Gifhorn. Serie „Kinder in Bewegung“ – Schießsport: Das USK Gifhorn bietet jungen Mitgliedern diverse Möglichkeiten, Sport in der Gemeinschaft zu erleben.

Im neuen Teil unserer Serie „Kinder in Bewegung“ widmen wir uns dem Schießsport, dem mit 12.945 Mitgliedern drittstärksten Fachverband im Kreis Gifhorn, am Beispiel der Jugendarbeit im Uniformierten Schützenkorps (USK) Gifhorn.

Sommerbiathlon – Das tolle Miteinander ist das große Plus

Die deutschen Topstars Arnd Peiffer, Franziska Preuß & Co. bereiten sich damit auf die Wintersaison vor. Für die Athletinnen und Athleten des USK Gifhorn ist diese Sportart dagegen ihr Ein und Alles: Die Rede ist vom Sommerbiathlon.

Wie bei der beliebten Wintersportvariante müssen auch die Sommersportler mit einem Gewehr die fünf Scheiben am Schießstand abräumen und Laufrunden absolvieren – allerdings nicht auf Skiern, sondern auf Rollskiern oder – wie im Fall der Gifhorner – im Crosslauf.

Für die meisten von ihnen ist der Clausthal-Zellerfelder Peiffer ein großes Vorbild. Raphael Kostrewa eifert hingegen einem anderen Athleten nach: Martin Fourcade, dem fünfmaligen Olympiasieger, elfmaligen Weltmeister und siebenfachen Gesamtweltcupsieger aus Frankreich. Warum das so ist? Ganz einfach: „Meine Mutter ist Französin“, verrät Kostrewa.

Große Erfolge haben auch die Mühlenstädter vorzuweisen. Im Jahr 2000 gründete der passionierte Ausdauersportler und Sportschütze Peter Kostrewa die Sommerbiathlon-Sparte im USK – und formte ein Team von nationaler und sogar internationaler Klasse. So startete Hendrik Berner etwa für das Jugend-Nationalteam und gewann bei den Europameisterschaften in Haanja (Estland) im August 2013 die Silbermedaille im Sprint. In derselben Disziplin wurde Steffen Hannich bei den Titelkämpfen in Bayerisch Eisenstein am Arber im Vorjahr sogar Deutscher Meister. „Das war eine absolute Spitzenleistung“, sagt der Spartenleiter.

Jedes Jahr ab April treten seine Schützlinge bei Wettkämpfen an, die sich grob in drei Kategorien unterteilen lassen: Wettkämpfe für Anfänger, Cup-Klasse und Leistungswettkämpfe bis hin zur Deutschen Meisterschaft. Dabei bereisen die Gifhorner die ganze Bundesrepublik. „100 Kilometer Anreise sind nichts“, erklärt Kostrewa.

Eine weite Anfahrt haben fast alle der 35 USK-Athleten im Alter von 10 bis 58 Jahren übrigens auch dann, wenn mittwochs von 18 bis 20 Uhr auf dem Sportpistolenstand im Schützenhaus trainiert wird. Zwar kommen die meisten aus Gifhorn, wohnen studien- oder berufsbedingt mittlerweile aber in Köln, Berlin, Erfurt, Hohne oder Braunschweig. Die Tatsache, dass bislang fast niemand aus dem Verein ausgetreten ist, „spricht für die Gemeinschaft und das super Miteinander, das wir hier haben“, lobt Kostrewa.

Um diese tolle Gemeinschaft zu fördern, geht es für ihn und seine Truppe oft in Jumphallen, Kletterparks oder Escape Rooms. Und die Vorfreude auf den 17. Gifhorn-Cup am Sonntag, 18. August, ist natürlich auch schon groß.

Kinder- und Jugendzug – Mama und Papa sind für die Kleinen die Allergrößten

Das USK Gifhorn hat eine lange Tradition, die ins Jahr 1823 zurückreicht. Seit mehr als 50 Jahren gibt es den Kinder- und Jugendzug, den Walter Hüttel 1968 gründete. Heute leitet ihn Nina Siebert, für die ein Leben ohne den Schießsport gar nicht denkbar wäre.

„Ich bin damit groß geworden“, erzählt sie. „Mein Papa Dieter war im Schützenverein Zugführer und hat meinen Bruder Gerrit und mich damals mitgenommen. Wir sind beide bis heute dabeigeblieben.“

Knapp 20 Jahre lang ist Siebert mittlerweile beim USK, für den Kinder- und Jugendzug ist die heute 29-Jährige seit neun Jahren verantwortlich. Ihr zur Seite steht Feldwebel Silke Mohrmann – beide sind außerdem im Damenzug aktiv.

Die Trainingseinheiten finden immer donnerstags zwischen 17 und 19 Uhr statt. Im Gegensatz zu den Sommerbiathleten (siehe Bericht rechts) beschränken sich die Übungen auf den Schießstand. Dabei bieten sich den 25 bis 30 Kindern – etwa 15 nehmen stets am Training teil – drei verschiedene Möglichkeiten: Lichtpunktschießen (6 bis 12 Jahre), Luftgewehr/Luftpistole (ab 12 Jahre) und Kleinkaliber (ab 16 Jahre mit Unterschrift der Eltern, sonst ab 18 Jahre).

Begeistert sind die Nachwuchsschützen von der modernen Elektronikanlage. „Dadurch müssen wir die Scheiben nicht mehr heranholen, weil die Kinder ihr Trefferbild direkt auf einem Tablet einsehen können“, erklärt Siebert. „Zudem erspart es uns einen Haufen Papier.“

Doch Schießsport wäre nicht Schießsport, wenn es nicht auch Einzel- und Teamwettkämpfe geben würde. „Darauf freuen sich die Kinder immer richtig“, betont die Jugendzugführerin. Sie selbst wurde 2012 Vizelandesmeisterin mit der Mannschaft in Hannover mit der Luftpistole – und durfte sich wenig später über den Erfolg eines ihrer Schützlinge freuen. Mareike Schulze gewann 2013 Gold und 2014 Silber bei der Landesmeisterschaft mit der Luftpistole und qualifizierte sich jeweils für die Deutsche Meisterschaft in München. „Solange ich dabei bin, ist das definitiv der größte Erfolg im Jugendbereich“, sagt Siebert.

Die Reise in die bayerische Landeshauptstadt konnte sie zwar beide Male nicht auf sich nehmen, „ich wusste aber, dass Mareike in guten Händen ist, weil ihre Eltern selbst Schützen sind“. Die Eltern sind übrigens ein gutes Stichwort, denn die sind für die jungen USK-Athleten die Allergrößten. „Die Kinder sagen immer, dass sie gerne wie Mama oder Papa schießen möchten“, verrät Siebert schmunzelnd.

Konzentration, Verantwortung, Teamgeist – und die nötige Disziplin

Peter Kostrewa kneift das linke Auge zu und schaut durch den Diopter. Unterdessen sind Nathalie Gerdau, Christoph Götze sowie Cedric und Maeva Kostrewa auf den Matten in Stellung gegangen, visieren die Scheiben an und drücken ab. „Das war eine Sieben auf 6 Uhr“, ruft der Sommerbiathlon-Spartenleiter des USK Gifhorn. Heißt übersetzt: Treffer im unteren Bereich der Trefferfläche – allerdings gerade so.

Konzentration und Präzision, diese beiden Aspekte sind beim Schießen eminent wichtig. Ersterer wird durch diesen Sport sogar noch gefördert, wie USK-Jugendzugführerin Nina Siebert festgestellt hat: „Es gibt manche Jugendliche, die dadurch ruhiger geworden sind. Dann läuft es auch in der Schule besser.“

Doch Konzentration ist noch in einem anderen Punkt von Bedeutung. Da die Sommerbiathleten ihre Gewehre während der Laufrunden nicht auf dem Rücken führen, müssen sie diese beim Eintreffen am Schießstand nicht nur aufnehmen, sie sind – sofern sich zwei Athleten ein Gewehr während des Wettkampfes teilen – auch darauf angewiesen, dass ihnen ihre gerade nicht auf der Strecke aktiven Vereinskameraden die Magazine reichen. Kostrewa formuliert es so: „Es ist zwar schon ein Einzelkämpferwettbewerb, doch ohne das Team kannst du nichts gewinnen. Deswegen legen wir großen Wert auf Teamgeist.“

Konzentration bedeutet zudem, dass sich seine Schützlinge Hinweise bis zum nächsten Schießen merken – etwa, wenn sich der Wind im Vergleich zum Anschießen verändert hat. Die Tatsache, dass Athleten im Wettkampf disqualifiziert werden, wenn sie sich nicht an die Regeln halten, sei Herausforderung und Lehre zugleich. „Ich brauche Fehler, um zu lernen“, erklärt Kostrewa. „Das ist das Handwerkszeug zum Erwachsenwerden.“

Spezielle (körperliche) Voraussetzungen müssen die jungen Sportler nicht erfüllen, um Sommerbiathlon auszuüben. Genauso verhält es sich beim Kinder- und Jugendzug des USK. „Die Kinder sollten aber Spaß und Teamfähigkeit mitbringen“, sagt Nina Siebert. „Wer allerdings etwas reißen will, braucht Ehrgeiz und Disziplin“, betont Kostrewa.

Schließlich ist da noch das Thema Sicherheit, „und zwar gegenüber sich selbst und anderen“, erläutert der Spartenleiter. „Auch mit einem Lichtpunktgewehr hat man nicht herumzufuchteln, denn ein Laser ist auch eine Gefahrenquelle.“

Hans-Herbert Böhme, Vorsitzender des Kreissportbundes Gifhorn, sieht den Schießsport im Landkreis übrigens sehr gut aufgestellt: „Hier wird eine rege Jugendarbeit betrieben. Von Bogenschießen über Kleinkaliber bis hin zu Mischsportarten ist alles vorhanden. Zudem eignen sich diese Sportarten sehr gut für Inklusion.“