Braunschweig. Das „Feuerwerk der Turnkunst“ unterhält in zwei Vorstellungen in Braunschweig je 6500 Zuschauer. Für Montag gibt es noch Karten.
Vom charakteristischen Charme einer gewöhnlichen Sporthalle ist an diesem Sonntagnachmittag keine Spur – und das, obwohl geturnt wird. Denn bei Europas erfolgreichster Turnshow, dem „Feuerwerk der Turnkunst“, ist alles auf Hochglanz poliert.
In der abgedunkelten Volkswagen Halle sehen 6500 begeisterte Zuschauer bei der „Connected“-Tour hochtalentierte Sportler, mutige Akrobaten und tollpatschige Komiker zwischen Schwarzlicht, Trockeneisnebel und Feuer. Zweieinhalb Stunden unterhält das Ensemble, das aus neun Nationen stammt, die Massen.
Den Anfang machen jedoch keine Profis, sondern die von der Basis. In orientalischen Gewändern vollführen Turnerinnen des TuS Blau-Weiß Lohne aus dem Landkreis Vechta zu verspielter Musik Tänze in Kombination mit Sprüngen und Hebefiguren – bunt, schrill und bewegungsreich.
Aber das „Feuerwerk der Turnkunst“ kann auch anders. Alexander Weibel-Weibel startet an einem halben Dutzend Schlappseilen zu ruhigen Klängen zunächst verhalten und sorgt dann doch für den ersten donnernden Applaus auf den Rängen, als er sich – alle Viere von sich gestreckt an je ein Seil stützend – in schnellen Pirouetten im Kreis dreht.
"Feuerwerk der Turnkunst" in Braunschweig
Sowieso sind es eher die leisen Einlagen, die das Publikum fesseln. Lidar, Yannay, Efraim und Daniel überzeugen mit schnörkelloser Sportakrobatik, die kolumbianische Gruppe Circolombia lässt eine Turnerin auf dem russischen Barren waghalsige Sprünge vollführen, und das Duo Jules und Jerome katapultiert sich mittels Wippe gegenseitig bis unter die Hallendecke.
Die ganze Show profitiert von diesen ruhigen Momenten, denn meist kommt die Turnkunst zu kurz, wenn zu viel Feuerwerk im Spiel ist. Manch turnerische Fehlleistung wird kaschiert von buntem Licht und gefälliger Musik, doch auch perfekt ausgeführte Bewegungen verschwinden aufgrund der Effekte drumherum. Von Helge Liebrichs Auftritten am Seitpferd und an den Ringen ist beinahe nichts zu sehen, weil um ihn Scharen von Tänzern die Aufmerksamkeit und Sicht nehmen. Saulo Sarmiento am Flying Pole, einer schrägstehenden, beweglichen Stange, hingegen hat die Bühne für sich und wird für seine anspruchsvolle Darbietung voller Körperbeherrschung gefeiert. Den meisten Applaus erhält jedoch das Quartett „Diabolo Walker“, das das Publikum mit neonfarbenen fliegenden Diabolos im Sturm erobert. Andere vermeintliche Stimmungsmacher wie die Breakdancer von DDC und der Clown Poppin’ Greg sind dagegen auch mal zu albern. Zum Schluss kriegt die Show aber wieder die Kurve und liefert mit dem Duo Turkeev, das romantisch durch die Lüfte schwebt, einen atemberaubenden Abschluss, der im Glitzerregen endet. Das „Feuerwerk der Turnkunst“ in Braunschweig ist kurzweilig und spektakulär, zuweilen aber zu klamaukig und abgehoben – manchmal wäre ein bisschen mehr Turnhallen-Charme, ein wenig mehr Sport pur, gar nicht so fehl am Platz.