Berlin. Die internationale Atombehörde warnt vor der Gefahr eines ernsten atomaren Unfalls in Saporischschja. So wäre Deutschland betroffen.

Vom ukrainischen Atomkraftwerk Saporischschja gehen aktuell keine gefährlichen Strahlenkontaminationen für Deutschland aus. „Es gibt derzeit keinerlei Hinweise auf erhöhte Strahlungswerte, weder in der Ukraine noch in Deutschland“, sagte ein Sprecher des Bundesumweltministeriums dieser Redaktion. Das Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) betreibe ein Integriertes Mess- und Informationssystem, das an rund 1700 Messsonden Daten über die Radioaktivität in der Umwelt sammele. Zusätzlich werden 500 Messwerte in der Ukraine überprüft.

Der Chef der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA), Rafael Grossi, hatte am Wochenende vor der Gefahr eines „ernsten atomaren Unfalls“ im Atomkraftwerk Saporischschja in der Ukraine gewarnt, das von Russland besetzt ist. „Diese große Atomanlage muss geschützt werden“, so der IAEA-Chef. Das AKW ist das größte in Europa.

Grundsätzlich sind Prognosen, inwieweit deutsches Staatsgebiet bei Angriffen auf ein Atomkraftwerk in der Ukraine betroffen sein könnte, mit sehr hohen Unsicherheiten behaftet, „da Atomkraftwerke in der Geschichte bisher noch nie angegriffen wurden“, so der Sprecher.

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Aufgrund der Entfernung zur Ukraine rechnet das Bundesumweltministerium jedoch nicht damit, dass im Fall eines radioaktiven Niederschlags in Deutschland Maßnahmen des Katastrophenschutzes erforderlich würden – wie beispielsweise die Einnahme von hochdosiertem Jod, um die Schilddrüse vor der Anreicherung von radioaktivem Jod zu schützen.

Von dem ukrainischen Atomkraftwerk Saporischschja gehen aktuell keine gefährlichen Strahlenbelastungen für Deutschland aus.
Von dem ukrainischen Atomkraftwerk Saporischschja gehen aktuell keine gefährlichen Strahlenbelastungen für Deutschland aus. © dpa | -

Ukraine: Diese Gefahren gehen für Deutschland aus

„Im schlimmsten Fall, also nur bei einem erheblichen Austritt von Radioaktivität und einer Wetterlage, die Luftmassen von der Ukraine nach Deutschland verfrachtet, könnten in Deutschland für die Landwirtschaft festgelegte Radioaktivitäts-Höchstwerte überschritten werden“, sagte der Sprecher. Dann würde eine Kontrolle von Futter- und Nahrungsmitteln erforderlich werden. Gegebenenfalls dürften kontaminierte Produkte dann nicht mehr vermarktet werden. Eine solche Wolke würde „erst nach mindestens 1 bis 2 Tagen“ Deutschland erreichen.

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Das Notfallmanagementsystem des Bundes und der Länder für radiologische Notfälle sei aber zu jedem Zeitpunkt effektiv und einsatzbereit, versicherte der Sprecher. „Sollte das BMUV Hinweise haben, dass sich ein radiologischer Notfall mit erheblichen Auswirkungen in der Ukraine ereignet, würde das radiologische Lagezentrum des Bundes die Lage bewerten, die Öffentlichkeit informieren und, soweit erforderlich, Verhaltensempfehlungen geben.“

In den Bundesländern sind 189,5 Millionen Jodtabletten vorrätig, die bei einem Ereignis, bei dem ein Eintrag von radioaktivem Jod in die Luft zu erwarten ist, in den möglicherweise betroffenen Gebieten durch die Katastrophenschutzbehörden verteilt werden.

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