Wolfsburg. Andreas Renschler tritt vom Vorstandsvorsitz der VW-Lkw-Sparte ab – nach längerem Streit über die Strategie. Der Nachfolger steht in den Startlöchern.

Der Chef der VW-Lkw-Sparte Traton, Andreas Renschler, verlässt Mitte Juli die Vorstände von Tochter und Konzern. Darauf hätten sich der Aufsichtsrat und der Manager geeinigt, teilte Traton am Dienstagabend in München mit. Die Trennung erfolge „einvernehmlich“, hieß es. Renschler werde ab dem 15. Juli außerdem nicht mehr der Führung der Mutter Volkswagen angehören.

Es hatte bereits Berichte über Reibereien in der Traton-Spitze gegeben – ein Rückzug Renschlers schon innerhalb einer Woche nach der formalen Ankündigung ist aber überraschend. Der Traton-Chef soll jetzt durch Matthias Gründler ersetzt werden. Dieser war früher schon einmal Finanzchef und 2018 zurückgetreten. Konzernpersonalvorstand Gunnar Kilian übernimmt anstelle von Renschler zusätzlich die Zuständigkeit für Traton im Wolfsburger Vorstand der Gesamtgruppe – hier hatte der bisherige Taton-Chef ebenfalls eine eigene Position.

Forschungen an neuen Antrieben verschlingen Geld

Außerdem soll MAN-Chef Joachim Drees abgelöst werden. Für ihn wechselt der bisherige Produktionschef der VW-Kernmarke, Andreas Tostmann, den Angabe zufolge aus Wolfsburg nach München. MAN-Personalchef Carsten Intra soll ebenfalls das Unternehmen verlassen, seine Aufgaben soll Gründler als neuer Vorsitzender teils mit übernehmen. Laut MAN erklärte Renschler, bei dem Lkw- und Bushersteller auch sein Amt als Aufsichtsratschef Mitte dieses Monats niederzulegen.

Traton umfasst in der VW-Gruppe, dem größten Autokonzern der Welt, die schweren Nutzfahrzeuge. Dazu gehören die Marken MAN und MAN Latin America sowie der schwedische Hersteller Scania. Entwickler der Töchter achten oft genau darauf, dass man ihnen nicht zu viele Kompetenzen entzieht. Zuletzt soll es Meinungsverschiedenheiten gegeben haben. Berichten zufolge soll Renschler etwa eine zentralere Aufstellung der Entwicklung angestrebt haben – auf Kosten der einzelnen Marken. In der Nutzfahrzeugbranche verschlingen Forschungen an neuen, CO2-ärmeren oder gar CO2-freien Antrieben viel Geld, ebenso neue Baukästen für eine schlankere, einheitlichere Produktion.

Traton will sich mit dem Truckhersteller Navistar verstärken

Im vergangenen Jahr hatten die Lkw-Töchter von VW zwar noch ihr Geschäft ausbauen können. Sowohl MAN als auch Scania steigerten Umsatz, Betriebsergebnis und Rendite. Doch die Corona-Krise drückt im laufenden Jahr auch hier massiv auf die Kosten. Es gab Produktionsunterbrechungen, der konjunkturelle Einbruch trifft zudem vor allem die weltweite Nutzfahrzeugsparte traditionell hart.

In den USA, wo bisher Daimler die Nase klar vorn hat, will sich Traton mit dem Truckhersteller Navistar verstärken. Dieser schrieb im zurückliegenden im zweiten Geschäftsquartal jedoch weiter rote Zahlen. Ex-Daimler-Manager Renschler hatte für die restlichen Anteile an Navistar Ende Januar 35 Dollar je Aktie auf den Tisch gelegt, insgesamt 2,9 Milliarden Dollar. Im September 2016 war die Sparte mit den schweren VW-Nutzfahrzeugen eingestiegen, um auf dem wichtigen nordamerikanischen Lkw-Markt einen Fuß in die Tür zu bekommen. In Japan arbeitet Traton mit Hino Motots zusammen.

Fundamentale Neuausrichtung?

Auch im Verhältnis zwischen Management und Betriebsrat hatte es im Frühjahr Misstöne gegeben. Anfang April dementierte der Traton-Betriebsratschef Aussagen Renschlers über laufende Gespräche zu einer „fundamentalen Neuausrichtung“ des Münchner Lkw-Bauers. So soll es zuletzt relativ einsam um den Traton-Lenker geworden sein.