Hamburg. Ernährungs-Doc Matthias Riedl beantwortet Fragen rund um die Themen Intervallfasten und den richtigen Energiebedarf beim Sport.

Zwei Themenkomplexe stehen diesmal im Mittelpunkt des Podcasts „Dr. Matthias Riedl. So geht gesunde Ernährung“. Es geht um Intervallfasten und die richtigen Lebensmittel, wenn man Sport macht. Wer sich für das Intervallfasten entscheide, müsse darauf achten, dass er keinen Eiweißmangel erleidet, sagt der Ernährungs-Doc.

Beim 16:8-Intervallfasten, also wenn man nur innerhalb von acht Stunden isst und dann 16 Stunden darauf verzichtet, müsse man trotzdem seinen gesamten Tagesbedarf decken. „Bei 60 Kilo sind das beim Eiweiß ungefähr 70 Gramm. Das heißt, pro Mahlzeit sollten schon mindestens 30 Gramm Eiweiß drin sein.“ Ansonsten verliere man Muskelmasse.

Podcast: Warum Sportler besonders auf ihre Ernährung achten sollten

„Das ist besonders ein Problem ab 40. Dann neigen wir sowieso langsam zum Muskelabbau“, sagt Riedl. Es sei nicht nötig, auf das Intervallfasten zu verzichten, aber man solle sich möglicherweise überlegen, noch eine dritte Mahlzeit innerhalb der acht Stunden einzuplanen – eine eiweißreiche Mahlzeit oder zum Beispiel Nüsse, so der ärztliche Direktor des Medicum Hamburg. Ratsam sei auch, ein Ernährungstagebuch zu führen. Wer damit nicht klarkomme, solle sich Profihilfe bei der Ernährungsberatung holen.

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Ernährung-Doc: Darf Milch in den Kaffee oder lieber nicht?

Viele Hörerinnen und Hörer bewegt im Zusammenhang mit dem Intervallfasten, ob sie morgens auf ihren Kaffee mit einem Schuss Milch verzichten müssen und ob eine Medikamenteneinnahme wie beispielsweise Schilddrüsenhormone das Fasten unterbricht. Riedl sagt: „Bis zu einem Teelöffel Milch ist es in Ordnung, das unterbricht das Intervallfasten nicht, auch der Kaffee unterbricht es nicht. Allerdings würde ich die Schilddrüsenmedikamente nicht zusammen mit dem Kaffee einnehmen, sondern mit Wasser und ein bisschen warten und dann erst den Kaffee trinken, weil das die Aufnahme der Tabletten beeinflussen kann.“

Wer Intervallfasten praktiziert, sehr regelmäßig Sport macht und Magnesium einnimmt, sollte auch dafür den richtigen Zeitpunkt wählen. „Magnesium stört das Intervallfasten nicht“, sagt Riedl. „Tatsächlich ist es so, dass Sportler viel schwitzen, auch Mineralien mit ausschwitzen. Es kann daher sein, dass beim Sport der Magnesiumbedarf erhöht ist. Insbesondere haben wir ja bei einem Drittel der Erwachsenen in Deutschland einen Magnesiummangel.“

Magnesium: Sportler müssen auf ausreichende Zufuhr achten

Magnesium brauche man für ganz viele Funktionen – etwa für das Immunsystem, die Knochenstabilität, die Insulinfunktion. Es unterstütze die Insulinwirkung und wirke damit auch gegen Diabetes und fördere unsere Empathie, sagt der Ernährungs-Doc.

„Wenn man meint, es durch Kerne und Nüsse nicht genug zuzuführen, kann man tatsächlich Magnesiumtabletten nehmen. Man muss aber damit rechnen, dass es manchmal Durchfall verursachen kann. Die Einnahme am Abend ergibt Sinn, weil es, wenn man Glück hat, auch ein bisschen Schlaf anstoßend wirkt.“ Dafür gebe es Hinweise, aber keine richtigen Beweise.

Beim Intervallfasten sorgt zu wenig Essen für einen Mangelzustand

Ein Zuhörer, der sehr exzessiv, also fünf- bis sechsmal die Woche Sport macht und dessen Trainingseinheiten meistens erst in den späten Abendstunden enden, fragt sich, ob er danach noch etwas essen sollte, um die Reserven auszufüllen? „Verhindere ich damit nicht die nächtliche Autophagie des Körpers?“, fragt er. Er esse kein Frühstück, sondern erst mittags eine ordentliche Mahlzeit. Und vor dem Sport am Abend esse er wieder nichts.

Das sei keine Dauerernährung, sagt der Ernährungs-Doc, weil man nach dem Sport nicht nur den Kohlenhydratspeicher wieder auffüllen müsse, sondern auch Eiweiß zum Erhalt der Muskulatur brauche. Bei intensivem Sport habe man zudem sogar einen erhöhten Eiweißbedarf.

Dr. Matthias Riedl rät: Lieber Eiweiß-Shake selber machen

„Ich empfehle abends nach dem Sport einen selbst gemachten Eiweiß-Shake (siehe Rezept), und ich würde innerhalb der acht Stunden, in denen man essen kann, auch noch eine eiweißreiche Zwischenmahlzeit am Nachmittag einplanen.“ Extremsportlern rät der Experte zudem zu einer speziellen sportmedizinischen Ernährungsberatung. Denn es gehe bei diesen nicht nur um Muskelaufbau, sondern auch um das Vermeiden einer Mangelernährung.

Eine Hörerin möchte das Intervallfasten ausprobieren, dabei auch ihr Bauchfett loswerden, hat aber wegen ihrer Wechseljahresbeschwerden Bedenken. „Auch bei den Wechseljahren spricht nichts gegen Intervallfasten“, versichert Riedl.

Keine Dogmen: Die Intervalle kann man auch etwas abändern

„14:10 ist durchaus auch in Ordnung. Die 16 Stunden Fasten sind ja willkürlich gesetzt worden in Amerika, als man das entwickelt hat. Tatsächlich beginnen ja die Autophagieförderung und die antientzündliche Wirkung schon viel früher. Nach zehn, elf Stunden setzt das ein. Wenn wir 14 Stunden haben, ist das auch ganz gut.“

Riedl zufolge ist der Fettaufbau nach den Wechseljahren ein anderer als davor. „Wir haben bei Frauen nach den Wechseljahren auch eine Zunahme des Arteriosklerose-Risikos.“ Wichtig sei, Sport zu machen, ein – vielleicht auch nur moderates – Intervallfasten zu praktizieren, den Anteil der Pflanzen und gesunder Fette hoch- und die tierischen Fette runterzuschrauben.

Fettleber betrifft nicht nur Dicke, sondern auch durchtrainierte Sportler

Ein Hörer möchte gern wissen, wie viel Zucker man beim Sport zu sich nehmen darf. Er trinkt während des Trainings oft Apfelschorle. „Es gibt viele Getränke, die enthalten sehr viel freien Zucker. Wir haben ein Problem in Deutschland mit der Fettleber. Sogar durchtrainierte Sportler können eine Fettleber entwickeln. Fettleber ist der Dreh- und Angelpunkt für Zivilisationskrankheiten“, sagt Riedl.

Er rät, ein Protokoll zu führen, wie viel Zucker, auch in Form von Getränken, man zu sich nehme. „Bei mehr als 25 Gramm pro Tag sind wir über der Verzehrempfehlung der Weltgesundheitsorganisation. Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung ist ein bisschen großzügiger mit 50 Gramm.“

Ernährung: Nur zwei von drei Diabetikern sind übergewichtig

Ein Drittel der Diabetiker in Deutschland sei gar nicht übergewichtig, habe aber trotzdem eine Fettleber. „Wenn man das Fett der Leber zurückführt, sinkt das Risiko für Diabetes. Anders ausgedrückt: Erhöhe ich mein Leberfett, steigt das Risiko für Diabetes, obwohl ich viel Sport mache.“

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Ein Ausdauersportler, der Ultracycling betreibt, macht sich ebenfalls Gedanken um seinen Zuckerkonsum. Er möchte wissen, was er vor, während und nach einem Wettbewerb essen sollte, denn es gebe vorher immer Nudeln und währenddessen Gummibärchen, Cola oder Gels. Er würde aber gern einen gesünderen Weg ausprobieren.

Die richtige Ernährung vor und nach Wettbewerben

„Wie sind die Menschen seit zwei Milliarden Jahren auf der Erde unterwegs? Sie sind ohne Zucker über die Runden gekommen. Zucker war immer etwas Rares, wir sind nicht so auf den Zucker angewiesen, wie viele denken“, versichert der Ernährungs-Doc.

Etwa drei Stunden vor einem Rennen rät der Ernährungsmediziner zu einer Hauptmahlzeit mit leichter verdaulichen Kohlenhydraten, zum Beispiel Haferflocken oder Obst. Während des Wettbewerbs empfehle er eher eine Banane oder einen selbstgemachten Müsliriegel und beispielsweise ein selbst gemachtes isotonisches Getränk – indem man Obst- oder Gemüsesaft mit zwei Teilen Wasser verdünnt.

Rezept: Selbst gemachter Mandeldrink

2 Personen: 10 Min. 10 Std. Einweichen (über Nacht) 295 kcal, 11 g EW, 27 g F, 3 g KH.

Selbst gemachter Mandeldrink aus: Dr. Matthias Riedl. Artgerechte Ernährung. Gräfe und Unzer.
Selbst gemachter Mandeldrink aus: Dr. Matthias Riedl. Artgerechte Ernährung. Gräfe und Unzer. © Gräfe und Unzer / Grossmann & Schürle | Gräfe und Unzer / Grossmann & Schürle
Dr. Matthias Riedl. Artgerechte Ernährung. Gräfe und Unzer.
Dr. Matthias Riedl. Artgerechte Ernährung. Gräfe und Unzer. © Gräfe und Unzer / Grossmann & Schürle | Gräfe und Unzer / Grossmann & Schürle

Zutaten: 100 g Mandeln (ersatzweise Cashew- oder Haselnusskerne)1 l kochend heißes Wasser

Zubereitung:
1. Am Vortag die Mandeln in eine Schüssel geben und vollständig mit Wasser bedecken. Zugedeckt circa 10 Stunden, am besten über Nacht, einweichen.

2. Am nächsten Tag die Mandeln in ein Sieb abgießen und in einen hohen Rührbecher geben. 1 l kochendes Wasser dazugießen und alles mit dem Pürierstab fein pürieren. Die Masse durch ein feines Sieb oder ein sauberes Küchentuch passieren und gut ausdrücken. Der Mandeldrink hält sich im Kühlschrank circa drei Tage.

3. Die übrig gebliebenen Mandelreste lassen sich mit Kokosraspeln, Zimt, Vanille und 1 TL Ahornsirup mischen und auf einem Backblech verteilt im Backofen (150 Grad) in ca. 15 Min. zu krossen Streuseln backen. Einfach als Topping für Müsli oder Süßspeisen verwenden

Tipp: Pflanzendrinks stellen eine gute und vegane Alternative zu Kuhmilch dar. Mandeln liefern hochwertiges Eiweiß und günstige Fettsäuren sowie B-Vitamine.