Braunschweig. Bei der Hymne aus der Halle - die Profis der WNBA setzten zum Saisonstart ein Zeichen. Der neue deutsche Star Sabally versteht sich als Aktivistin.

Ihre ersten WNBA-Minuten dürfte Satou Sabally für ihr neues Team der Dallas Wings in der Nacht zu Montag absolvieren. Die Berlinerin kann sich im Spiel gegen Atlanta Dream der Aufmerksamkeit der internationalen Medien gewiss sein, ist sie doch als beim Draft als Zweite gezogene Spielerin ein Neuling mit Star-Versprechen. Nach einer herausragenden College-Karriere bei den Oregon Ducks in der NCAA wird der 1.89 Meter großen Allrounderin auf Anhieb eine tragende Rolle zugetraut.

Und die nimmt sie zumindest mal verbal an: „Ich bin selbstbewusst“, sagt sie und erklärt ihre Lockerheit: „Mental muss ich mich nicht umgewöhnen. Ich bin eine Gewinnerin und will gewinnen.“

Kämpferin gegen Rassismus

Und auffallen möchte Sabally nicht nur auf dem Feld. Bevor sie überhaupt die ersten Profischritte getan hatte, vermarktete sie sich bereits erfolgreich unter dem Motto: „Mehr als eine Athletin“ als eine Art Aktivistin. Unter anderem im ZDF-Sportstudio durfte sie darlegen, wie sie den Kampf gegen Rassismus forcieren möchte, der eine Pandemie sei wie derzeit Corona. Als Tochter eines Gambiers und einer Deutschen kann sie auch reichlich von Erfahrungen mit Diskriminierung und Rassismus berichten.

In der WNBA rannte die eloquente 22-Jährige damit offene Türen ein. Schließlich eint der Kampf gegen Rassismus derzeit – ähnlich wie bei den NBA-Kollegen – die gesamte Liga. Das Eröffnungswochenende wurde der „Black Lives Matter“-Bewegung gewidmet.

Die Saison war wegen Corona verschoben und als Geister-Turnier nach Bradenton/Florida, verlegt worden, wo nun bis September unter Komplett-Quarantäne der Champion ausgespielt werden soll – eine Blase, die von den Athletinnen statt „Bubble“ wegen des Women-Ws liebevoll „Wubble“ genannt wird.

„Knien scheint uns nicht ausreichend“

Vor dem Auftaktmatch zwischen Seattle Storm und New York Liberty am Samstag verließen die Basketballerinnen beim Abspielen der Nationalhymne die Arena, gingen in die Umkleidekabinen. „Knien scheint uns nicht ausreichend, um zu protestieren“, sagte New Yorks Kapitänin Layshia Clarendon. „Ich will die Hymne nicht hören, denn es ist grotesk, dass Gerechtigkeit und Freiheit einfach nicht für alle in gleicher Weise gelten.“

Als die Spielerinnen aufs Feld zurückkehrten, hielten sie für 26 Sekunden inne, um Breonna Taylor zu würdigen. Die 26 Jahre alte schwarze Amerikanerin war im März bei einem Einsatz in ihrem Haus von Polizisten erschossen worden, und es hat bislang keine Anklagen gegen die involvierten Beamten gegeben. Auch auf den Trikots der Spielerinnen stand der Name Breonna Taylor. Man wolle die gesamte Saison eine Stimme für die Stimmlosen sein, betonte Clerendon.

Das ist ganz nach dem Geschmack Saballys. Die deutsche Newcomerin ist bereits als Mitglied im neu geschaffenen „Social Justice Council“ der Liga engagiert, der kontinuierliche Kommunikation über Themen wie Rassismus, Wahlrecht oder Waffenkontrolle gewährleisten will.

Deutsches Trio sorgt für Motivation auch in Braunschweig

Sabally ist eine vor drei deutschen Spielerinnen, die in diesem Frühjahr gedraftet wurden, was für den deutschen Frauenbasketball eine Riesensache ist. Denn während die Bundesliga in den vergangenen Jahren ein Schattendasein fristete und wegen Missmanagements und Missgunst der Klubs untereinander eigentlich immer tiefer sank, macht sich dadurch die offensichtlich ganz gute deutsche Nachwuchsarbeit bemerkbar.

Hinter Sabally aus Aushängeschild wurden auch die 20-Jährigen Leonie Fiebich (Los Angeles Sparks/22. Stelle) und Luisa Geiselsöder (Dallas/21.) von einem Team der US-Profiliga auserwählt. Beide starten allerdings zunächst noch eine Saison in Europa in Wasserburg beziehungsweise Bretagne Basket. Vierte im Bunde der in der Beletage des Frauenbasketballs unter Vertrag stehenden deutschen Profis ist Centerin Marie Gülich, die mit ihrem neuen Team Los Angeles Sparks mit einem 99:76-Sieg gegen Phoenix in ihre dritte WNBA-Saison startete, aber nicht zum Einsatz kam.

Vorreiterin: Ex-Wolfenbüttelerin Askamp

Vor diesem Quartett hatten es in mehr aus 20 Jahren nur die Ex-Wolfenbüttelerin Marlis Askamp, die sechs Sommer für Phoenix Mercury, Miami Sol und Los Angeles Sparks spielte, und Linda Fröhlich, die vier Saisons in New York, Indiana und Sacramento aktiv war, in die WNBA geschafft.

Dass nun gleich ein deutsches Trio gedraftet wurde, ist nach Einschätzung von Eintracht Braunschweigs Vereinsmanager Sven Rosenbaum eine riesige Motivationshilfe für die jüngeren Top-Talente des Zweitligisten und alle anderen. Sie hätten dadurch vor Augen geführt bekommen, dass sich harte Arbeit auch in der Nische des deutschen Frauenbasketballs lohnen und man mit seinem Sport auch ein bisschen Geld verdienen kann.