Berlin. Das Diabetesmedikament Ozempic ist derzeit Mangelware in Deutschland. Grund dafür ist ein Hype, der mit Diabetes wenig zu tun hat.

Diabetikern dürfte das Medikament "Ozempic" wohl bekannt sein: Seit 2018 ist es in Europa zugelassen und hilft, den Blutzuckerspiegel zu senken. Doch plötzlich wird das Medikament zur Mangelware. Grund dafür ist eine sogenannte Off-Label-Nutzung, die nicht zuletzt durch einen Social-Media-Hype befeuert wird.

Off-Label-Use bedeutet, dass Medikamente gegen eine Krankheit eingesetzt werden, für die sie ursprünglich gar nicht zugelassen wurden. Das verschreibungspflichtige "Semaglutid", das unter dem Namen Ozempic erhältlich ist, wird hierzulande zunehmend zum Abnehmen eingenommen, anstatt wie ursprünglich vorgesehen zur Senkung des Blutzuckerspiegels.

„Aktuell haben wir einen Lieferengpass bei einem Diabetesmedikament, bei Semaglutiden, weil man gemerkt hat, das kann man auch zum Abnehmen nutzen“, sagte David Francas, Professor für Daten- und Lieferkettenanalyse an der Hochschule Worms. „Das wird gehypt und plötzlich hat man einen Off-Label-Use für das Medikament, der auch die Nachfrage treiben kann.“

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Ozempic: Off-Label Verschreibung "geht nicht an"

Hintergrund dieses Hypes ist die jüngst erfolgte Zulassung eines Semaglutid-Wirkstoffes unter dem Markenname "Wegovy", der Menschen mit Übergewicht und Adipositas mit mindestens einer gewichtsbedingten Begleiterscheinung helfen soll. Das gilt für Patienten mit einem Body-Mass-Index (BMI) ab 27.

Allerdings ist Wegovy zwar in Europa zugelassen, in Deutschland bisher aber gar nicht erhältlich, wie der Hersteller Novo Nordisk Pharma auf Anfrage bestätigte. Offenbar wird Abnehmwilligen von Ärzten stattdessen gern mal das Diabetesmedikament Ozempic verschrieben. „Es geht nicht an, dass ich ein Anti-Diabetikum verschreibe off-label für jemanden, der abnehmen möchte. Das ist ein Unding, da hab ich doch auch eine Verantwortung als Verschreiber“, kritisierte Torsten Hoppe-Tichy, Leiter der Apotheke des Universitätsklinikums Heidelberg, diese Nutzung.

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Elon Musk preist Wegovy bei Twitter

Befeuert wird der Run auf Ozempic wohl auch durch einen Social-Media-Hype, bei dem sich Menschen mit ihren Abnehmerfolgen brüsten. So erwähnte Tech-Milliardär Elon Musk bei Twitter auf die Frage nach dem Geheimnis seines Aussehens neben dem Fasten den Namen Wegovy. Ärzte berichten demnach von verstärkten Nachfragen von Patienten nach dem Mittel.

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Tatsächlich scheint der Wirkstoff eine erstaunliche Wirkung auf das Abnehmverhalten zu haben. Bei einer Studie verloren Patienten durchschnittlich 15 Prozent ihres Gewichts, nachdem sie 68 Wochen lang begleitend zu Lebensstiländerungen eine Dosis Semaglutid einnahmen, wie die „New England Journal of Medicine“ schreibt.

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Allerdings ist das Medikament trotz dieser Eigenschaften mit Vorsicht zu genießen: Die Deutsche Gesellschaft für Endokrinologie (DGE) warnte bereits Ende letzten Jahres vor Risiken und Nebenwirkungen. Eines der Probleme sei, dass eine Lifestyle-Anwendung nicht untersucht sei, hatte DGE-Sprecher Stephan Petersenn erklärt. „Es ist unklar, ob ein übergewichtiger Patient, der aber nicht adipös ist, überhaupt Gewicht verliert.“ Auch Nebenwirkungen wie Übelkeit und Durchfall seien möglich. Generell solle die Anwendung eingebettet sein in ein Gesamt-Therapiekonzept mit Ernährung und Sport unter ärztlicher Überwachung. (dpa/fmg)