Wer Feigen isst, isst Insekten – moderner Mythos oder gruselige Wahrheit?

Feigen sind überaus sonderbare Pflanzen. Anders als die meisten Obstbäume tragen sie ihre Blüten verborgen im Inneren ihrer kugelförmigen Fruchttriebe. In jeder dieser kleinen Bällchen tummeln sich hunderte winziger Knospen, die dort, für die Außenwelt gänzlich unsichtbar, erblühen. Aus diesen winzig kleinen Blütenhäufchen entwickeln sich durch Bestäubung dann ihre köstlichen Früchte, inside out sozusagen.

Es gibt eine Reihe sich selbstbestäubender Sorten, also Feigenbäume, die sowohl männliche als auch weibliche Blüten ausbilden und die für die Befruchtung nicht auf die Hilfe von Insekten angewiesen sind. Dies betrifft die meisten Sorten, die wir bei uns bekommen. Die ursprüngliche Wildform der Feige jedoch, die nur in südlichen Ländern gedeiht, benötigt Hilfe von außen. Und hier kommt nun die Feigenwespe ins Spiel, ein winziges Insekt, das in einer ungewöhnlichen Symbiose mit dem eigenwilligen Obstbaum lebt.

Etwas romantischer ausgedrückt könnte man auch von einer alles verzehrenden Liebe sprechen. Denn der Besuch der verborgenen Blütenstände endet für die Feigenwespen stets tödlich. Deren Weg ins Innere der Fruchttriebe führt nämlich durch einen überaus engen Zugang, so eng, dass selbst diese nur wenige Millimeter großen Tiere dabei Fühler und Flügel verlieren und so, ihrer Orientierung und Fortbewegung beraubt, nicht mehr den Ausgang finden.

Warum man in diesem Fall dennoch von einer Symbiose sprechen darf, also einem Zusammenleben zu gegenseitigem Nutzen, liegt daran, dass die weiblichen Feigenwespen die Fruchttriebe der Pflanze als Brutkammer für ihre Eier nutzen. Sie legen ihre Eier in den Feigenblüten ab, wo die Eier genügend Nährstoffe erhalten, um hier drinnen wohlbehütet zur nächsten Generation heranzureifen.

Ist der Nachwuchs erst einmal geschlüpft, besteht die Arbeit der flügellosen männlichen Hälfte der Nachkommenschaft zunächst darin, sich mit der weiblichen Hälfte zu paaren. Anschließend fällt ihnen noch die Aufgabe zu, mit ihren starken Kiefern ihren Schwestern den Weg in die Freiheit aufzubeißen. Das war’s dann aber auch. Denn sie selbst haben damit ihren Existenzzweck bereits erfüllt und verbleiben, ohne jemals die Sonne gesehen zu haben, im Inneren der Pflanze.

Nun relativiert sich diese auf den ersten Blick himmelschreiende Ungerechtigkeit allerdings etwas, wenn man bedenkt, dass auch der Lebenszyklus der Weibchen kaum 48 Stunden dauert. Allzu viel, bzw. viel mehr von der Welt bekommen sie also ebenfalls nicht zu sehen, bevor ihnen nach erfolgter Eiablage ebenfalls der Tod im Feigensarg blüht.

Aber heißt das jetzt, wenn wir im sizilianischen Hinterland durch Zufall eine dieser Ur-Feigen verputzen, dass wir gleichzeitig Insekten essen? Kommt daher vielleicht auch das feigentypische Schrammeln und Knirschen zwischen den Zähnen? Äh, jein: Ursorten wie die grüne Bockfeige produzieren ein Enzym, das auf dem Weg zur reifen Frucht die winzigen Tierchen restlos verdaut, sprich: in sämtliche chemische Baustoffe zerlegt. Wer hierin dennoch eine Fleischeinlage sieht, dem sei gesagt, dass jedes Obst und Gemüse Nährstoffe aus dem Boden aufnimmt, die ihren Ursprung in tierischen Zersetzungsprozessen haben.

Die bei uns erhältlichen Kulturfeigen brauchen wie gesagt ohnehin keine externen Bestäuber. Ich habe seit einigen Jahren einen Feigenbaum im Garten stehen, der dieses Jahr jede Menge köstliche Früchte getragen hat. Die haben beim Essen übrigens auch ganz schön geschrammelt und geknirscht. Aber das liegt nicht an irgendwelchen Insekten, sondern an den Fruchtsamen. Und die sind auch noch gesund.

Feigen – süße Delikatesse

Die beste Zeit: Feigen sind das ganze Jahr erhältlich, während der Hauptsaison von Juli bis in den November schmecken sie aber besonders gut. In dieser Zeit kommen sie meistens aus dem südlichen Europa, aber sogar hierzulande wachsen die süßen Früchte. In den Wintermonaten werden Feigen oft aus Südafrika, Brasilien oder Kalifornien importiert. Durch lange Transportwege sind die Früchte aber teurer und schmecken oft weniger aromatisch.

Reifeprüfung: Reife Feigen erkennen Sie an ihrem angenehm süßlichen Duft. Die Früchte sollten unversehrt, leicht weich, aber nicht matschig sein.

Schnell verbrauchen: Da frische Feigen schnell verderben, sollten sie innerhalb weniger Tage verzehrt werden. Die druckempfindlichen Früchte bis dahin möglichst nebeneinander und mit Abstand im Gemüsefach des Kühlschranks lagern.

Aromatisch und süß: Feigen sind wunderbar unkompliziert und einfach in der Zubereitung. Die Früchte müssen lediglich gewaschen und der Stielansatz entfernt werden, der Rest wird komplett gegessen. Wer die Schale nicht mag, kann sie einfach abziehen oder die Frucht auslöffeln. Feigen schmecken toll zu Käse, im Salat, als Kompott und Konfitüre oder auch in Rotwein gedünstet zu Desserts und Fleischgerichten.

Das steckt drin: Feigen sind besonders reich an sättigenden und verdauungsfördernden Ballaststoffen sowie wichtigen Mineralstoffen und Spurenelementen wie Kalzium, Kalium, Phosphor, Zink und Eisen. Enthaltene B-Vitamine sorgen zudem für starke Nerven und eine gesunde Haut.

Trockenfrüchte: Besonders in den Wintermonaten sind getrocknete Feigen ein beliebter Snack. Sie sind deutlich süßer als die frischen Früchte und sollten daher nur in Maßen verzehrt werden. Ihr hoher Ballaststoffgehalt macht sie aber zu einer gesunden und wertvollen Zutat in Müsli, Früchtebrot oder Reisgerichten. Über Nacht in Wasser eingeweicht, sind sie zudem ein beliebtes Mittel gegen Verstopfung. Greifen Sie beim Kauf möglichst zu Trockenfrüchten ohne Schwefel und zugesetzten Zuckersorten.

Appetit bekommen? Hier finden Sie ein paar leckere Feigenrezepte zum Nachmachen, Ausprobieren und Naschen:

Unsere leckeren Feigengerichte auf einen Blick

Eine Wespe, die nicht feige ist: Sind Feigen fleischfressende Pflanzen?
Eine Wespe, die nicht feige ist: Sind Feigen fleischfressende Pflanzen? © Eat Club
Feigen-Tartine mit Ziegenkäse
Feigen-Tartine mit Ziegenkäse © Eat Club
Selbstgemachte Müsliriegel mit getrockneten Feigen
Selbstgemachte Müsliriegel mit getrockneten Feigen © Eat Club
Warmer Süßkartoffel-Feigen-Salat mit Burrata
Warmer Süßkartoffel-Feigen-Salat mit Burrata © Eat Club
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