Berlin. Jährlich werden bis zu 400 Milliarden Euro vererbt, doch überraschend viele Nachkommen gehen leer aus – aus nachvollziehbaren Gründen.

Wer möchte dies nicht? Erben. Geld erhalten, ohne etwas dafür zu leisten. Nur weil man in die richtigeFamilie hineingeboren wurde, die passenden Menschen als Gönner gefunden hat. Doch dieses Glück erfährt hierzulande nicht einmal jeder Zweite. 52,3 Prozent der Deutschen haben bislang noch nichts geerbt und gehen auch davon aus, dass sie niemals erben werden. Nur knapp jeder Vierte (23 Prozent) hat schon geerbt. Weitere 15,7 Prozent erwarten eine Erbschaft. Dies hat eine repräsentative YouGov-Umfrage unter rund 2000 Erwachsenen im Auftrag der Deutschen Bank ergeben.

Demnach glauben aber auch 47,3 Prozent der Befragten, dass sie später mal etwas vererben könnten. Wer in Deutschland erbt, wird damit zwar nicht gleich Millionär, aber in der Regel wohlhabender. Drei Viertel bekommen Geld, viele auch Immobilien, Schmuck oder Möbel. Dabei erhält jeder zweite Erbe (51,7 Prozent) einen Wert von weniger als 50.000 Euro, jeder Fünfte (20 Prozent) bekommt zwischen 50.000 und 250.000 Euro. Jeder Zehnte (10,8 Prozent) erhält zwischen 250.000 und einer Million Euro. 2,4 Prozent geben in der Umfrage an, einen Wert von mehr als einer Million Euro geerbt zu haben.

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Wie viel Geld und Immobilien jährlich vererbt werden, wird offiziell nicht erhoben. Registriert wird nur, was steuerpflichtig vererbt und verschenkt wird – und dies waren 2022 laut Statistischem Bundesamt 101,4 Milliarden Euro. Da die Freibeträge für Hinterbliebene je nach Verwandtschaftsgrad teils hoch sind, wird der Großteil der Erbschaften nicht erfasst, da sie steuerfrei bleiben.

So haben Ehepartner einen Freibetrag von rund 500.000 Euro, Kinder von 400.000 Euro und Enkel von 200.000 Euro. Neffen, Nichten und Geschwister haben nur einen Freibetrag von 20.000 Euro. Nach einer Schätzung des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) werden in Deutschland jährlich bis zu 400 Milliarden Euro vererbt.

Erben in Deutschland: Mehrheit erhält Immobilien

38,3 Prozent der Erben sagen, dass sie erhalten haben. Bei den meisten handelte es sich um selbstgenutzte Häuser oder Wohnungen, 12,8 Prozent erhielten vermietete Bauten, so die Umfrage. Die Mehrheit der Immobilienerben (57 Prozent) bekamen damit eine Erbschaft von mehr als 50.000 Euro. Ein Drittel bekommt wiederum Erinnerungsstücke ohne großen materiellen Wert, jeder Fünfte erhält Schmuck, jeder Zehnte Aktien oder ein . 4,3 Prozent erhalten ein Unternehmen. Nur eine Minderheit von 6,6 Prozent gibt an, Schulden, Verbindlichkeiten und Forderungen geerbt zu haben.

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    Interessant: Wo Wohlstand vorhanden ist, fallen Erbschaften größer aus. So erben Menschen mit höherem Einkommen oft größere Summen als Menschen mit geringerem Gehalt. 45,3 Prozent der Befragten mit einem monatlichen Haushaltsnettoeinkommen von 2500 Euro und mehr geben an, mehr als 50.000 Euro geerbt zu haben. Von den Befragten mit einem Einkommen von unter 2500 Euro können dies nur 24,6 Prozent sagen. Auch die Ausbildung spielt offenbar eine Rolle: 41,9 Prozent der Befragten mit Abitur oder Fachhochschulreife erwarten ein Erbe. Unter Menschen mit Haupt- oder Volksschulabschluss sind es nur 27,5 Prozent.

    Jüngere investieren Erbe häufiger in die Altersvorsorge

    „In Deutschland sind die verfügbaren Einkommen zwar relativ gleich verteilt. Das gilt allerdings nicht für die Vermögen“, sagt Ulrich Stephan, Chefanlagestratege Privat- und Firmenkunden der Deutschen Bank. „Bei den zu vererbenden Vermögen handelt es sich in der Regel um Unternehmensbeteiligungen oder Vermögen aus selbstständiger Tätigkeit. Diese sind sehr ungleich verteilt.“ So besitzt weniger als die Hälfte der Bevölkerung eine Immobilie, die meisten wohnen zur Miete. Die Mehrheit der Immobilienbesitzer (64,1 Prozent) möchte ihr Erbe weitergeben.

    Was haben Sie geerbt?

    • Geld (75,2 Prozent)
    • Erinnerungsstücke ohne großen materiellen Wert (33,6 Prozent)
    • Hausrat ohne großen materiellen Wert (31,8 Prozent)
    • Selbstgenutzte Immobilien (29,8 Prozent)
    • Schmuck (22,2 Prozent)
    • Möbel (17,8 Prozent)
    • Gegenstände ohne großen materiellen Wert (16,8 Prozent)
    • Vermietete Grundstücke und Immobilen (12,8 Prozent)
    • Wertpapiere, Aktien (12,8 Prozent)
    • Auto (12,5 Prozent)
    • Sonstige Wertgegenstände (8,9 Prozent)
    • Gold (6,6 Prozent)
    • Unternehmen (4,3 Prozent)
    • Schulden, Verbindlichkeiten (4,2 Prozent)
    • Forderungen (2,4 Prozent)
    • Keine Angabe (1,9 Prozent)

    Unter Erben plant fast jeder Zweite (48,5 Prozent) sein Erbe für die Altersvorsorge ein. Insbesondere jüngere Erben zwischen 18 und 34 Jahren sagen, dass ihr Erbe ein Teil ihrer Altersvorsorge sein wird. Diese Einstellung nimmt mit zunehmendem Alter eher ab. Unter den über 55-Jährigen planen dies nur noch 28,2 Prozent.

    Streit ums Erbe: In jedem fünften Erbfall gibt es Zoff

    Das Erbe führt leider auch immer wieder zu Streit unter den Hinterbliebenen. Bei der Mehrheit (76,8 Prozent) ist dies glücklicherweise nicht der Fall. Doch bei jedem fünften Erbfall gibt es laut Umfrage Zoff um den Nachlass. Meistens fühlt sich einer der Erben benachteiligt (27,2 Prozent). Jeder vierte bemängelt, dass nicht schon zu Lebzeiten über das Erbe gesprochen wurde. Streit gibt es auch, weil kein Testament vorlag oder das Erbe weniger wert war als gedacht.

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    Auch bei der Aufteilung des Erbes gibt es unterschiedliche Wünsche. Jeder Vierte meint, dass alle Erben den gleichen Anteil erhalten sollten. Fast ein Drittel der Befragten (30,6 Prozent) sagt dagegen, dass jene weniger bekommen sollen, die sich nicht um den Verstorbenen gekümmert hätten.

    Zwar gibt es kein Patentrezept, wie ein Streit um das Erbe verhindert werden kann, meint Anja Maultzsch von der Deutschen Bank. Doch viele Streitigkeiten könnte die Grundlage entzogen werden, „indem man die Verteilung des Vermögens klar regelt und in einem gültigen Testament oder Erbvertrag festschreibt“.

    Dies gelte nicht nur für Vermögenswerte, sondern auch für Familienerbstücke mit hohem emotionalem Wert. Im Idealfall bespricht dies der Erblasser noch zu Lebzeiten mit seinen Nachkommen und fixiert dies testamentarisch, so Maultzsch. Manchmal sei auch die Unterstützung eines Notars oder Fachanwalts für Erbrecht sinnvoll.