Tokio. Im Einzel darf der jüngste der deutschen Springreiter nur zuschauen und sieht das Desaster der Kollegen. Jetzt geht er als einziger unbelastet in den olympischen Teamwettbewerb - und ein anderer ist nur noch Zuschauer.

Seinen Ärger spricht Maurice Tebbel offen aus. "Die Enttäuschung war riesig, da haben wir kein Geheimnis drum gemacht", sagte der Springreiter über die Nichtnominierung für das olympische Einzelspringen in Tokio.

Tebbel will die Enttäuschung nun aber "so ein bisschen ausblenden und dann fürs Team versuchen, das Bestmögliche zu geben am Freitag". Nach dem Desaster der Kollegen im Einzel soll der Jüngste jetzt helfen, mit der Mannschaft eine Medaille zu holen.

Vater als Trainer

"Wir haben uns das natürlich anders erhofft", sagte der 27-Jährige und spricht dabei gerne im Plural. Gemeint ist auch sein Vater und Trainer René Tebbel - und der hat selber ärgerliche Erfahrungen mit verweigerten Nominierungen gemacht.

Dreimal war René Tebbel von 2005 bis 2007 deutscher Meister, durfte in jenen Jahren aber trotzdem nicht bei einer internationalen Großveranstaltung für Deutschland starten. Der inzwischen 52 Jahre alte Tebbel senior wechselte 2015 den Verband, erfüllte sich seinen Olympia-Traum 2016 mit dem Team der Ukraine und wurde in Rio de Janeiro 19. im Einzel.

Sein Sohn Maurice ist hingegen schon früh von Bundestrainer Otto Becker bei Großveranstaltungen eingesetzt worden. Der U18-Europameister von 2012 ritt vor vier Jahren in Göteborg mit dem deutschen EM-Team sogar gegen seinen Vater mit der Ukraine, und er gewann 2018 mit der Mannschaft WM-Bronze in den USA. Umso unverständlicher war für Maurice Tebbel das von Becker bereits Anfang Juli verkündete Aus für das Olympia-Einzel.

Unbelastet in die Team-Entscheidung

Das Ausscheiden der Kollegen André Thieme und Christian Kukuk in der Einzel-Qualifikation von Tokio hat die Enttäuschung zumindest "nicht nochmal stärker gemacht", wie Tebbel versicherte. "Ich hätte ihnen natürlich gegönnt, dass sie Null geritten wären."

Nun geht Tebbel als einziger unbelastet in die Team-Entscheidung, nachdem Daniel Deußer in der Runde der besten 30 am Mittwoch zwei Abwürfe mit Killer Queen kassiert hatte und nur 18. geworden war. "Ich hoffe, dass wir Freitag einfach alle eine gute Runde zeigen", sagte der Youngster.

Zurückhaltende Ziele

Die Erwartungen formulierte Maurice Tebbel eher zurückhaltend. "Unser Ziel ist es natürlich, uns erstmal für Samstag zu qualifizieren und unter die besten Zehn zu kommen", sagte er. Sollte das klappen, "dann hoffen wir natürlich, dass wir vorne mitmischen können, klar". Neben Tebbel nominierte Otto Becker den Weltranglisten-Ersten Deußer mit Killer Queen und Thieme mit Chakaria. Nun ist Kukuk der Zuschauer.

Die Enttäuschung nach dem Desaster im Einzel war groß, denn "wir hatten uns für beides was vorgenommen", wie es Becker ausdrückte. Umso mehr gilt jetzt für den letzten Wettbewerb: "Wir werden nochmal angreifen."

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