Braunschweig. Eintracht steht vor einem Schicksalsspiel. Doch Ex-Profi und Aufsichtsrat Tobias Rau macht den Löwen vor der Partie gegen Cottbus Mut.

Von 1996 bis 2001 spielte Tobias Rau (37) bei Eintracht Braunschweig, davon zwei Jahre in der ersten Mannschaft. Doch beim heutigen Endspiel der Drittliga-Fußballer um den Klassenerhalt gegen Energie Cottbus (13.30 Uhr, Eintracht-Stadion) kann auch der Ex-Nationalspieler nicht mehr tun als die Daumen zu drücken. Vor allem bei der Neuaufstellung der Mannschaft in der Winterpause hat er sich in seiner neuen Funktion als Aufsichtsrat bei den Löwen eingebracht. Nun hofft er wie alle Eintracht-Fans, dass die starke Aufholjagd der Blau-Gelben in der Tabelle ein glückliches Ende nimmt. Im Interview mit Sportredakteur Daniel Mau verrät der Ex-Profi, warum er fest an Eintrachts Klassenerhalt glaubt und wie er in seiner eigenen Karriere mit Extrem-Situationen umgegangen ist.

Tobias Rau, Eintracht Braunschweig hat in Halle den ersten Matchball zum Klassenerhalt vergeben. Was macht Sie zuversichtlich, dass der zweite im Heimspiel gegen Energie Cottbus genutzt wird?

Ich gehe davon aus, dass Energie-Trainer Pele Wollitz seine Mannschaft heiß auf dieses Spiel machen wird. Aber die Cottbuser werden auch wissen, dass sie auf mindestens genauso heiße Braunschweiger treffen und außerdem noch gegen zwölf Mann spielen werden. Ich bin mir sicher, dass das Eintracht-Stadion ein Hexenkessel wird. Das kann für uns der entscheidende Pluspunkt sein. Seit einigen Monaten zeichnet uns die Geschlossenheit zwischen Mannschaft und Fans aus. Wir wissen, dass wir uns auf die tatkräftige Unterstützung der Zuschauer verlassen können. Und von den Spielern weiß ich, dass sie die Situation auf keinen Fall unterschätzen, sondern den unbedingten Willen haben, ihre gute Rückrunde zu einem erfolgreichen Abschluss zu bringen. Das alles macht mich zuversichtlich, dass wir den Klassenerhalt schaffen.

Die Spieler werden trotzdem einem großen Druck ausgesetzt sein. Welchen mentalen Eindruck macht die Mannschaft auf Sie?

Der Druck ist seit Beginn des Jahres da, als wir mit acht Punkten Rückstand auf das rettende Ufer gestartet sind. Die Mannschaft ist in der Rückrunde als echte Einheit aufgetreten. Und das muss auch in dem Spiel gegen Cottbus unsere große Stärke sein. Jeder Spieler muss sich auf die positive Entwicklung der vergangenen Monate konzentrieren und nicht darüber nachdenken, was im Falle eines Scheiterns passiert. Wir haben eine starke Rückrunde gespielt und uns eine Chance erspielt, die uns viele nicht mehr zugetraut haben. Das muss uns Selbstvertrauen und Kraft für diese letzte Aufgabe geben.

Die Hoffnung, dass Jena und Großaspach ihre Spiele nicht gewinnen und Eintracht so in jedem Fall gerettet ist, ist wahrscheinlich fehl am Platz?

Das ist richtig. Wir dürfen uns nicht auf andere Mannschaften verlassen. Ich gehe davon aus, dass Jena und Großaspach ihre Aufgaben erledigen werden. Und wir müssen die unsere erledigen. Cottbus ist ein starker Gegner, aber wir haben uns nun eine gute Ausgangslage geschaffen. Die wollen wir nutzen, und ich bin mir sicher: Das werden wir auch.

Was sind Ihrer Meinung nach die Gründe für die positive Entwicklung in der Rückrunde?

Da sind vor allem zwei Stichworte zu nennen: Eine andere Mentalität und mehr Qualität. Wir haben in der Winterpause Spieler geholt, die uns sportlich besser gemacht haben, aber auch charakterlich ins Team passen. Viele erfahrene Spieler habe daran mitgewirkt, dass inzwischen eine andere, positive Atmosphäre in der Mannschaft herrscht: Stephan Fürstner, Bernd Nehrig, Marc Pfitzner, Jasmin Fejzic und viele andere. Neben der größeren Qualität hat das den Ausschlag gegeben. Dazu besitzen wir anders als in der Hinrunde ein taktisches Fundament, eine große Kompaktheit und in jedem Spiel einen klaren Plan, wie wir agieren wollen. Das ist ein großer Verdienst von unserem Trainerteam um André Schubert.

Als Vereinsführung muss man sich aber trotzdem auch mit der Möglichkeit eines Scheitern befassen. Wie sehr spielt dieses Szenario vor dem Spiel eine Rolle?

Natürlich müssen wir als Vereinsführung auf alle möglichen Szenarien vorbereitet sein, und das sind wir auch. Doch das soll vor dem Anpfiff kein Thema sein und darf auch keinen Einfluss auf die Mannschaft haben. Die Spieler müssen sich von solchen negativen Gedanken freimachen und sich allein darauf konzentrieren, dass sie den Klassenerhalt schaffen.

Manchmal ist das nicht so einfach. Welche Erfahrungen haben Sie damit in Ihrer eigenen Karriere als Profi-Fußballer gemacht?

Ich erinnere mich an ein Spiel mit der Nationalmannschaft in der Qualifikation zur Europameisterschaft 2004 gegen Schottland. Wenn wir da verloren hätten, wäre Schottland am vorletzten Spieltag in der Tabelle an uns vorbeigezogen. Da wusstest du als Spieler auch, dass jetzt ganz Deutschland auf dich schaut. Da spürte jeder von uns eine extrem große Verantwortung. Aber auch dann hilft es dir nicht weiter, wenn man sich damit zu sehr beschäftigt. Man muss versuchen, so etwas auszublenden, positiv zu bleiben und sich auf seine Stärke zu konzentrieren. Und solche extremen Situationen haben ja auch immer eine positive Seite. Wir konnten damals Deutschland mit einem Sieg zum Jubeln bringen und unsere Spieler können nun auch einen unvergesslichen Moment in der Geschichte von Eintracht Braunschweig schaffen. Das sollte für jeden von ihnen Ansporn und Motivation sein.

Sie haben die Rolle des Publikums schon angesprochen. Das Eintracht-Stadion ist ausverkauft, es wird eine tolle Kulisse geben. Was erwarten Sie von den Eintracht-Fans vor allem in kritischen Spielsituationen?

Ich setze auf die volle Unterstützung unserer Fans, selbst wenn es schwächere Phasen unserer Mannschaft geben sollte. Und die vergangenen Wochen haben gezeigt, was gerade im Eintracht-Stadion immer wieder möglich ist. Wir müssen nur daran denken, wie oft wir zuletzt selbst in der Nachspielzeit noch ein Tor erzielt haben. Das sollten wir gegen zu keinem Zeitpunkt vergessen und bis zum Schlusspfiff gemeinsam Stärke zeigen.