Berlin. Insolvenzverfahren können Arbeitnehmer und Unternehmer stark belasten. Doch nicht jedes Verfahren bedeutet das Ende eines Unternehmens.

Der Zusammenbruch des Immobilienimperiums von René Benko ist das jüngste Beispiel einer gewaltigen Unternehmenspleite. Immer mehr Tochterfirmen von Benkos Signa-Gruppe melden Insolvenz an – und durchlaufen ein Insolvenzverfahren. Doch nicht immer ist unternehmerisches Versagen der Auslöser für eine Pleite und nicht jedes Insolvenzverfahren läuft gleich ab.

Was ist eine Insolvenz?

Wenn ein Unternehmen oder eine Privatperson insolvent ist, bedeutet das, dass finanzielle Verpflichtungen nicht mehr gezahlt werden können. Das Unternehmen oder die Person sind also pleite und können offene oder künftige Rechnungen nicht mehr bezahlen.

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Was ist ein Insolvenzverfahren?

Ein Insolvenzverfahren soll dafür sorgen, dass Gläubiger trotz einer Pleite an ihr Geld kommen. Es dient also vor allem dazu, offene Rechnungen zu begleichen. Dafür gibt es laut IHK zwei Möglichkeiten: erstens durch Verwertung des Vermögens und Erlösverteilung oder zweitens durch Sanierung eines Unternehmens durch einen Insolvenzplan.

Konkret heißt das, dass entweder alle restlichen Unternehmenswerte verkauft werden, um offene Schulden – zumindest teilweise – zu begleichen. Oder das Unternehmen wird saniert, also durch (Teil-)Verkäufe, Entlassungen oder Umstrukturierung wieder profitabel gemacht. So sollen offene Rechnungen in der Zukunft beglichen werden. Das Insolvenzverfahren verhindert somit auch, dass sich Gläubiger gegenseitig ausstechen.

Galeria Karstadt Kaufhof in der Wilmersdorfer Straße hat bereits seine Türen geschlossen.
Galeria Karstadt Kaufhof in der Wilmersdorfer Straße hat bereits seine Türen geschlossen. © Berliner Morgenpost | Norman Börner

Welche verschiedenen Insolvenzverfahren gibt es?

Insolvenzverfahren werden laut IHK in Regelinsolvenzverfahren und Verbraucherinsolvenzverfahren unterschieden. Ersteres durchlaufen Unternehmen. Letzteres betrifft Privatpersonen, die sich überschuldet haben. Die Verfahren laufen nach unterschiedlichen Regeln ab.

Wie läuft eine Betriebsinsolvenz ab?

Zunächst wird geprüft, ob alle Voraussetzungen für ein Insolvenzverfahren erfüllt sind. Ist das der Fall, wird das Verfahren eröffnet. Ein Insolvenzverwalter wird eingesetzt. Er übernimmt die Insolvenzmasse, prüft, verwaltet, saniert und verteilt gegebenenfalls Erlöse an die Gläubiger.

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Was bedeutet die Insolvenz für die Arbeitnehmer?

Für die Arbeitnehmer eines insolventen Unternehmens kann ein Insolvenzverfahren sehr belastend sein. Sie müssen häufig um ihren Job und ihr Einkommen bangen. Welche Rechte und Pflichten sie während des Verfahrens haben, ist laut IHK klar geregelt:

  • Arbeitnehmer müssen während des Verfahrens weiter zur Arbeit erscheinen
  • Erhalten Arbeitnehmer während des Verfahrens keinen Lohn, sollten sie das fehlende Geld schriftlich anmahnen
  • Stundung des Gehalts oder den Verzicht auf Urlaubs- oder Weihnachtsgeld dürfen Arbeitnehmer ablehnen
  • Häufig zahlt die Arbeitsagentur für ausbleibenden Lohn (bis zu drei Monaten) als Ersatz ein Insolvenzgeld
  • Während des Verfahrens können Arbeitnehmer gekündigt werden, allerdings ist dabei das Kündigungsschutzgesetz zu beachten
  • Allerdings gilt bei der Kündigung nur eine dreimonatige Frist zum Monatsende – auch wenn eine längere Kündigungsfrist vorab vereinbart war
  • Arbeitnehmer können während des Insolvenzverfahrens Urlaub nehmen
Galeria Karstadt Kaufhof in der Wilmersdorfer Straße hat bereits seine Türen geschlossen.
Galeria Karstadt Kaufhof in der Wilmersdorfer Straße hat bereits seine Türen geschlossen. © Berliner Morgenpost | Norman Börner

Was bedeutet Insolvenz in Eigenverwaltung?

Häufig beantragen Unternehmen ein Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung. Das bedeutet, dass kein Insolvenzverwalter das Verfahren leitet, sondern der Unternehmer selbst. Ihm wird dann lediglich ein sogenannter Sachverwalter zur Seite gestellt. Das kann sinnvoll sein, weil die Geschäftsführung ein Unternehmen und seine Schwachstellen besser kennt. Meist wird das Unternehmen dann im Zuge des Verfahrens saniert und am Ende weitergeführt.

Was ist ein Schutzschirmverfahren?

Mit dem Schutzschirmverfahren kann ein Unternehmer einem regulären Insolvenzverfahren zuvorkommen. Der Betrieb darf dafür noch nicht gänzlich pleite sein. Zudem muss ein fachkundiger Wirtschaftsprüfer, Rechtsanwalt oder Steuerberater bestätigen, dass das Unternehmen eine gute Chance hat, nach Sanierung wieder profitabel zu sein.

Laut IHK bietet das Schutzschirmverfahren folgende Vorteile für Unternehmer:

  • Verfahren wird vom Inhaber des Unternehmens geleitet, auf Insolvenzverwalter wird verzichtet
  • Unternehmer wird von einem Sanierungsberater unterstützt und ein Geschäftsplan erarbeitet
  • Gläubiger können in der Zeit des Verfahrens nichts vollstrecken
  • Am Ende steht ein gerichtsfester Teilrückzahlungsplan

Bekommen Gläubiger ihr Geld immer zurück?

Wird ein Unternehmen erfolgreich saniert und weitergeführt, kann es dazu kommen, dass mit der Zeit alle Schulden getilgt werden. Die Gläubiger erhalten ihr Geld also zurück. Wird ein Unternehmen jedoch abgewickelt, werden die Gläubiger aus der sogenannten Insolvenzmasse bedient. Das heißt, was von Wert ist, wird verkauft, um Schulden zu begleichen. Reichen die Einnahmen jedoch nicht, um alle Schulden zu bezahlen, bleiben einige Gläubiger auf ihren Kosten sitzen.

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