Braunschweig. Marc Pfitzner sieht beim Fußball-Drittligisten Eintracht Braunschweig viele Parallelen zu 2008 – auch persönlich.

Eigentlich ist das ein Anruf, über den sich jeder Fußballer freut. Am anderen Ende der Leitung meldet sich der Trainer der ersten Mannschaft und sagt, dass man immer noch gebraucht wird. Was Besseres kann sich ein 34-Jähriger doch nicht wünschen, ob als Profi oder Amateur. Trotzdem musste Marc Pfitzner am 3. Dezember des vergangenen Jahres erstmal schlucken, als er diesen Anruf erhielt und ihm Trainer André Schubert das Angebot unterbreitete, ab sofort wieder ein Teil der Drittliga-Fußballer von Eintracht Braunschweig zu sein.

Auf der einen Seite war die Freude beim gebürtigen Braunschweiger groß. Es gibt keinen anderen Spieler im Kader, dem man es mehr abnimmt, wenn er davon redet, dass es eine Ehre ist, das Löwen-Trikot zu tragen. Aber der Zeitpunkt, an dem ihm die Rückkehr ins Profiteam in Aussicht gestellt wurde, war auch für Pfitzner „etwas ungünstig“, wie er im Gespräch mit unserer Zeitung zugibt. „Das war nach meinem ersten Arbeitstag bei Volkswagen Financial Services. Als ich auf dem Weg nach Hause war, hat sich André Schubert bei mir gemeldet und mich gefragt, ob ich nicht mal Lust hätte, morgen beim Training vorbeizukommen“, erinnert sich Pfitzner.

Natürlich hatte er Lust, doch hatte er gerade die Karriere nach der Karriere gestartet. Der Mittelfeldspieler hatte eigentlich mit dem Kapitel Profi-Fußball abgeschlossen. 2016 bot ihm Eintracht als damaliger Zweitligist nur einen Vertrag für die Reserve an. Damals kam der Schritt zu früh für Pfitzner, der deshalb noch einmal zwei Jahre in der 3. Liga bei der zweiten Mannschaft von Erstligist Werder Bremen dranhängte. Und bei der Rückkehr nach Braunschweig im vergangenen Sommer hatten die damaligen Verantwortlichen erneut nur eine Rolle in Eintrachts Reserve, die gerade den Zwangsabstieg in die Oberliga verkraften musste, für den Routinier vorgesehen. „Ich habe mich deshalb bei Volkswagen Financial beworben. Auf den Fußball allein kann ich mich nicht mehr verlassen“, so Pfitzner über seinen Start in ein normales Berufsleben.

Aber dann kam alles anders. Eintracht geriet in der 3. Liga immer tiefer in die Krise, und Trainer Schubert erinnerte sich an einen Spieler, der wie kein Zweiter für Kampf und Leidenschaft steht – Tugenden, die die Löwen in der Hinrunde vor allem zu oft vermissen ließen. Und obwohl Pfitzner wegen seines neuen Jobs etwas in der Zwickmühle steckte, spielt er seitdem nun wieder eine wichtige Rolle bei Eintrachts Profis. Alle sieben Spiele der Löwen in der 3. Liga hat er seit Schuberts Anruf absolviert – bis auf das letzte in Köln alle über 90 Minuten. „Ich habe mir schon Gedanken gemacht, ob ich auf Drittliga-Niveau noch mithalten kann. Aber ich sehe, dass ich der Mannschaft helfen kann und freue mich über die Einsatzzeiten“, sagt Pfitzner.

Er muss dafür aber auch einen Spagat vollführen. Seit Januar besitzt er bei den Blau-Gelben wieder einen Profivertrag, aber seinen Bürojob wollte er auch nicht aufgeben. Deshalb pendelt der Mittelfeldspieler nun zwischen Schreibtisch und Fußballplatz. „22 Stunden arbeite ich noch bei VW Financial, vor allem, wenn wir bei Eintracht unsere freien Tage haben oder eben vor dem Training“, erklärt Pfitzner. „Ich bin dankbar, dass mir mein Arbeitgeber diese Möglichkeit gibt“, fügt er hinzu. Von Vorteil war sicherlich, dass es sich um einen von Eintrachts größten Sponsoren handelt, der ein großes Interesse daran hat, dass die Löwen auch in der nächsten Saison noch drittklassig sind.

Und mit Pfitzner haben die Blau-Gelben an Stabilität gewonnen. Bis zum Klassenerhalt ist es trotzdem noch ein weites Stück. „Wir dürfen nicht zu sehr auf die Tabelle schauen, sondern müssen einfach unsere Spiele absolvieren“, rät der Mittelfeldspieler zur Ruhe.

Er muss es wissen, denn vor elf Jahren steckte er mit Eintracht in einer ähnlichen Situation. Nach dem Abstieg aus der 2. Liga ging es 2008 um die Qualifikation für die dritte Liga. „Die Situation ist schon vergleichbar. Wir hatten damals zwischenzeitlich auch viele Punkte Rückstand, haben erst am letzten Spieltag die Qualifikation geschafft“, erinnert sich Pfitzner. Und auch seine persönliche Situation weist Parallelen zu damals auf. „Ich hatte gerade meinen ersten Profivertrag, habe aber gleichzeitig noch meine kaufmännische Ausbildung bei der Öffentlichen Versicherung abgeschlossen“, sagt er.

Vor elf Jahren ging die Sache bekanntlich gut aus für Eintracht. Und gegen eine Wiederholung hätte Pfitzner nichts einzuwenden. „Es werden noch Rückschläge kommen“, sagt er, nimmt die Erinnerung an 2008 als Beweis dafür, dass man bis zum Schluss an seine Chance glauben sollte. „Wenn wir das erneut so schaffen, wäre das überragend.“