Braunschweig. Die Langstrecken-Asse Sebastian und Kristina Hendel starten für die LG/MTV Braunschweig. Er will über 10.000 Meter nach Tokio, sie über 3000m Hindernis.

Bei den deutschen Meisterschaften im Juni im Eintracht-Stadion werden Braunschweigs Leichtathleten einen neuen Medaillenkandidaten auf die blaue Bahn schicken – womöglich sogar zwei mit gleichem Namen. Denn am Freitagabend, einen Tag vor Ablauf der Wechselfrist, haben EM-Teilnehmer Sebastian Hendel und auch seine Frau Kristina einen Vertrag bei der LG/MTV unterschrieben.

„Wir freuen uns total“, sagte Peter Heine, der Fördervereins-Vorsitzende des Braunschweiger Laufteams, der den Wechsel des Langstrecken-Asses von der LG Vogtland an die Oker perfekt gemacht hatte. Wieder einen richtig aussichtsreichen Lokalmatadoren bei den Heim-Titelkämpfen ins Rennen schicken zu können, sei durchaus eine Motivation für die Verpflichtung gewesen.

Aber auch sonst ist es ja eine gute Tradition in Braunschweig, im Geiste des verstorbenen Ex-Trainers Bernie Bröger, starken Läufern von auswärts eine Heimat im familiären Umfeld des Laufteams zu bieten, wo die Sponsoren keine großen Firmen, sondern Privatleute und gleichzeitig Fans sind. „Ich habe einen neuen Verein gesucht“, berichtet Hendel, der 2018 deutscher Meister über 5000 und 10.000 Meter geworden war, wie er zum MTV gekommen ist.

Bei seinem kleinen Heimatklub Reichenbach sei es immer schwieriger geworden, die professionellen Bedingungen für die gestiegenen Leistungsansprüche zu schaffen, beispielsweise Höhentrainingslager zu finanzieren. „Der Schritt musste getan werden“, betont er. Beim Laufteam bekommt er nun eine kleine monatliche Unterstützung plus Titelprämien. „Eine Grundsicherung, damit man über die Runden kommt“, sagt der 23-Jährige, der nach einer weniger berauschenden Saison aktuell kein DLV-Kaderathlet ist und sich selbst organisieren und durchschlagen muss.

Sebastian Hendel mit seiner Frau Kristina am Freitag bei der Vertragsunterschrift mit dem Fördervereinsvorsitzenden des Braunschweiger Laufteams, Peter Heine
Sebastian Hendel mit seiner Frau Kristina am Freitag bei der Vertragsunterschrift mit dem Fördervereinsvorsitzenden des Braunschweiger Laufteams, Peter Heine © Ute Berndt

Geld allein sei aber nicht der Grund für den Wechsel in die Löwenstadt gewesen. „Man geht nach Gefühl, es muss ein gewisses Vertrauen da sein, dass es reibungslos funktioniert“, erläutert er. Schließlich müsse er den Leistungssport mit derzeit 170 Trainingskilometern pro Woche, sein Wirtschaftsingenieur-Studium in Zwickau und die Familie unter einen Hut bringen. Da sollte die Zusammenarbeit mit dem Verein möglichst harmonisch laufen. Und diese Überzeugung habe er in Braunschweig, wo sich Heine und seine Mitstreiter mit viel Herzblut engagierten. „Außerdem machen wir nicht den Oberdruck, wenn es mal nicht so gut läuft“, fügt Heine noch ein Argument an.

Hendel und seine Frau werden in Reichenbach wohnen bleiben, wo sie bei seinem Vater Udo Hendel trainieren und ihren dreijährigen Sohn Jonathan auch mal bei den Eltern oder der Schwester abgeben können. Kristina Hendel heißt mit Mädchennamen Božić und ist eine kroatische Spitzenläuferin, spezialisiert auf 3000 m Hindernis.

Kennengelernt haben sich die beiden beim Studium am Iona College in New Rochelle, New York, wo sie beide ein Vollstipendium bekommen hatten und im Leichtathletik-Team starteten. Inzwischen hat die 23-Jährige, die bereits an Jugend-EM und -WM teilgenommen hat, einen deutschen Pass beantragt. Alle Bedingungen wie den Sprachtest hat sie bereits erfüllt. Lediglich der Nachweis, dass sie ihren Lebensunterhalt verdienen kann, sei als Selbstständige etwas schwierig zu leisten, sagt sie. „Aber wir sind zuversichtlich, dass das bis zum Frühjahr geklappt hat und ich dann bei der deutschen Meisterschaft starten kann.“

Ihr großer Traum fürs nächste Jahr sind aber die Olympischen Spiele in Tokio, betonen beide, beklagen allerdings die verschärften Normbedingungen und teilweise reduzierten Starterfelder für die Spiele. Statt in 28 Minuten müsste er die 10.000 Meter nun in 27:28 schaffen. „Das ist ein großer Sprung, betont Hendel, dessen Bestzeit bei 28:27,11 Minuten liegt. „Aber es gibt eine reelle Chance.“

Seine Frau ist da noch zuversichtlicher, auch wenn 9:30 statt 9:45 Minuten für die 3000 m Hindernis ebenfalls heftig sind. Ihre Bestzeit nach der Babypause liegt bei 10,02. Sollte der Olympiatraum platzen, peilen beide zumindest die EM-Teilnahme im August in Paris an.