Bielefeld. Eintracht Braunschweig gerät bei Arminia Bielefeld in neun Minuten bitterböse unter die Räder. Vor allem in der Luft ist die Eintracht unterlegen.

Bitterböse Erinnerungen wurden am Freitagabend zwischenzeitlich wach an den 14. Mai 2017, als Eintracht Braunschweig bei Arminia Bielefeld mit 0:6 verlor und damit den direkten Aufstieg in die Bundesliga am vorletzten Zweitliga-Spieltag vergurkte. Gestern wiederholte sich die Geschichte nicht, aber sie reimte sich. Wieder kam die Eintracht auf der Alm unter die Räder, diesmal hieß es 1:4 (0:3), weil die Mannschaft von Trainer Michael Schiele in der ersten Hälfte neun Minuten lang in Schockstarre verfiel.

Schiele sah vor dem Kellerduell des 17. gegen den 18. keine Gründe, sein Team nach dem 2:2 gegen Fortuna Düsseldorf, das am vorigen Spieltag sowohl die Punkt- als auch die Torlosigkeit beendet hatte, zu verändern. Zu Beginn zahlte sich das Vertrauen ins Personal noch aus. Nach einer dominanten Bielefelder Startphase übernahm die Eintracht das Kommando und hatte in Person von Anthony Ujah nach einem feinen Pass von Robin Krauße die dickste Chance der ersten halben Stunde.

Da Krauße und Kollegen mit disziplinierter Defensivarbeit die Kreise des spielstarken Japaners Masaya Okugawa einschränkten, kam der Bundesliga-Absteiger nicht durch. Bis zur 30. Minute. Und dass es so kam, war mehr als ärgerlich.

Denn Torhüter Jasmin Fejzic ließ einen Ball, den er normalerweise im Schlaf aufnimmt, ins Toraus durchrutschen und ermöglichte der Arminia einen Eckball. Schiele hatte vorab noch gewarnt, bloß nicht zu viele Standards zuzulassen, da die Bielefelder sechs Spieler mit einer Körperlänge von mehr als 1,85 Metern in der Startelf hatten. Aber: Unnötiger kann man eine Ecke nicht hergeben. Bastian Oczipka schlug den Ball mit der Erfahrung von rund 300 Bundesliga-Spielen vors Gehäuse, wo sich Bryan Lasme (1,92 Meter) durchsetzte und einköpfte zum 1:0 (30.).

Bielefeld überrannte Braunschweig in der Folge

Bielefeld nahm mit dem Treffer Schwung auf und überrannte die Eintracht in der Folge. Das 2:0 nur sechs Minuten später entstand wieder aus einem Eckball heraus. Zunächst köpfte erneut Lasme an die Unterkante der Latte, von dort sprang der Ball auf die Linie und zurück ins Feld. Danach schafften es mehrere Braunschweiger Verteidiger nicht, die Kugel zu klären, sodass Arminia-Kapitän Oliver Hüsing diese am Ende über die Linie stocherte. Zwei Ecken, zwei Tore für den Bundesliga-Absteiger.

Und die Braunschweiger? Die kamen aus ihrer Schockstarre nicht mehr heraus. Schlimmer noch: Das 3:0 durch Robin Hack (39.) war der erste schön herausgespielte Treffer der Hausherren, und er besiegelte die fünfte Niederlage im sechsten Zweitliga-Spiel dieser Saison für die Mannschaft von Schiele, die nun ein Torverhältnis von -12 aufweist.

Das ist eine niederschmetternde und verheerende Bilanz, die nach einer klaren Aufarbeitung verlangt. Mögliche personelle Konsequenzen wie die Entlassung des Trainers oder der des Sport-Geschäftsführers sind nach unseren Informationen nicht angedacht.

Eintracht Braunschweig kann auch Positives erkennen

Drei positive Aspekte können die Braunschweiger dem gebrauchten Abend auf der Alm entnehmen – wenn man denn etwas Positives finden möchte.

Erstens, die Mannschaft ergibt sich nicht ihrem Schicksal. Die desaströsen neun Minuten entschieden das Spiel, aber danach ließen sie sich nicht hängen, sondern gingen mit dem Mut der Verzweiflung in die zweite Hälfte, in der sie auf 1:3 herankamen. Durch einen Geniestreich, als Pherai eine Ecke direkt aufs Tor brachte und somit den Arminia-Torwart so überraschte, dass dieser den Ball über die Linie boxte zum 1:3 (58.). Zehn Minuten später hatte Philipp Strompf sogar die dicke Chance aufs 2:3, ließ diese aber aus, und im Gegenzug stellte der starke Okugawa den alten Drei-Tore-Abstand wieder her (69.).

Zweitens, die Fans stehen auch in dieser schwachen Phase an der Seite ihrer Mannschaft. In Bielefeld gab es trotz des deutlichen Spielstands aufmunternden Applaus.

Drittens, das anspruchsvolle Auftaktprogramm ist nun vorüber. Die Gegner aus Hamburg, Heidenheim, Darmstadt, Kiel, Düsseldorf und auch Bielefeld trotz des schwachen Starts gehören zu den stärksten Teams der Liga, und es wäre keine Überraschung, wenn sie alle am Ende in der oberen Tabellenhälfte stünden. Die nächsten Gegner Nürnberg, Hannover, Karlsruhe und Kaiserslautern haben eher die Braunschweiger Kragenweite. Allerdings muss auch klar sein: Mit einem weiteren Auftritt wie in der Tiefschlafphase in Bielefeld holt die Eintracht gar keine Punkte mehr.