Wolfsburg. Der Kapitän des VfL Wolfsburg erklärt, warum die Beziehung zwischen ihm und dem Trainer immer schlechter wurde und spricht über seine Zukunft.

Josuha Guilavogui ist ein Herzmensch, der seine Gefühle nicht lange verbergen kann. Und so bricht der Vulkan jetzt aus. Seit sieben Jahren kickt er im Trikot des VfL Wolfsburg, seit zwölf Jahren ist er Fußball-Profi. „Und so eine schlimme Saison“, sagt der 30 Jahre alte Kapitän des Bundesligisten, „habe ich persönlich noch nie erlebt.“

Der Mittelfeldspieler kam in der abgelaufenen Spielzeit, die mit Rang 4 und der Königsklassen-Quali endete, nur auf 20 Einsätze – zumeist als Joker. Ein Grund dafür war das starke Mittelfeld-Duo bestehend aus Maximilian Arnold und Xaver Schlager, an dem der Franzose nicht vorbeikam. Ein anderer war für ihn Trainer Oliver Glasner. „Ich bin froh, dass er weg ist“, sagt Guilavogui im Interview.

Welches Fazit ziehen Sie nach der abgelaufenen Saison?

Über allem steht die Qualifikation für die Champions League. Das ist das Wichtigste für uns als Mannschaft und ein riesiger Erfolg für den Verein. Aber ich persönlich habe noch nie so eine schlimme Saison erlebt, weil ich zu diesem Erfolg fast nichts beitragen konnte, zumindest nicht auf dem Platz. Dieses Jahr hat mir so wehgetan, das war eine Katastrophe, da meine Beziehung zu Oliver Glasner auch sehr schlecht war.

Wie fing es an?

Im Sommer habe ich schon gemerkt, dass es eine schwere Saison für mich wird und dass sich etwas verändert hat in der Beziehung zwischen dem Trainer und mir. Zu Beginn seiner Amtszeit war ich noch jeden Tag in seinem Büro und wurde um Rat gefragt. Da war ich einer seiner wichtigsten Männer. Doch irgendwann wurde es immer weniger. Nach unserem Europa-League-Aus gegen Donezk, bei dem ich nicht zum Einsatz gekommen war, hatte ich ein Gespräch mit Jörg Schmadtke (Sportchef, Anm. d. Red.), weil ich darüber nachgedacht hatte, meine Kapitänsbinde abzugeben. Ich hatte das Gefühl, der Trainer wird künftig jede kleine Verletzung nutzen, um mich auf der Bank zu lassen. Und genau so kam es dann leider auch. Ich durfte fast nur noch in Schlussphasen von Spielen ran, die schon für uns entschieden waren.

Um Glasners Personalauswahl zu verteidigen: Arnold und Schlager haben auf Ihrer Position im zentralen Mittelfeld einen guten Job gemacht.

Das stimmt, und ich kann mich auch mit ganzem Herzen freuen, dass sie es so gut gemacht haben. Aber ich hatte nie das Gefühl, dass ich aus sportlichen Gründen draußen saß, sondern auch aus persönlichen. Es ging dabei nicht nur um Fußball. Daher bin ich so traurig. Ich habe bis heute den Mund gehalten, um den Erfolg des Teams nicht zu gefährden.

Woran hat diese Entwicklung gelegen?

Ich weiß es nicht. Ich weiß nur, dass ich immer gut gespielt habe, wenn ich auf dem Platz stand. Und fürs Training gilt das ebenso. Ich kann mir nichts vorwerfen, ich war immer da. So oft hatte mir der Trainer Hoffnung auf einen Platz in der Startelf gemacht, die er dann mit immer neuen Ausreden wieder platzen ließ. Das ging die ganze Zeit so. Das hat mich fast zerstört. Ich habe meiner Familie schon vor den Spielen gesagt, dass sie gar nicht hinschauen müssen, weil ich sowieso nicht spielen würde.

Im letzten Saisonspiel gegen Mainz wollte Glasner Sie eigentlich von Beginn an spielen lassen, doch Sie blieben ganz draußen.

Ja, aber ich habe gesagt, dass ich das nicht mitmache. Er wollte mir ein Geschenk machen, aber ich hätte danach nicht mehr in den Spiegel blicken können, wenn ich es angenommen hätte. Damit hätte er es auch nicht mehr gutmachen können, was vorher kaputtgegangen ist. Es ist zu viel passiert. Ich fand das Angebot respektlos und habe es abgelehnt. Als Fußballer war ich kaputt, und auch als Mensch war ich schwer getroffen. Er ist fachlich sicherlich kein schlechter Trainer und hatte mit uns ja auch Erfolg. Aber ich bin dennoch sehr froh, dass er weg ist, weil es für mich persönlich die schlimmste Beziehung war, die ich jemals zu einem Trainer in meiner Laufbahn hatte.

Auch einige andere Spieler sollen ein belastetes Verhältnis zu Glasner gehabt haben.

Dazu möchte ich mich nicht äußern. Es hat uns schon während der Saison ausgezeichnet, dass nichts nach draußen gedrungen ist. Jeder hat immer auf dem Platz Gas gegeben, und keiner wollte den Erfolg gefährden. Wir sind eine richtig geile Truppe und haben eine richtige gute Stimmung im Team.

Was bedeutet das abgelaufene Jahr für Ihre Zukunft beim VfL?

Klar ist: Wenn Glasner in Wolfsburg geblieben wäre, hätte ich mir einen neuen Klub gesucht. Jetzt muss ich mit dem neuen Trainer sprechen. Wenn er mir ehrlich sagt, dass es für mich so weitergehen könnte wie zuletzt, dann muss ich eine Entscheidung treffen. Vielleicht packe ich dann meine Koffer und sage: Danke, Wolfsburg. Wenn mir der neue Trainer aber sagt, dass die Karten neu gemischt werden, dann nehme ich den Kampf an. Ich möchte gern bleiben. Wolfsburg bedeutet meiner Familie und mir sehr viel, der VfL ebenfalls. Wir haben so viel zusammen erlebt.

Hatten Sie schon Kontakt zu anderen Klubs?

Es gab ein paar Anfragen. Ich will aber erst mal mit unserem neuen Trainer sprechen, bevor etwas passiert. Ich freue mich sehr auf Mark van Bommel. Er war ein echter Leader als Spieler. Wie Patrick Vieira, Roy Keane oder Diego Simeone – echte Anführer mit Charakter.

Wollen Sie Kapitän bleiben?

Der Trainer entscheidet das. Mir bedeutet das Amt sehr viel, weil das Team mich zum Kapitän gemacht hat. Das macht mich noch immer sehr stolz. Klar ist aber auch: Lieber als ein Kapitän auf der Bank wäre ich Stammspieler ohne Binde. Ich würde auch so weiterhin immer ehrlich sagen, was ich denke und die Mannschaft anführen.