Braunschweig. Neben Michael Schiele zeigt auch Löwen-Sportchef Nils Mittmann Verständnis für die Entscheidung von Gladbach-Sportdirektor Eberl.

Die mentale Belastung im Profisport kann erdrückend sein, das haben die vielen prominenten Fälle in der Vergangenheit immer wieder zu Tage gebracht: Sebastian Deisler, Ralf Rangnick, Mike Wunderlich oder Robert Enke litten unter ganz unterschiedlich ausgeprägten Krankheiten, aber sie alle haben eins gemeinsam. Das Bekanntwerden der Fälle hat zumindest teilweise dafür gesorgt, dass sich immer mehr Protagonisten dieses rastlosen Business an die Öffentlichkeit trauen.

Nun offenbarte sich Max Eberl. Der Sportdirektor von Borussia Mönchengladbach bat beim Traditionsverein darum, aus seinem laufenden Vertrag herauszukommen. Mitten in der Saison. In einer hochgradig komplizierten Situation für die Fohlen. Und am Ende einer Transferperiode. Von überall erhielt der 48-Jährige für den mutigen Schritt Zuspruch, Unterstützung und eine Menge Respekt.

Schiele: „Eberl hat Druck und Leere verspürt“

Auch Eintracht Braunschweigs Cheftrainer Michael Schiele äußerte sich auf Nachfrage unserer Zeitung. Der 43-Jährige kennt den langjährigen Gladbacher Manager nicht persönlich, aber die Nachricht habe ihn schon mitgenommen. „Max Eberl hat dort etwas aufgebaut, Erfolge gefeiert, aber wohl auch sehr viel Druck und Leere verspürt. Es war authentisch und der Schritt für ihn und den Verein nicht einfach. Gut, dass der Verein das mitgetragen hat. So wie er sich in der Pressekonferenz gegeben hat, kann es ihm für die Zukunft gut tun, jetzt eine Auszeit zu nehmen“, so Schiele, der den Druck aus dem Profisport selbst kennt. Er weiß: „Ruhephasen sind wichtig. Und nicht viele im Sport oder im Beruf generell schaffen es, komplett abzuschalten. Es ist wichtig, das zu lernen, sich auch mal rauszunehmen, auch wenn es schwer fällt.“

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Löwenchef Mittmann: Medienpräsenz im Fußball deutlich größer

Löwen-Geschäftsführer Nils Mittmann äußerte großes Verständnis für Max Eberls Rücktritt: „Die Erwartungshaltung im Profisport ist riesig.“
Löwen-Geschäftsführer Nils Mittmann äußerte großes Verständnis für Max Eberls Rücktritt: „Die Erwartungshaltung im Profisport ist riesig.“ © Peter Sierigk

Der Druck im Fußball sei viel höher als in seinem Sport, dem Basketball, weiß Nils Mittmann, Geschäftsführer der Braunschweiger Basketball Löwen. „Da ist eine ganz andere Medienpräsenz, da wird man viel schärfer angegangen und die Erwartungshaltung für jemanden wie Max Eberl, der zuvor so große Erfolge hatte, ist riesig“, sagt der Ex-Profi. „Ich kann mir vorstellen, wie extrem belastend das über die vielen Jahre ist."

Im Prinzip herrsche auch an der Spitze großer Unternehmen vergleichbarer Druck, allerdings nicht so auf eine Person fokussiert und nicht so öffentlich wie im Fußball. Mittmann stand als Verantwortlicher in einer kleineren Profisportart im Sommer plötzlich ohne Hauptsponsor da und bangte um die Existenz seines Standorts. „Das nagt und zehrt schon sehr an einem“, gibt er zu und vergleicht die Belastungen mit denen eines Mittelständlers, dem ein großer Auftrag wegbricht, und der auch für seine Mitarbeiter verantwortlich sei.

„Druck und Belastung sollten gesamtgesellschaftliches Thema sein“

So will der 42-Jährige die Diskussionen nicht auf den Sport beschränkt sehen. „Ich finde, es ist ein gesellschaftliches Thema“, betont Mittmann. „Und dafür muss man ein Bewusstsein schaffen – auch für sich selber. Und man muss versuchen, für Ausgleich und und ein mentales Gleichgewicht zu sorgen.“

Ihm sei bei der Pressekonferenz von Max Eberl gleich der Fall Robert Enkes und das Thema Depression eingefallen. Heute werde zum Glück schon offener über krankmachenden Druck gesprochen als vor einigen Jahren, führt der Basketball-Geschäftsführer aus. Es sei es richtig gewesen, dass Eberl die Chance ergriffen habe, erstmal aus dem Hamsterrad rauszukommen. „Und ich finde es gut, dass er drüber spricht und alle sensibilisiert.“