Wolfsburg. Den Erfolgscoach der Wolfsburger Fußballerinnen interessieren in Frankreich allerdings nicht nur die Ergebnisse, er schaut auch auf das Wie.

Wenn am morgigen Freitag Gastgeber Frankreich die Frauenfußball-Weltmeisterschaft in Paris eröffnet, dann gehen auch die Blicke des VfL Wolfsburg gespannt ins Nachbarland. Auch wenn einige Stars aus dem Team zuschauen müssen, weil ihre Nationen die Qualifikation nicht geschafft haben, sind immer noch zwölf Spielerinnen – bei drei von ihnen läuft der Vertrag aus, vier Neuzugänge spielen in Frankreich – mit VfL-Bezug beim Weltturnier dabei. Und Stephan Lerch, der Coach des nationalen Doublesiegers, freut sich auf ein ganz packendes Turnier.

Der 34-jährige Trainer sieht eine enorm große Leistungsdichte bei den Spitzenmannschaften. „Das ist wirklich schwer, weil viele Nationen um den Titel mitspielen“, antwortet er auf die Frage nach einem Favoriten. Die Gastgeberinnen besitzen schon lange eine große Qualität, die sie bei großen Turnieren aber nicht immer abrufen konnten. „Aber im eigenen Land traue ich ihnen schon etwas zu. Man hat ja bei der EM vor zwei Jahren gesehen, was möglich ist, als die Niederlande Europameister wurden“, so der Trainer, der noch weitere Mannschaften zum Favoritenkreis zählt: die physisch immer starke Mannschaft der USA, die ihren Weltmeistertitel verteidigen will oder die technisch hervorragend ausgebildeten Japanerinnen. Als Geheimfavoriten nennt er auch Australien, das viel in den Frauenfußball investiert.

Und die deutsche Mannschaft? Für Lerch, der mit Almuth Schult, Lena Goeßling, Sara Doorsoun, Alex Popp und Sommerneuzugang Svenja Huth (Turbine Potsdam) gleich fünf Spielerinnen stellt, gehört das DFB-Team zum erweiterten Favoritenkreis. „Deutschland traue ich zu, dass die Mannschaft ganz weit kommen wird. Um das Finale zu erreichen, benötigt man auch ein wenig Glück“, sagt er. Der Knackpunkt könnte aus seiner Sicht werden, „dass andere Teams eingespielter sind, weil sie keinen Umbruch hatten wie Deutschland mit der neuen Bundestrainerin Martina Voss-Tecklenburg.“ Aber, so betont der Wolfsburger Erfolgscoach auch: „Deutschland kann in so einem Turnier immer auch wachsen. Deswegen sehe ich das Halbfinale auch als realistisch an.“ Das würde dann wohl auch bedeuten, dass die deutsche Elf ihr Hauptziel, die Qualifikation für die Olympischen Spiele in Tokio, erreicht haben wird. Dazu muss sie unter den besten drei Mannschaften aus Europa gehören.

Zusätzlich zu der Frage nach dem Ausgang des Turniers beschäftigt den Trainer Lerch natürlich noch die nach der spielerischen Ausrichtung. „Ich bin gespannt auf die Erkenntnisse, die wir da sammeln.“ Die Europameisterschaft vor zwei Jahren zeigte, wie schwer sich die Topnationen – unter anderem auch Deutschland – taten, wenn sich der Gegner ganz weit zurückzog und nur auf Konter lauerte. Für den Wolfsburger Coach ist es dabei ein ganz praktisches Problem, dem er sich mit dem VfL in der Bundesliga Woche für Woche ausgesetzt sieht, allerdings eher selten vor größere Sorgen gestellt wird. „Ich denke, dass die Top-Nationen Lösungen gefunden haben werden, um sich gegen extrem defensive Mannschaften durchzusetzen.“

Neben den Spielerinnen, die aktiv im Geschehen stecken, wird der VfL auch auf der Tribüne stark vertreten sein. Lerch wird sich einige Partien im Stadion ansehen, seine neue Co-Trainerin Theresa Merk und der sportliche Leiter Ralf Kellermann sind vor Ort. Assistenztrainerin Ariane Hingst hat sogar einen Spezialauftrag, ist als Kommentatorin für einen US-amerikanischen Fernsehsender bei jedem Spiel im Einsatz. „Natürlich wird sie neben ihren Tätigkeiten auch mit mir regelmäßig im Austausch sein.“