFreie Demokratische Partei (FDP)
Gründung11. Dezember 1948
IdeologieKlassischer Liberalismus, Wirtschaftsliberalismus, Europäische Integration
VorsitzenderChristian Lindner (Stand: April 2023)
Fraktionsstärke92 Abgeordnete im Bundestag (Stand: April 2023)
Bekannte MitgliederChristian Lindner, Wolfgang Kubicki, Nicola Beer

Spannend ist aber auch die Frage, inwieweit die Befürworter einer Einschränkung des Streikrechts durch den langen Arbeitskampf Oberwasser bekommen. Aus der , den Arbeitgeberverbänden und der Union gibt es die Forderung, das Streikrecht in Infrastrukturbetrieben zu begrenzen. Und sie argumentieren nicht nur mit dem enormen volkswirtschaftlichen Schaden durch Streiks.

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Auch die Belastung der Bürgerinnen und Bürger, etwa durch Streiks in Verkehrsunternehmen, ist ein Argument. Dabei zeigt gerade die jüngste Entwicklung, dass auch bei schweren Tarifkonflikten am Ende ein Kompromiss gelingen kann. Mit diesem Maß an Arbeitskämpfen kann die soziale Marktwirtschaft leben – auch wenn es weh tut.

Interaktive Bahn-Karte: So ist Deutschlands Schienennetz geschrumpft

Auf- und Rückbau des deutschen Schienennetzes von 1835 bis heute
Auf- und Rückbau des deutschen Schienennetzes von 1835 bis heute © Interaktiv-Team

Das deutsche Schienennetz hat die besten Zeiten hinter sich. Mitte der 50er-Jahre war es noch 14.000 Kilometer länger als heute. Wo Züge rollen und wo es einmal Bahnverbindungen gab – Jahr für Jahr von 1835 bis heute.