Berlin. Ein Lebensmittelproduzent bringt urzeitliches Elefantenfleisch auf den Teller. Allerdings ist das Mammut nicht zum Verzehr geeignet.

Das Wollhaarmammut gehört neben Säbelzahntigern und Neandertalern wahrscheinlich zu den bekanntesten Spezies, die mit dem Ende der letzten Eiszeit von der Bildfläche verschwanden. Weil Wissenschaftler aus eingefrorenen Exemplaren große Mengen Erbmaterial gewinnen konnten, lebt der Traum der Auferstehung schon lange. Ein australisches Start-up-Unternehmen hat sich die Idee zu eigen gemacht. Jedoch nicht, um in Sibirien neue Herden anzusiedeln. Das Gewebe kommt auf den Teller. Allerdings wurde es nicht zum Verzehr gezüchtet.

Im Gegenteil: Das kugelrunde Stück Fleisch ist in den Niederlanden zur Ansicht ausgestellt. Im Rijksmuseum Boerhaave in Leiden, das sich auf Naturwissenschaften und Medizin spezialisiert, kann das urzeitliche Fleischbällchen betrachtet werden. Der australische Lebensmittelproduzent Vow hat das Gewebe synthetisiert, um auf emissionsarme und gewaltfreie Fleischprodukte aufmerksam zu machen. Tut sich damit für die große Mehrheit ein Weg zu nachhaltiger Ernährung ohne Fleischverzicht auf?

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Laborfleisch: Nachhaltige Ernährung, geringe Emissionen

Der Forschungsleiter von Vow, James Ryall erklärte "CNN": "Wir müssen unsere Lebensmittelbeschaffung neu denken." Die Motivation für den PR-Coups sei, "dass viele Menschen in der ganzen Welt erstmal von gezüchtetem Fleisch hören".

Viel mehr als eine ausgefallene Werbestrategie für nachhaltigere und weniger grausame Fleischproduktion ist das gewaltige Fleischbällchen allerdings nicht. Denn zum Verzehr war das Mammutfleisch nie gedacht. "Normalerweise probieren wir unsere Produkte", sagte Ryall. Diesmal habe man sich mit dem Appetit aber sehr zurückgehalten. Grund dafür sind allergologische Bedenken, die die Wissenschaftler vor einer Kostprobe zurückschrecken lassen. "Wir sprechen hier schließlich von einem Protein, das 5.000 Jahre lang nicht existierte."

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Ein Teil Mammut, ein Teil afrikanischer Elefant, ganz viel Schaf

Dass der Zellularbiologe von nur einem Protein spricht, hat dabei einen guten Grund. Das Stück Fleisch besteht nämlich zum größten Teil aus Schaf. Für die Herstellung bedienten sich die Wissenschaftler an dem weltweit zugänglichen Gen-Pool für Mammuts und wählten für die Kultivierung ein Myoglobin aus Muskelzellen. Weil die Information nur bruchstückhaft vorhanden ist, wurde das biologische Material mit dem Erbgut seiner afrikanischen Artgenossen ergänzt und in die Muskelzelle eines Schafs implantiert. Dieses züchtete das Start-up-Unternehmen schließlich im Labor, bis es zu einem Gewicht von knapp einem halben Kilogramm heranwuchs.

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Im Labor gezüchtetes Fleisch könnte der konventionellen Fleisch-Industrie in ferner Zukunft den Garaus machen. Schließlich gelten Agrarbetriebe mit Massentierhaltung zu den größten globalen Treibhausgas-Produzenten. Rund 1,5 Milliarden Kühe verpesten weltweit die Erdatmosphäre mit extrem klimaschädlichem Methangas, einem Schadstoff, der 21 mal so verheerend wirkt wie CO2.

Vorreiter Singapur: Wann erreicht kultiviertes Fleisch Serientauglichkeit?

Dass die Kulturfleisch-Branche noch in den Kinderschuhen steckt, beweist der PR-Stunt um das sogenannte "Mammutfleisch" deutlich. Dass das Modell Perspektiven bietet steht für Rowan Rimington, Leitender Zellularbiologe von Ivy Farms Technology aber fest: "Wir müssen nicht das ganze Tier züchten. Wir kultivieren nur die Teile, die lecker sind und Nährstoffe bieten"

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Ganz ohne Unkosten entsteht aber auch das Laborfleisch nicht. Um das Produkt im Reagenzglas zu züchten, müssen die Wissenschaftler des Forschungsprojekts unter dem Dach der renommierten britischen Universität Oxford dem Gewebe Kohlenhydrate, Vitamine, Mineralien, Fette und Proteine zuführen, erklärt Rimington. "Wie ein herkömmliches Tier brauchen die Zellen Nährstoffe zum Wachsen." Schon seit Jahren forscht das britische Team an kultiviertem Laborfleisch und spekuliert auf eine baldige Zulassung in mehreren Ländern. Bisher hat lediglich die Lebensmittelbehörde von Singapur grünes Licht gegeben.

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Obwohl nur ein kleiner Teil des Fleischbällchens aus Urzeitelefanten-DNA besteht, habe die Zugabe des Mammut-Myoglobin nach Aussage von James Ryall die Struktur des Schafgewebes merklich beeinflusst. Selbst wenn der Urelefanten-Part gering ist, mit 400 Gramm Gewicht würde das Fleischbällchen den Zusatz "Mammut" trotz Schafanteil aber ohnehin verdienen.