Wolfsburg. Welch ein Hammer-Eishockey-Spiel im Halbfinale der DEL! Wolfsburgs Rumpftruppe überrumpelt RB beim 5:3-Auswärtssieg und holt sich den Heimvorteil.

Geiler Auswärtscoup der Grizzlys Wolfsburg in München! Mit ihrem bisher besten Auftritt im Play-off-Halbfinale der Deutschen Eishockey-Liga überraschten sie die gastgebenden Roten Bullen am Dienstagabend beim 5:3 (0:0, 4:2, 1:1) eiskalt und gingen in der Best-of-7-Serie verdient mit 2:1 in Führung. Spencer Machacek (2), Trevor Mingoia, Dustin Jeffrey und Tyler Morley sorgten mit ihren Treffern für Entsetzen bei den meisten der 5728 Zuschauer im Olympia-Eisstadion. Die Tore von Yasin Ehliz, Chris DeSousa und Zach Redmond reichten dem Favoriten nicht.

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„Wir haben unsere Chancen genutzt und gut verteidigt. Meine Jungs mögen den Kampf, genießen jede Sekunde“, analysierte Grizzlys-Trainer Mike Stewart. Verteidiger Björn Krupp meinte: „Es war sehr anstrengend, aber eine super Leistung. Wir müssen ruhig bleiben und weniger Strafen nehmen.“

Doch von vorn: Bei der Bekanntgabe der Aufstellungen atmeten die gut 50 mitgereisten Grizzlys-Fans erleichtert auf. Ihr Liebling Dustin Strahlmeier konnte spielen. Der Torhüter, der in Spiel 2 zwei Pucks auf die ungeschützte Stelle im Schlüsselbein-Bereich bekommen hatte, biss auf die Zähne. Wie fit er war, darüber schwiegen sich die Wolfsburger Verantwortlichen aus. Auf der Bank saß statt Ennio Albrecht diesmal jedenfalls Justin Pogge zur Absicherung. Der Kanadier belegte daher einen der nur neun Ausländerplätze pro Spieltag. Der kanadische Stürmer Matt Lorito war vermutlich nicht angeschlagen, sondern das Bauernopfer. Die Münchner nahmen eine Änderung im Kader vor. Maximilian Daubner ersetzte Freddie Tiffels im Angriff.

Aufmerksamer Beobachter auf der Tribüne: Eishockey-Bundestrainer Harold Kreis, der sicher schon mal schaute, wen er noch mit zur WM nehmen könnte. Und: Der frühere Fußball-Nationalspieler und VfL-Profi Mario Gomez guckte sich den Halbfinal-Hit an. Aus Wolfsburg erhielten die Grizzlys Unterstützung von zweien ihrer Aufsichtsräte. Michael Manske, der für die VW-Tochter Cariad oft auch in Ingolstadt und München im Einsatz ist, ließ sich den Besuch im Olympia-Eisstadion nicht nehmen. Und der Vorsitzende und ehemalige Wolfsburger Oberbürgermeister Klaus Mohrs begleitete das Team nach Bayern.

Braun: „Stören, dass es sie ankotzt“

„Wir müssen jeden Check zu Ende fahren, die Pucks hinter sie spielen und nah dran sein“, sagte Grizzlys-Stürmer Laurin Braun vor Spielbeginn zum Erfolgsrezept gegen die Münchner und forderte: „Immer stören, dass es sie ankotzt. Wir müssen sie reizen.“ Die Anfangsminuten spielten sich aber zumeist im Wolfsburger Drittel ab. Aber RB war lange nicht so dominant wie in Spiel 1, in dem es nach sieben Minuten schon 2:0 für die Hausherren gestanden hatte. Mitte des Abschnitts übernahmen die Grizzlys auch dank zweier Überzahlsituationen das Kommando. Darren Archibald (15. Minute) und Dustin Jeffrey (18.) vergaben gute Chancen.

Nach einer unnötigen Strafe im Offensiv-Drittel durch Luis Schinko gingen die Grizzlys in Unterzahl ins Mitteldrittel. Cleverer Schachzug der Münchner: Trevor Parkes verwickelte Top-Verteidiger Jordan Murray in eine Rauferei und nahm ihn mit auf die Strafbank. Aber das Penaltykilling ließ nichts zu. Kaum komplett, zündete Machacek den Turbo über rechts und hämmerte den Puck aus vollem Lauf in den linken Torwinkel zum 1:0 (23.). Auf der anderen Seite zeigte Strahlmeier seinen bis dato besten Save gegen Austin Ortega (24.) und wehrte auch den Nachschuss ab.

Tore im Minutentakt

München kam, Wolfsburg konterte: Steilpass Murray, Flatterschuss Mingoia – Tor! RB-Torwart Mathias Niederberger half bei freier Sicht tatkräftig mit beim 2:0 (29.) der Grizzlys. Und vier Sekunden nach Ablauf einer Münchner Strafe nutzten die Gäste noch ihre Powerplay-Aufstellung zum toll herausgespielten 3:0 durch Jeffrey (34.). Die letzten drei Minuten vor der zweiten Pause ging es Schlag auf Schlag. Ehliz verkürzte im Powerplay auf 1:3 (38.), Morley (39.) stellte den alten Abstand wieder her, aber DeSousa (40.) traf noch zum 2:4.

Zwei frühe kurz hintereinander folgende Strafen für Machacek und Murray bescherten München 20 Sekunden doppelte Überzahl. Redmond gelang noch das 3:4 (45.), als Machacek gerade wieder das Eis betrat. Doch der „Warrior“ war es dann, der mit seinem zweiten Tor des Abends zum 5:3 (50.) seinem Team Luft und Selbstvertrauen verschaffte. Um auch noch eine Unterzahl zu killen. Knapp drei Minuten vor dem Ende zog RB-Trainer Don Jackson den Torwart zugunsten des Extra-Angreifers und nahm kurz darauf eine Auszeit. Vergebens. Das Grizzlys-Abwehrbollwerk hielt.

Nur noch Stehplätze für Spiel 4

Zeit zum Durchatmen bleibt kaum. Nach Spielschluss ging es für die Grizzlys zurück ins Münchner Hotel. Die Rückreise führt am Mittwoch mit dem Mannschaftsbus nach Ingolstadt, von wo aus es mit dem Flugzeug nach Braunschweig-Waggum geht und dann nach Wolfsburg. Hier findet am Donnerstag (19 Uhr) Spiel 4 statt. Die Eis-Arena ist bereits fast ausverkauft. Am Dienstagabend waren nur noch Stehplatz-Tickets online unter www.grizzlys.de erhältlich.

Spiel kompakt:

RB München: Niederberger – Blum, Abeltshauser; Boyle, Szuber; Redmond, Johansson; McKiernan – Parkes, Street, Varejcka; Schütz, Eder, Daubner; Ortega, Smith, Ehliz; Kastner, Hager, DeSousa.

Grizzlys Wolfsburg: Strahlmeier – Krupp, Zajac; Bittner, Mass; Pfohl, Murray – Machacek, Jeffrey, Braun; Schinko, Beaudin, Fauser; Mingoia, Morley, Archibald; Reichel, Klos.

Tore: 0:1 (22:33) Machacek (Braun, Pfohl), 0:2 (28:12) Mingoia (Murray, Zajac), 0:3 (33:48) Jeffrey (Zajac, Fauser), 1:3 (37:49) Ehliz (Ortega, Blum/5:4), 1:4 (38:38) Morley (Mingoia/5:4), 2:4 (39:51) DeSousa (Blum, Smith/4:5), 3:4 (44:25) Redmond (Eder, Street/5:4), 3:5 (49:41) Machacek (Jeffrey, Pfohl).

Strafen: München 12 Minuten, Wolfsburg 16 Minuten.

Schiedsrichter: Sean MacFarlane und Martin Frano.

Zuschauer: 5728 (ausverkauft).

Personal: Den Grizzlys fehlten die Verteidiger Armin Wurm (Beinverletzung), Ryan Button (Verletzung im Bauchmuskelbereich), Janik Möser (wohl Armverletzung) und Stürmer Lucas Dumont (Knieverletzung). Als Ersatztorwart saß Justin Pogge auf der Bank. Weil der Kanadier ins Team rückte, um den wohl angeschlagenen Dustin Strahlmeier abzusichern, musste Stürmer Matt Lorito als überzähliger zehnter Ausländer auf die Tribüne.