Wolfsburg. Fußball: Willi Feer bezeichnet den Wettbewerb als „Gelddruckmaschine“, Giampiero Buonocore nennt die Entwicklung „beängstigend“.

Diese Nachricht schlug in der Fußballwelt gestern Vormittag ein wie eine Bombe: Zwölf europäische Spitzenklubs wagen den Vorstoß und möchten mit der „European Super League“ einen eigenen Wettbewerb mit letztlich 20 Teilnehmern ins Leben rufen. Umgehend hagelte es mächtig Kritik an diesem Vorhaben, und auch Wolfsburgs Fußballer sind besorgt.

Jörg Schmadtke etwa, Geschäftsführer Sport des Bundesligisten VfL Wolfsburg, kann diesen Vorstoß nicht nachvollziehen. Er meint: „Ganz egal, aus welchem Grund dieser Vorstoß entstanden ist – entweder, um Druck auf die Uefa zu machen oder weil man diese Pläne wirklich für sinnhaft hält –, finde ich ihn nicht gut.“ Warum diese Pläne ausgerechnet jetzt publiziert wurden? Schmadtke hat da eine Vermutung: „Der Grund könnte sein, dass man die Champions-League-Reform nicht umgesetzt bekommt, wie man sie haben möchte.“ Der VfL-Funktionär möchte aber auch nicht ausschließen, dass „man wirklich daran glaubt, dass die Idee eine tolle ist“. Doch der Wettbewerb hat für den 57-Jährigen „keine sportliche Wertigkeit und widerspricht dem Gedanken des Leistungssports“.

Das ist die Meinung aus dem Wolfsburger Profi-Fußball, die Amateure unserer Region sehen es allerdings genauso. Der Trainer des Bezirksligisten VfB Fallersleben, Lars Ebeling, sieht es „wirklich kritisch, dass sich die Top-Mannschaften abnabeln wollen“. Die Beweggründe seien aus seiner Sicht keineswegs sportlicher Natur. Vielmehr stünden finanzielle Interessen im Vordergrund. „Die Kuh wird immer weiter gemolken“, kommentiert Ebeling und sieht einen weiteren Wettbewerb als überflüssig an. „Es ist doch eh schon alles verwässert. Die Champions League wird erst ab dem Achtelfinale richtig interessant und die Europa League nehme ich gar nicht mehr richtig wahr. Früher warst du noch wer, wenn du den Uefa-Cup gewonnen hast, aber heute...“

Diese Entwicklung bemängelt auch Toni Renelli, Trainer des Kreisligisten TSV Ehmen, der dafür plädiert, „beim Bewährten zu bleiben. Ich kann nur hoffen, dass diese Idee bald wieder vom Tisch ist.“ Sollte die kontinentale VIP-Liga jedoch tatsächlich Realität werden, sei das „absoluter Humbug und sehr traurig für den Fußball“. Renelli befürchtet, dass mit diesem Wettbewerb „das Rad dann überdreht“ sein könnte, und stellt die rhetorische Frage: „Was sollen wir denn noch alles gucken?“ Obwohl sein Wunsch ist, dass die Pläne nicht umgesetzt werden, befürchtet Renelli: „Am Ende geht es nur noch ums Geld. Dieser Wettbewerb wird die ohnehin schon weit geöffnete Schere zwischen den großen und kleinen Klubs noch weiter öffnen.“

Deutliche Worte findet auch Lupo Martini Wolfsburgs Coach Giampiero Buonocore. Für ihn sei es „langsam beängstigend. Es wird deutlich: Geld regiert die Welt.“ Das spiegele aber die gesamt-gesellschaftliche Entwicklung wider und „man muss sich heutzutage nicht mehr wundern“. Er ist froh darüber, dass die deutschen Teams Bayern München und Borussia Dortmund der Super League eine klare Absage erteilt haben. Eine Teilnahme der beiden deutschen Big Player hätte ­– so die Androhung der Uefa und der nationalen Verbände – zur Folge, dass sie von allen anderen nationalen internationalen Wettbewerben ausgeschlossen werden würden. Es ist davon auszugehen, dass eine Bundesliga ohne die Bayern und den BVB erheblich weniger TV-Gelder erhalten würde, was sich bis hinunter zum Amateurfußball negativ auswirken würde.

Beim Gedanken an die Super League spricht Vorsfeldes Trainer Willi Feer von einer „Gelddruckmaschine“. Auch Feer begrüßt es, dass sich Dortmund und der FC Bayern von den Plänen distanzieren – anders als „sein“ Verein, der FC Barcelona. Feer sieht die permanente Präsenz des Fußballs im Alltag als großes Problem an. „Ich bin wirklich fußballbegeistert, aber irgendwann wird sogar mir das zu viel.“ Er malt das von Lars Ebeling gezeichnete Bild weiter aus: „Irgendwann gibt die Kuh nichts mehr her...“

Es wird deutlich: Die Bedenken sind groß, das Verständnis oder gar die Vorfreude auf diesen Wettbewerb sind gleich null. Das ist bei Jan Ademeit, dem spielenden Co-Trainer des Wendschotter SV, nicht anders. Er hat große Sorgen, dass sich „der Profi-Fußball immer weiter entfernt“. Schwindelerregende Ablösesummen jenseits der 100 Millionen Euro sind ihm schon lange ein Graus. „Wo soll das noch hinführen? Spieler, die 500 Millionen Euro kosten sollen? Das steht doch in keinem Verhältnis mehr!" Als BVB-Fan ist er erleichtert über das klare Veto von Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke. „Sportlich überzeugt Dortmund momentan nicht unbedingt, dafür aber mit Haltung“, meint Ademeit mit einem Augenzwinkern.