Helmstedt/Antalya. Die FC-Fußballer spürten die Ausläufer des Erdbebens. Die Familie eines Türk Gücü-Spielers aber lebt in der betroffenen Region und ist nun obdachlos.

Strahlend blauer Himmel, Sonne satt, angenehme Temperaturen, grüne Trainingsplätze – kurzum: Die Bedingungen, die die Bezirksliga-Fußballer des FC Türk Gücü Helmstedt aktuell im Trainingslager in Lara vorfinden, könnten kaum besser sein. Und dennoch ist die Fröhlichkeit der ersten Tage verflogen …

Das verheerende Erdbeben im Süden der Türkei, das dort bislang mehrere tausend Todesopfer gefordert hat, beschäftigt die Kicker von der Kantstraße enorm. Sie selbst haben das Erdbeben(Stärke 7,8), dessen Epizentrum lediglich rund 550 Kilometer entfernt war, nur leicht zu spüren bekommen. Der Boden vibrierte unter den Füßen, die Deckenlampen wackelten gehörig. Und im Innenpool wurde durch ein Nachbeben der Stärke 7,5 eine Flutwelle ausgelöst, die bis ins Atrium das Hotels schwappte und für nachdenkliche Blicke sorgte.

Im Vergleich zu den erschütternden Bildern, die die Fußballer zuvor bereits im Fernsehen gesehen hatten, war das natürlich nichts. Es waren Bilder, die sie bestürzt machten, die sie sich fassungslos anschauten – und auf die sie prompt reagierten. Die Mannschaft beschloss am gleichen Abend, für die Menschen aus der betroffenen Region rund um Kahramanmaras zu sammeln, Teile der Mannschaftskasse zu spenden. Es war eine Idee, die ankam bei allen Mitreisenden.

„Wir haben die Bilder gesehen, viele von uns haben Familie dort“, sagt Offensivmann Onur Can Ada. „Da mussten wir nicht lange überlegen“, unterstreicht das Mitglied des Mannschaftsrates. „Dass die ganze Truppe da mitmacht, ist umso schöner. Wir können uns glücklich schätzen, wie gut es uns geht. Wir wollen einfach nur helfen.“

Es war der Stein des Anstoßes – und brachte den Verein auf eine Idee. „Wir spenden die Summe, die wir bislang durch unsere Aktion ,Der Kick für die Sache‘ eingenommen haben“, erklärt Vorsitzender Ahmet Inan. Für jedes Türk-Gücü-Tor (68) in der Bezirksliga zahlte der Verein 10 Euro in den „Pott“, für jeden Gegentreffer (16) kamen jeweils 10 Euro von der Mannschaft hinzu. Und: Der Vorstand packte noch einmal 20 Euro pro „Zu-null-Spiel“ (8) obendrauf, so dass alleine so schon exakt 1000 Euro eingespielt wurden.

„Es ist großartig, das sind die Spielertypen, die zu unserem Verein passen“, lobt der Vorsitzende seine Akteure – und packte spontan selbst noch einmal 1000 Euro drauf. Hassan Hussein, Mitglied des Kompetenzteams bei Türk Gücü, zog mit weiteren 1000 Euro gleich nach. „Wir kommen schließlich selbst aus der Ecke“, verdeutlicht der Restaurantbetreiber. Und der Helmstedter Unternehmer Lutz Dern, der ehemalige 2. Vorsitzende des FC Türk Gücü, erfuhr via Videocall von dieser Aktion, signalisierte sofort seine Mithilfe und überwies prompt weitere 1000 Euro – eine tolle Geste! Zusätzliche private Spenden von Freunden des Vereins kamen hinzu, so dass innerhalb von nicht einmal 24 Stunden eine Spendensumme von 5000 Euro plus x zusammenkam.

„Meine Tante lebt mit ihrer Familie in Gaziantep“, erklärt Mittelfeldakteur Semih Kurtoglu und berichtet, dass sie ihr Dach über dem Kopf verloren haben und zurzeit im Auto leben müssen. „Es freut mich deshalb umso mehr, dass wir da helfen können“, betont der 23-Jährige.

Zumal es eine schnelle Hilfe sein wird. Schließlich fliegen Hassan Hussein und Ali Ayaz direkt aus dem Trainingslager weiter in die betroffene Region im Süden der Türkei. „Wir kommen ja von dort und hatten das ohnehin geplant“, sagt Hussein, der das Spendengeld gemeinsam mit Ayaz direkt vor Ort übergeben wird. Damit das Geld auch ohne Umwege sofort da ankommt, wo es so dringend benötigt wird.