Darmstadt. Patrick Lange gewann 2017 die Ironman-WM auf Hawaii. Ohne eisernen Willen wäre das nicht möglich. Das Interview mit dem deutschen Hawaii-Sieger.

Ein trüber Dezembernachmittag. Der Ironman-Weltmeister Patrick Lange hat die „kostbar“ als Treffpunkt vorgeschlagen. Ein heimeliger Wohlfühlladen für biologische Produkte in Darmstadt. Der 31 Jahre alte Hawaii-Sieger von 2017 wohnt nicht nur in der Nähe, sondern pflegt enge Bande mit den Besitzern, die sich auf vegetarische Kost spezialisiert haben.

Die Festtage verbringen und verbinden die meisten Menschen mit einem Festtagsbraten. Wie ist das bei Ihnen?

Patrick Lange: Ich ernähre mich ja nicht vegan, sondern vegetarisch – und das seit acht Jahren. Kein Fisch, kein Fleisch. Aber genau wie alle anderen bin ich über die Festtage mehr mit Schlemmen als mit Sporttreiben beschäftigt (lacht).

Stimmt es, dass Sie jeden Tag ein alkoholfreies Weizenbier trinken?

Patrick Lange: Nicht täglich. Aber es schmeckt mir tatsächlich sehr gut. Wenn ich in der Hitze trainiere, freue ich mich danach unheimlich darauf am Abend.

Meiden Sie Alkohol komplett?

Patrick Lange: Während der Saison schon. Ich habe auch nicht das Gefühl, dass es mir in irgendeiner Form fehlt.

Stattdessen treiben Sie vermutlich auch an Silvester noch Sport.

Patrick Lange: Ich kann nicht den ganzen Tag nur rumsitzen. Seitdem ich Triathlon betreibe, mache ich jedes Jahr einen Silvesterlauf: Diesmal starte ich am 31. Dezember in Frankfurt.

Vor zwei Jahren standen Sie am Scheideweg und wären beinahe in ihren Beruf als Physiotherapeut zurückgegangen. Inwieweit wurde ihr Leben durch den Titel als Ironman-Weltmeister auf den Kopf gestellt?

Patrick Lange: Mein Leben hat sich schlagartig verändert, aber Leben verändert sich immer. Ich sehe das wirklich positiv. Ich weiß zu schätzen, dass die gestiegene Popularität auch schnell wieder verfliegen kann.

Merken Sie beim Blick aufs Bankkonto, dass Sie Hawaii-Sieger sind?

Patrick Lange: Natürlich. Es wäre ja schade, wenn das nicht so wäre. Der Sieger auf Hawaii bekommt 120.000 Dollar, da werden aber direkt 30 Prozent amerikanische Steuern abgezogen. Ich kann gewiss nicht sagen, ich lege die Füße hoch und muss mein Leben nicht mehr arbeiten.

Bei der deutschen Sportlerwahl des Jahres sind Sie Zweiter hinter dem Nordischen Kombinierer Johannes Rydzek geworden. Zufrieden?

Patrick Lange: Ich fand supertoll, dass ich dort aufs Treppchen durfte. Die Nordischen Kombinierer waren fast jedes Wochenende im Winter präsent – da können wir nicht mithalten. Daher ist mein zweiter Platz für den Triathlon eine coole Sache.

Vor zwei Jahren gewann der Ironman Jan Frodeno dennoch.

Patrick Lange: Es geht bei dieser Wahl mehr um das Gesamtbild und weniger um sportliche Wertigkeit. ‚Frodo‘ hatte natürlich den Vorteil, vorher schon Olympia-Gold gewonnen zu haben. Er stand jahrelang in der Öffentlichkeit, mich kennen die meisten erst seit drei Monaten. Außerdem muss man sich noch ein bisschen Luft nach oben lassen (lacht).

Wie ist ihr Verhältnis zu Frodeno?

Patrick Lange: Gut und respektvoll. Wir sind ja früher schon für TuS Griesheim in der Triathlon-Bundesliga gestartet und kennen uns seit Ewigkeiten.

Mit welchen Zielen gehen Sie ins nächste Jahr? Sie werden bereits beim Ironman Frankfurt auf Frodeno treffen...

Patrick Lange: Natürlich möchte ich als hessischer Bub in Frankfurt gewinnen, aber wenn ich dort Dritter würde und dafür wieder Hawaii gewänne, würde ich diese Konstellation vorziehen.

Ist es möglich, auf Hawaii unter acht Stunden zu bleiben?

Patrick Lange: Diese Marke spielt für mich nur in dritter oder vierter Instanz eine Rolle. Die acht Stunden sind menschenmöglich. Nur diese Insel besitzt ihre eigenen Regeln. Es kann sein, dass der nächste Sieger achteinhalb Stunden braucht.

Sie haben im Zielkanal von Kona bekannt, Sie hätten mit dem Gedanken gespielt, aufzuhören. Warum?

Patrick Lange: Man dringt bei solch einem Rennen in Seelenbereiche vor, die man aus dem normalen Leben nicht kennt. Ich hatte plötzlich sechs Minuten Rückstand auf dem Rad. Gerade weil man sich monatelang darauf vorbereitet hat, muss man stahlhart in der Birne sein, um sich zu sagen: ‚Der Tag ist noch lang‘.

3,8 Kilometer Schwimmen, 180 Kilometer Radfahren, 42 Kilometer Laufen – Der Normalmensch kann sich in die Belastung eines Ironman kaum hineinversetzen. Wie würden Sie später ihrer kleiner Nichte erklären, dass sie Triathlon machen soll?

Patrick Lange: Triathlon ist wie Fußball – nur geiler! (lacht) Das wir ein gesondertes Völkchen mit einer besonderen Leidenschaft sind, steht außer Frage. Ich würde die vielen Berührungspunkte mit der Natur, aber auch die besonderen Begegnungen mit Menschen in den Vordergrund stellen. Man sollte nicht mit einem Ironman beginnen. Eine Sprintdistanz reicht. Der Triathlon entwickelt die Persönlichkeit und verändert die Seele. In krasser Form.

Werden Sie auf der Straße eigentlich oft erkannt?

Patrick Lange: Das hält sich in Grenzen. Manchmal spüre ich das Gemurmel der Leute. Manche raunen, dass sie gedacht hätten, ich wäre größer.

Ab dem 1. Januar sind Sie schon wieder auf Reisen...

Patrick Lange: Genau, weil ich dann nach St. Moritz ins Trainingslager fahre. Ab 9. Januar geht es weiter nach Lanzarote, damit verschiebt sich der Fokus komplett aufs Sportliche.

Stoßen Sie aufs neue Sportjahr vorher mit Sekt oder Selters an?

Patrick Lange: Mit einem Weizenbier. Dann aber mit Alkohol (lacht).